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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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warmer Abend, sodass er unter der Kapuze der Tunika, die er sich von einem seiner Sklaven ausgeliehen hatte, eine komische Figur abgab. Aber in den übervölkerten Elendsvierteln war absonderliche Kleidung ein ganz normaler Anblick.Wenn die Menschen jemanden mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze sahen, dann machten sie einen großen Bogen um ihn aus Angst, er könnte die Lepra haben oder irgendein anderes entstellendes Leiden, mit dem sie sich anstecken könnten. Wir folgten Ranunculus, der sich wie eine Kaulquappe durch das Labyrinth seines aus schmalen, verdreckten Gassen bestehenden Wohnviertels schlängelte, bis wir schließlich zu einem Haus kamen, vor dem neben dem Eingang ein paar Männer saßen und einen mit Wein gefüllten Krug kreisen ließen. Über ihren Köpfen prangte ein Wandgemälde von Bacchus, der sich mit vorgestreckter Leibesmitte erleichterte. Der Geruch in dem Laden passte zu dem Bild. Ranunculus ging vor, führte uns hinter die Theke und über eine schmale Holztreppe hinauf in einen niedrigen Raum unter dem Dach. Dort warteten Salinator und der Sequester, dessen Namen ich nie erfuhr.
    Sie waren so gierig auf das Geld, dass sie den Kapuzenmann hinter mir kaum beachteten. Ich nahm den Gürtel ab und zeigte ihnen eine Handvoll Münzen, worauf der Sequester eine kleine Waage auspackte und anfing, die Silbermünzen zu wiegen. Salinator, eine schwabbelige Kreatur mit glatten Haaren und Schmerbauch, schaute sich das eine Zeit lang an und sagte dann zu Ranunculus: »Das reicht. Gib mir jetzt den Namen deines Klienten.«
    »Ich bin sein Klient«, sagte Cicero und zog sich die Kapuze vom Kopf. Natürlich erkannte Salinator ihn sofort. Erschrocken wich er einen Schritt zurück und stieß dabei gegen den Sequester. Noch im Rückwärtsstolpern versuchte er verzweifelt, die Situation zu retten, verbeugte sich ein ums andere Mal und versicherte dem Senator, was für eine Ehre es sei, seinen Wahlkampf unterstützen zu dürfen und so weiter und so fort, bis ihm Cicero barsch über den Mund fuhr. »Von Lumpen wie dir brauche ich keine Hilfe. Was ich brauche, sind Informationen.«
    Salinator hatte gerade mit seiner Jammerarie begonnen, dass er absolut nichts wisse, als der Sequester plötzlich die Waage fallen ließ und zur Treppe stürzte. Allerdings prallte er schon nach den ersten paar Stufen auf den muskulösen Quintus, der ihn oben und unten an seiner Tunika packte, ihn wieder zurückschleifte und einfach ins Zimmer warf Als ich hinter Quintus auch noch ein paar stämmige Burschen, die Cicero des Öfteren zu Diensten waren, die Treppe hinaufkommen sah, fiel mir ein Stein vom Herzen. Beim Anblick so vieler kräftiger Männer und eines der berühmtesten Anwälte Roms begann Salinators Widerstand zu bröckeln. Und als Cicero auch noch drohte, ihn Crassus zu übergeben, weil er versucht habe, die gleichen Stimmen zweimal zu verkaufen, brach er vollends zusammen. Die Aussicht, Crassus und seiner Rache ausgeliefert zu werden jagte ihm mehr Angst ein als alles andere. Mir fiel wieder ein, was Sicinius schon vor Jahren über den »alten Glatzkopf« gesagt hatte - Cicero hatte den Ausspruch mir gegenüber mehrfach wiederholt - »… der gefährlichste Bulle in der Herde«.
    »Dann ist dein Klient also Crassus?«, fragte Cicero. »Denk gut nach, bevor du leugnest.«
    Salinators Kinn zuckte leicht: Zu mehr als einem angedeuteten Nicken reichte sein Mut nicht.
    »Die dreihundert Stimmen waren also für Hybrida und Catilina bestimmt, richtig?«
    Wieder die Andeutung eines Nickens. »Ja«, sagte er. »Und für die anderen.«
    »Die anderen? Wen meinst du? Lentulus Sura für die Prätur?«
    »Ja, auch. Und für die anderen.«
    »Die anderen, die anderen«, wiederholte Cicero gereizt. »Wer sind die anderen?«
    »Halt den Mund!«,brüllte der Sequester, wofür ihm Quintus in den Magen trat. Stöhnend krümmte er sich zusammen.
    »Hör nicht auf den«, sagte Cicero leutselig. »Ich kenne diese Typen, die stürzen dich nur ins Unglück. Also …« Er drückte ihm ermunternd den Arm. »Wer sind die anderen?«
    »Cosconius«, sagte Salinator und warf einen kurzen nervösen Blick auf die sich windende Gestalt auf dem Boden. Dann holte er Luft und sagte schnell: »Pomptinus, Baibus, Caecihus, Labienus, Faberius, Gutta, Bulbus, Calidius, Tudicius, Valgius und Rullus.«
    Bei jedem neuen Namen schaute Cicero ein bisschen erstaunter. »Sind das alle?«, fragte er, als Salinator fertig war. »Du bist sicher, dass du keinen Senator

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