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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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beiden Marionetten Hybrida und Catilina.«
    Wie vermutlich von Cicero eingeplant, sprangen die beiden Angesprochenen augenblicklich auf und protestierten. Da sie jedoch im Rang unter ihm standen, hatte Cicero das Recht, sie einfach stehen zu lassen. »Da haben wir sie also«, sagte er und drehte sich zu den Bänken hinter ihm um. »Die Besten, die man für Geld bekommen kann!« Er gab dem losbrechenden Gelächter genügend Zeit, sich aufzuschaukeln, um dann im genau richtigen Augenblick hinzuzufügen: »Wie wir Anwälte sagen - caveat emptor, der Käufer trägt das Risiko!«
    Nichts ist der Würde und Autorität eines Politikers abträglicher als Hohn und Spott. Wenn es dazu kommt, ist es von entscheidender Bedeutung, sich vollkommen unbeteiligt zu geben. Die von allen Seiten mit Lachsalven bombardierten Hybrida und Catilina jedoch konnten sich nicht entscheiden, ob sie entweder trotzig stehen bleiben oder die Angelegenheit mit gespielter Gleichgültigkeit aussitzen sollten. Schließlich versuchten sie beides: Sie hüpften auf und ab und sahen dabei aus wie zwei Arbeiter an den beiden Enden eines Pumpenschwengels, was die allgemeine Heiterkeit natürlich noch steigerte. Vor allem Catilina wurde augenscheinlich immer übellauniger; wie viele arrogante Menschen konnte er es nicht ertragen, wenn man sich über ihn lustig machte. Caesar, der den beiden zu Hilfe kommen wollte, stand auf und fragte Cicero, worauf er eigentlich hinauswolle, doch Cicero ignorierte die Frage einfach, und der Konsul, der sich wie alle anderen prächtig amüsierte, weigerte sich, Cicero zur Ordnung zu rufen.
    »Reden wir zuerst über den Geringeren der beiden«, fuhr Cicero fort, als seine Opfer zusammengesunken wieder auf ihren Plätzen saßen. »Du, Hybrida, hättest nie zum Prätor gewählt werden dürfen und wärst auch nie zum Prätor gewählt worden, hätte ich mich nicht aus Mitleid bei den Zenturien für dich eingesetzt. Du lebst offen mit einer Kurtisane zusammen, bringst in der Öffentlichkeit kein Wort heraus, du kannst dich ohne nomendator kaum an deinen eigenen Name erinnern. Unter Sulla warst du ein Dieb und danach ein Säufer. Du bist, kurz gesagt, ein Witz. Allerdings ein Witz von der übelsten Sorte, einer, der schon viel zu lange gedauert hat.«
    Es war jetzt wieder deutlich ruhiger in der Kammer, denn mit derartigen Beleidigungen machte sich Cicero den Mann zwangsläufig zum Feind fürs Leben. Als Cicero sich Catilina zuwandte, spürte ich, wie sich Atticus ' Hand in meinem Arm verkrallte. »Was deinen Fall betrifft, Catilina, ist es nicht Ausgeburt und Sinnbild schlimmer Zeiten, dass jemand wie du sich überhaupt Hoffnungen auf das Konsulat machen oder auch nur einen Gedanken darauf verwenden kann? Von wem willst du dieses Amt denn verlangen? Von den Häuptern des Staates, die es erst vor zwei Jahren abgelehnt haben, dich zur Kandidatur auch nur zuzulassen? Vom Ritterstand, den du abgeschlachtet hast? Vom Volk, das sich immer noch der monströsen Grausamkeit erinnert, mit der du seinen Anführer, meinen Blutsverwandten Gratidianus, niedergemetzelt und seinen noch atmenden Kopf durch die Straßen Roms zum Tempel des Apollo getragen hast? Oder von den Senatoren, die dir kraft ihrer Autorität fast deine Rechte als Bürger Roms aberkannt und in Ketten an die Afrikaner ausgeliefert hätten?«
    »Ich bin freigesprochen worden!«, brüllte Catilina und sprang wieder auf.
    »Freigesprochen!«, höhnte Cicero. »Du? Freigesprochen? Der sich mit jeder nur denkbaren sexuellen Perversion und Lasterhaftigkeit besudelt hat? An dessen Händen das Blut der niederträchtigsten Morde klebt? Der Verbündete ausgeplündert, Gesetze gebrochen und Gerichtshöfe geschändet hat? Der ehebrecherisch die Mutter der von ihm zuvor verführten Tochter geheiratet hat? Freigesprochen? Dann müssen römische Ritter gelogen haben und die Urkundenbeweise einer höchst angesehenen Stadt gefälscht gewesen sein; dann muss Quintus Metellus Pius, muss ganz Afrika Lügen erzählt haben. Freigesprochen! Was für ein Jammer, dass dir nicht aufgefallen ist, dass dieses Urteil gar kein Freispruch war, sondern nur ein Aufschub für ein Strafgericht, das ein klein wenig härter sein wird, mit Strafen, die ein klein wenig schrecklicher sein werden.«
    Das wäre selbst für einen gleichmütigen Menschen zu viel gewesen, bei Catilina bewirkte es nichts weniger als einen Blutrausch. Mit animalischem Gebrüll stürzte er zwischen den vor ihm sitzenden Hortensius und

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