Imperium
brüllte etwas, doch er war zu weit weg und es war zu viel Lärm, als dass wir ihn hätten verstehen können. Cicero bedachte ihn mit einem freundlichen Lächeln. Der Ausrufer verlas Gabinius ' Antrag - »… dass Trebellius nach dem Willen des Volkes als dessen Tribun abgesetzt werden soll …« -, und die Wahlhelfer begaben sich zu ihren Arbeitsplätzen. Wie üblich stimmten die Bürger des Wahlbezirks Subura als Erste ab: In Zweierreihen bewegten sie sich den Holzsteg hinauf, gaben ihre Stimme ab und gingen die Steinstufen an der Seite des Tempels wieder hinunter aufs Forum. Ein Bezirk nach dem anderen schritt zur Wahl, und jeder stimmte dafür, Trebellius seines Amtes zu entheben. Dann kamen die ländlichen Bezirke an die Reihe. Das Prozedere beanspruchte mehrere Stunden, währenddessen sich Trebellius, dem die Angst ins graue Gesicht geschrieben stand, immer wieder mit seinem Leidensgenossen Roscius besprach. Einmal verschwand er vom Podium. Wohin, habe ich nicht gesehen, aber ich nehme an, dass Trebellius Crassus gebeten hat, ihn von seiner Verpflichtung zu entbinden. Überall auf dem Forum standen Senatoren nach der Stimmabgabe ihrer Bezirke in kleinen Gruppen zusammen. Ich sah, wie Catulus und Hortensius mit verbissenen Gesichtern von Gruppe zu Gruppe gingen. Während ich an meinem Platz blieb, tauchte auch Cicero in die Menge ein und drehte seine Runden. Er sprach mit den Senatoren, darunter Torquatus und sein alter Verbündeter Marcellinus, die er heimlich dazu überredet hatte, in Pompeius ' Lager zu wechseln.
Als siebzehn Bezirke für Tribellius ' Absetzung votiert hatten, ordnete Gabinius eine Unterbrechung der Abstimmung an. Er zitierte Trebellius an den vorderen Rand des Podiums und fragte ihn, ob er sich nun dem Willen des Volkes beugen und so sein Amt als Tribun retten wolle oder ob er den achtzehnten Wahlgang für nötig halte, der ihn mit Sicherheit das Amt kosten werde. Das war Trebellius ' Gelegenheit, als heldenhafter Kämpfer für seine Sache in die Geschichte einzugehen, und ich habe mich oft gefragt, ob er später, als alter Mann, seine Entscheidung jemals bereut hat. Wahrscheinlich hat er sich noch Hoffnungen auf eine politische Karriere gemacht. Jedenfalls gab er nach kurzem Zögern seine Zustimmung und zog das Veto zurück. Ich brauche wohl kaum hinzufügen, dass er fortan von beiden Lagern mit Verachtung gestraft wurde und nie mehr in Erscheinung trat.
Alle Augen richteten sich nun auf Roscius, Crassus ' zweiten Tribun. In diesem Augenblick, es war wohl am frühen Nachmittag, erschien Catulus ein zweites Mal an den Tempelstufen, wölbte die Hände vor dem Mund und rief laut zu Gabinius hinauf, dass er eine Anhörung verlange. Wie ich schon erwähnte, genoss Catulus wegen seines Patriotismus großen Respekt in der Bevölkerung. Gabinius konnte ihn nur schwerlich abweisen, nicht zuletzt deshalb, weil er der Ranghöchste der Exkonsuln im Senat war. Er machte den Veteranen ein Zeichen, Catulus durchzulassen, worauf dieser trotz seines hohen Alters wie eine Eidechse die Stufen hinaufschoss. »Das ist ein Fehler«, flüsterte mir Cicero zu.
Hinterher sagte Gabinius zu Cicero, dass er geglaubt habe, angesichts ihrer Niederlage seien die Aristokraten zum Wohle der nationalen Einheit zu Zugeständnissen bereit. Dem war aber ganz und gar nicht so. Catulus wetterte gegen die lex Gabinia und die illegalen Methoden, derer man sich bedient habe, um das Gesetz durchzupeitschen. Es sei Wahnsinn, erklärte er, die Sicherheit der Republik in die Hände eines einzigen Mannes zu legen. Krieg sei ein riskantes Geschäft, vor allem der zur See: Was geschähe mit dem Oberbefehl, wenn Pompeius getötet würde? Wer würde an seine Stelle treten? Ein Mann schrie »du!«, eine Reaktion, so schmeichelhaft sie auch gewesen sein mochte, die überhaupt nicht im Sinn von Catulus war. Er wusste sehr gut, dass er für den Krieg viel zu alt war. Was er eigentlich im Sinn hatte, war ein gemeinsames Kommando von Crassus und Pompeius. Obwohl er den Menschen Crassus verachtete, ging er doch davon aus, dass der reichste Mann Roms zumindest ein Gegengewicht zu Pompeius ' Macht bilden würde. Inzwischen hatte Gabinius erkannt, dass es ein Fehler gewesen war, Catulus das Wort zu erteilen. Die Wintertage waren kurz, und der Wahlgang musste bis Sonnenuntergang abgeschlossen sein. Er schnitt dem ehemaligen Konsul rüde das Wort ab und sagte, er habe seinen Standpunkt klargemacht, und es sei nun an der Zeit, die Angelegenheit an
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