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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Hochzeitsfeier gewesen war wie Verres und die führenden Aristokraten, war ein weiterer Schlag für Cicero. Pompeius hatte schon immer enge Verbindungen nach Sizilien gehabt - als junger General hatte er die Ordnung auf der Insel wiederhergestellt und sogar einmal unter Sthenius ' Dach geschlafen. Cicero hatte, wenn schon nicht auf seine Unterstützung - diese Lektion hatte er gelernt -, so doch auf wohlwollende Neutralität gehofft. Jetzt musste er auf die schreckliche Möglichkeit gefasst sein, dass alle mächtigen Gruppen in Rom sich gegen ihn verbünden würden, sollte er den Prozess gegen Verres weiter vorantreiben.
    Aber er hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Cato hatte mit Cicero vereinbart, dass er ihn nach dem Gespräch im Haus seiner Halbschwester Servilia erwarte, und das lag ebenfalls in der Via Sacra, nur ein paar Häuser von Scipios Anwesen entfernt. Als wir eintraten, kamen drei kleine Mädchen, von denen sicher keines älter als fünf war, ins Atrium gestürmt. Sofort danach erschien ihre Mutter. Das war, soweit ich mich erinnere, dass erste Zusammentreffen von Cicero und Servilia, die später unter den vielen imposanten Frauen Roms die imposanteste werden sollte. Sie war knapp dreißig, ansehnlich, aber beileibe nicht hübsch, und etwa fünf Jahre älter als Cato. Kurz vor dem Tod ihres ersten Ehemannes Marcus Brutus hatte sie als Fünfzehnjährige einen Jungen zur Welt gebracht; von ihrem zweiten Mann, dem schwächlichen Junius Silanus, hatte sie die drei Töchter bekommen. Cicero begrüßte sie, als beschwerte ihn nicht die geringste Sorge, ging in die Hocke und plauderte mit ihnen, während Servilia sie zufrieden betrachtete. Sie setzte für die Zukunft große Hoffnung in ihre Töchter und bestand darauf, dass sie jeden Besucher kennenlernten, damit sie sich an die kultivierten Umgangsformen der Erwachsenen gewöhnten.
    Dann kam ein Kindermädchen und verließ mit den Kleinen das Atrium, während Servilia uns ins Tablinum führte, wo Cato schon auf uns wartete. Bei ihm war der Philosoph Athenodoros Kordylion aus Tarsos, ein Stoiker, der fast nie von Catos Seite wich. Wie nicht anders zu erwarten, reagierte Cato auf die Nachricht von Lepidas Vermählung übellaunig. Fluchend lief er im Raum umher, was mich an eine andere von Ciceros witzigen Bosheiten erinnerte - dass nämlich Cato nur so lange der vollendete Stoiker sei, wie ihm nichts gegen den Strich ginge.
    »Beruhige dich, Cato«, sagte Servilia nach einer Weile. »Es ist doch offensichtlich, dass die Sache erledigt ist. Besser, du findest dich damit ab. Du hast sie nicht geliebt, du weißt doch gar nicht, was Liebe ist. Ihr Geld brauchst du auch nicht, du hast selbst jede Menge. Sie ist ein rührseliges kleines Ding, du findest hundert bessere.«
    »Sie bat mich, dir die besten Wünsche auszurichten«, sagte Cicero, worauf Cato mit weiteren wüsten Beschimpfungen reagierte.
    »Ich lasse das nicht auf mir sitzen!«, brüllte er.
    »O doch, das wirst du«, sagte Servilia. Sie wandte sich an Athenodoros, der sie nur hasenherzig anschaute. »Sag es ihm, du bist der Philosoph. Mein Bruder glaubt, dass sein Intellekt all diese hehren Prinzipien ausgebrütet hat. Dabei sind sie nichts weiter als kindische Gefühlsduselei, die falsche Philosophen zur Mannesehre auftakeln.« Und dann, wieder an Cicero gewandt: »Wenn er mehr Erfahrung mit dem weiblichen Geschlecht hatte, dann würde er merken, wie idiotisch er sich auffuhrt. Du hast doch in deinem ganzen Leben noch keine Frau gehabt, stimmt ' s, Cato?«
    Cicero war peinlich berührt. Was das Sexuelle anging, so war ihm immer die leichte Prüderie des Ritterstandes zu eigen gewesen. Die freizügige Art der Aristokraten war er nicht gewohnt.
    »Geschlechtsverkehr schwächt die Essenz des Mannes, er trübt die Kraft des Gedankens«, sagte Cato trotzig, worauf seine Schwester in kreischendes Gelächter ausbrach und Cato so rot anlief, dass sein Gesicht aussah wie das Zinnoberrot von Pompeius gestern. Cato stampfte aus dem Raum, sein Stoiker folgte ihm auf dem Fuß.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Servilia zu Cicero. »Manchmal glaube ich fast, dass er etwas schwer von Begriff ist. Andererseits: Wenn er sich in etwas verbissen hat, dann gibt er einfach nicht nach. Das ist ja auch eine Qualität, oder? Deine Verres-Rede vor den Volkstribunen hat er in höchsten Tönen gelobt. Nach dem, was er mir erzählt hat, musst du ein ganz gefährlicher Bursche sein. Ich mag gefährliche Burschen.

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