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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Senatsgebäude aus gesehen genau am gegenüberliegenden Ende des Forums befand. Der für dieses Gericht zuständige neue Prätor war Acilius Glabrio, von dem man nicht viel wusste, außer dass er Pompeius erstaunlich nahestand. Erstaunlich sage ich deshalb, weil der junge Glabrio von Diktator Sulla gezwungen worden war, sich von seiner damals schwangeren Frau scheiden zu lassen, damit Pompeius sie heiraten konnte. Als kurz darauf die unglückliche Frau, ihr Name war Aemilia, in Pompeius ' Haus im Kindbett starb, schickte Pompeius das Neugeborene - einen Sohn - zu seinem leiblichen Vater zurück. Der Junge war inzwischen zwölf Jahre alt und Glabrios ganzer Stolz. Durch diese bizarre Begebenheit, so erzählte man sich, seien die beiden Männer nicht etwa Feinde, sondern Freunde geworden, und Cicero zerbrach sich den Kopf darüber, ob das seiner Sache nun zuträglich sei oder nicht, ohne allerdings zu einem Ergebnis zu kommen.
    Glabrios Stuhl war gerade auf der Plattform aufgestellt worden, die etwa auf halb er Treppenhöhe entlang der Tempelvorderseite verlief, was bedeutete, dass das Gericht bereit war, die Arbeit aufzunehmen. Es muss sehr kalt gewesen sein, denn ich erinnere mich noch genau daran, dass Glabrio Fausthandschuhe trug und sich neben seinem Stuhl eine Holzkohlenpfanne befand. Seine Liktoren standen mit geschulterten Rutenbündeln und Beilen Seite an Seite ein paar Stufen weiter unten und stampften mit den Füßen auf. Es waren viele Menschen unterwegs, denn der Tempel des Castor beherbergte nicht nur den Gerichtshof für Erpressungen, sondern auch das Eichamt, wo Geschäftsleute ihre Gewichte und Waagen überprüfen lassen mussten. Gabrio schaute überrascht, als er Cicero mit seinen Anhängern im Schlepptau auf sich zukommen sah. Viele neugierige Passanten blieben stehen und verfolgten das Schauspiel. Der Prätor wies seine Liktoren mit einer Handbewegung an, den Senator durchzulassen. Ich öffnete die Aktentasche und gab Cicero das postutatus. An seinen Augen konnte ich Angst, aber auch Erleichterung darüber ablesen, dass die Zeit des Wartens endlich vorbei war. Er stieg die Stufen hinauf und drehte sich zu den Zuschauern um.
    »Bürger Roms«, sagte er. »Ich bin heute hierher gekommen, um mein Leben in den Dienst am römischen Volk zu stellen. Ich verkünde hiermit, dass ich mich um das Amt des Ädils von Rom bewerbe. Das tue ich nicht, weil ich nach persönlichem Ruhm strebe, sondern weil der Zustand unserer Republik es erfordert, dass sich ehrenhafte Männer für die Gerechtigkeit einsetzen. Ihr alle kennt mich. Ihr wisst, woran ich glaube. Ihr wisst, dass ich schon seit Längerem ein wachsames Auge auf das Treiben gewisser aristokratischer Herren im Senat habe!« Zustimmendes Gemurmel war zu hören. »Hier in meinen Händen halte ich einen Antrag auf Strafverfolgung, ein postulatus, wie wir Juristen das nennen. Hiermit verkünde ich meine Absicht, Gaius Verres für die schweren Verbrechen und Amtsvergehen, die er als Statthalter von Sizilien begangen hat, zur Rechenschaft zu ziehen.« Er streckte den Arm in die Luft und schwenkte das Schriftstück hin und her, was schließlich einige wenige zu einem gedämpften Bravo veranlasste. »Sollte er verurteilt werden, dann wird er nicht nur alles, was er gestohlen hat, ersetzen müssen, er wird auch alle seine Rechte als Bürger Roms verlieren. Exil oder Tod, zwischen nichts anderem wird er wählen müssen. Er wird kämpfen wie ein in die Enge getriebenes Tier. Macht euch keine falschen Hoffnungen, es wird ein langer, harter Kampf werden, und auf das Ergebnis setze ich alles, was ich habe - das Amt, um das ich mich bewerbe, die Hoffnungen auf meine Zukunft, meinen Ruf, den ich mir schon in jungen Jahren mit harter Arbeit erworben habe. Aber all das setze ich ein in der festen Überzeugung, dass das Recht sich durchsetzen wird.«
    Dann drehte er sich um, ging die letzten Stufen zu dem höchst verwirrt dreinblickenden Glabrio hinauf und übergab ihm den Antrag auf Strafverfolgung. Der Prätor warf einen kurzen Blick auf das Papier und reichte es dann einem seiner Sekretäre. Er schüttelte Cicero die Hand, und damit war die Angelegenheit zu Ende. Die Menge zerstreute sich, und uns blieb nichts weiter zu tun, als wieder nach Hause zu gehen. Ich fürchte, dass der ganze Auftritt ein ziemlich peinlicher Reinfall gewesen ist. Das Problem bestand nämlich darin, dass in Rom immer irgendwer seine Absicht kundtat, für das eine oder andere Amt zu kandidieren -

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