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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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muss er etwas wirklich Gewaltiges im Auge haben. Aber was? Ich muss gestehen, dass auch ich da ratlos bin.« Er starrte eine Zeit lang die Wand an. »Tiro, du bist doch immer ganz gut mit Caelius Rufus ausgekommen, oder?«
    Ich musste an die Aufgaben denken, vor denen er sich gedrückt hatte und die ich für ihn hatte erledigen müssen, an die Lügen, die ich erzählt hatte, um ihm Ärger zu ersparen, an den Tag, als er mir meine Ersparnisse gestohlen und mich beschwatzt hatte, Cicero nichts davon zu sagen. »So einigermaßen«, sagte ich vorsichtig.
    »Besuche ihn morgen früh, und rede mit ihm. Aber behutsam. Vielleicht kannst du ihm irgendwelche Andeutungen darüber entlocken, was Crassus im Schilde führt. Schließlich lebt er in seinem Haus, irgendwas muss er doch wissen.«
    In jener Nacht lag ich lange wach, und je mehr ich über die jüngsten Ereignisse nachdachte, desto besorgter wurde ich, was die Zukunft anging. Auch Cicero konnte nicht schlafen. Ich hörte, wie er im Zimmer über mir auf und ab ging, und hatte das Gefühl, als durchbohre die konzentrierte Kraft seiner Gedanken die Bodendielen. Ich fand schließlich doch noch ein wenig Schlaf, der jedoch unruhig und von bösen Vorahnungen erfüllt war.
    Am nächsten Morgen beauftragte ich Laurea, sich um die zahlreichen Besucher Ciceros zu kümmern, und machte mich auf den Weg zu Crassus ' Haus, das etwa eine Meile entfernt war. Selbst heute noch flüstere ich leise: »Aah, Wahlwetter!«, wenn keine Wolke am Himmel steht und die Julihitze schon vor Sonnenaufgang drückend auf dem Land lastet, und spüre sofort wieder die Aufregung, das vertraute Ziehen in der Magengegend. Vom Forum hörte ich das Hämmern und Sägen der Arbeiter, die die Rampen und Absperrgitter rund um den Tempel des Castor aufbauten, denn es war der Tag, an dem das Volk sein Urteil über das Bestechungsgesetz fällen würde. Ich nahm die Abkürzung, die an der Rückseite des Tempels entlangführte, und machte eine kurze Pause am Brunnen der Juturna-Quelle, um einen Schluck von dem lauwarmen Wasser zu trinken. Ich hatte keine Ahnung, worüber ich mich mit Caelius unterhalten sollte. Ich bin ein schlechter Lügner, war es immer gewesen, und mir fiel plötzlich ein, dass ich Cicero hatte fragen sollen, wie ich das Gespräch anfangen sollte. Jetzt war es zu spät. Ich ging den Weg zum Palatin hinauf, und als ich Crassus ' Haus erreichte, sagte ich dem Türwächter, ich hätte eine dringende Nachricht für Caelius Rufus. Er bot mir an, im Haus zu warten, aber ich blieb lieber draußen. Während er im Haus verschwand, um Caelius zu holen, ging ich auf die andere Straßenseite und versuchte so wenig wie möglich aufzufallen.
    Wie Crassus selbst, so gab sich auch sein Haus den Anschein von äußerster Bescheidenheit. Allerdings hatte ich gehört, dass der Eindruck täuschte; hatte man es erst einmal betreten, zeigte sich seine schier unendliche Größe. Die dunkle Tür war zwar niedrig und schmal, wirkte aber stabil. Links und rechts davon befanden sich kleine, vergitterte Fenster. Efeu rankte sich an der Außenwand empor, von der die ockergelbe Farbe abblätterte. Auch das Terrakottadach war nicht mehr neu, die Ränder der oberhalb des Mauerwerks vorstehenden Dachziegel waren schon schwarz und bröckelig. Sie sahen aus wie eine verrottete Zahnreihe. Es hätte das Haus eines Bankiers sein können, der ein paar schlechte Geschäfte gemacht hatte, oder eines verarmten Patriziers vom Land, dessen Stadthaus nach und nach zerfiel. Crassus wollte auf diese Art wohl sagen: Seht her, ich bin so sagenhaft reich, ich hab ' s nicht nötig, auf schönen Schein zu achten. Aber natürlich machte er dadurch in dieser Straße der Millionäre erst recht auf seinen Reichtum aufmerksam, und der gewollte Mangel an Protz hatte schon wieder etwas Prahlerisches. Die dunkle kleine Tür war immer in Bewegung, ständig kamen und gingen Besucher; es war offensichtlich, dass im Innern geschäftiges Treiben herrschte: Ich musste an ein summendes Wespennest denken, das sich nur durch das winzige Loch in der Mauer zu erkennen gab. Julius Caesar war der Erste, den ich kannte. Er verließ das Haus, ohne mich zu bemerken, und ging, gefolgt von einem Sekretär mit Aktentasche, sofort die Straße hinunter Richtung Forum. Kurze Zeit später tauchte Caelius auf. Er blieb auf der Türschwelle stehen, hielt sich gegen die Sonne die Hand über die Augen und blinzelte in meine Richtung. Ich sah sofort, dass er wie üblich die ganze Nacht

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