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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Arbeit in viel zu kurzer Zeit zu erledigen, und außerdem verstieß es gegen das Protokoll, dass ein römischer Senator ohne die Erlaubnis des Statthalters vor einer örtlichen Kammer sprach. Andererseits eröffnete es ihm eine gute Möglichkeit, seine Nachforschungen voranzutreiben. Er zögerte kurz, erklärte sich dann einverstanden, und wenige Minuten später marschierten wir mit unserer vielköpfigen Eskorte aus ergebenen Siziliern Richtung Stadt.
    Die Senat war überfüllt. Unter einer vergoldeten Statue von Verres stand der ranghöchste Senator, der ehrwürdige Diodorus, hieß Cicero in griechischer Sprache willkommen und entschuldigte sich dafür, dass sie ihm bislang noch keinen Beistand geleistet hätten: Bis zu den Ereignissen des heutigen Tages hätten sie nicht geglaubt, dass er es tatsächlich ernst meinte. Beflügelt von den Eindrücken und Erlebnissen des Tages, hielt Cicero - ebenfalls auf Griechisch - eine brillante Stegreifrede, in welcher er versprach, sein Leben ganz der Aufgabe zu widmen, das den Menschen von Sizilien zugefügte Unrecht wiedergutzumachen. Unmittelbar nach der Rede stimmten die Senatoren von Syrakus fast einstimmig dafür, ihre Lobpreisung auf Verres zu widerrufen (die ihnen, so schworen sie, von Metellus abgepresst worden sei). Unter allgemeinem Jubel schlangen mehrere junge Männer Seile um den Hals der Verres-Statue und rissen sie um. Andere präsentierten uns - was wichtiger war - aus ihrem eigenen Geheimarchiv eine Fülle an neuem Beweismaterial, das sie über Verres ' Verbrechen gesammelt hatten. Dazu gehörten Ungeheuerlichkeiten wie der Diebstahl von siebenundzwanzig unschätzbaren Porträts aus dem Tempel der Minerva - sogar die üppig verzierten Türen des Heiligtums waren abtransportiert worden! - sowie ein detailliertes Verzeichnis der Bestechungsgelder, die Verres in seiner Eigenschaft als Richter für Freisprüche gefordert hatte.
    Inzwischen hatte die Nachricht von der Versammlung und dass man die Verres-Statue umgestürzt hatte, den Palast des Statthalters erreicht. Als wir den Senat verlassen wollten, war das Gebäude umstellt von römischen Soldaten. Die Versammlung wurde auf Metellus ' Befehl aufgelöst, Heraclius verhaftet und Cicero zum sofortigen Rapport zum Statthalter zitiert. In diesen Minuten fehlte nicht viel, und es wäre zu blutigen Unruhen gekommen. Cicero sprang jedoch auf die Ladefläche eines Fuhrwerks und forderte die Sizilier auf, Ruhe zu bewahren. Metellus würde es nicht wagen, sich an einem römischen Senator zu vergreifen, der im Auftrag eines römischen Prätors handle. Allerdings fügte er nicht nur zum Spaß hinzu, dass es vielleicht nicht falsch wäre, sollte er bei Einbruch der Nacht nicht wieder unter ihnen weilen, Nachforschungen nach seinem Aufenthaltsort anzustellen. Dann stieg er von dem Wagen herunter, und wir ließen uns widerstandslos über die Brücke auf die Insel führen.
    Das Geschlecht der Metelli näherte sich zu jener Zeit dem Zenit seiner Macht. Besonders der Zweig mit den drei Brüdern Quintus, Lucius und Marcus, die damals alle in den Vierzigern waren, schien dafür ausersehen, die Geschicke Roms auf Jahre hinaus zu bestimmen. Das Trio war, wie Cicero zu sagen pflegte, ein dreiköpfiges Monster, dessen mittlerer Kopf - der zweite Bruder Lucius - in vielerlei Hinsicht der gefährlichste war. Lucius Metellus empfing uns unter Aufbietung aller Insignien seines imperium im Prunksaal des Statthalterpalastes - ein imposanter, gut aussehender Mann, der unter den marmornen Blicken eines Dutzends seiner Vorgänger auf seinem kurulischen Stuhl saß, flankiert von seinen Liktoren, hinter ihm sein Quästor und seine Sekretäre, neben der Tür eine bewaffnete Wache.
    Ohne sich zu erheben und ohne ein Wort der Einleitung sagte er: »Die Anstiftung einer Rebellion in einer römischen Provinz ist Hochverrat.«
    »Es ist ebenfalls Hochverrat«, erwiderte Cicero, »das Volk und den Senat Roms zu beleidigen, indem man deren offiziellen Repräsentanten daran hindert, seine Pflicht zu erfüllen.«
    »Ach ja? Was ist das für ein Repräsentant Roms‹, der vor einem griechischen Senat eine Rede in dessen Muttersprache hält? Du ziehst durch die Provinz und stiftest überall Unruhe. Das werde ich nicht dulden! Unsere Garnison ist zu klein, um bei so vielen Einheimischen die Ordnung aufrechtzuerhalten. Mit deiner verfluchten Agitation machst du die Insel unregierbar.«
    »Ich versichere dir, dass sich der Unmut gegen Verres richtet, nicht

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