Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
mit hohem Infektionsrisiko sehen das anders: In Ägypten machen acht von tausend Kindern innerhalb von fünf Jahren nach der Impfung eine Hepatitis-B-Infektion durch, im Vergleich zu 22 in der ungeimpften Kontrollgruppe. Daraus errechnet sich eine langfristige Impfwirksamkeit von nur 60 bis 70 Prozent (Reda 2003). Ähnliche Zahlen ergab auch eine Studie aus Gambia (van der Sande 2007). In den USA behält nur jeder zweite Hepatitis-B-geimpfte Säugling sein immunologisches Gedächtnis bis ins Jugendalter (Hammitt 2007, Bialek 2008). Mitverantwortlich für Impfversagen und Durchbruchsinfektionen sind wahrscheinlich auch Virusstämme, die von der Impfung nicht oder nur teilweise erfasst werden (Lott 2011, Stramer 2011).
Die Strategie, in Ländern mit niedrigem Erkrankungsrisiko Säuglinge zu impfen, damit sie als Erwachsene geschützt sind, mutet angesichts dieser Unsicherheiten wie ein Schuss ins Dunkle an. Es müssen extrem viele Säuglinge geimpft werden, um auch nur einen Fall von Hepatitis B zu verhindern. Wie holländische Gesundheitsökonomen berechnet haben, hat die Impfung nur einen minimalen Effekt auf die Verringerung der Zahl chronischer Virusausscheider (Kretzschmar 2009).
Lediglich in Gegenden mit hohem Erkrankungsrisiko ist die Säuglingsimpfung sinnvoll und kann dort zu einer Abnahme chronischer Infektionen beitragen (Liao 1999, Al-Faleh 1999). In Regionen mit niedrigem Risiko wie zum Beispiel in Mitteleuropa wären die Erfassung, Aufklärung und Impfung von Risikogruppen eine ausreichende Strategie. Auch die Stellungnahme der an sich impffreudigen WHO lässt hierfür Spielraum: »In den wenigen Gebieten, in denen die Erkrankungshäufigkeit gering ist, gibt es keine eindeutige ökonomische Beweislage für eine rationale Entscheidung zu selektiver oder allgemeiner Impfung« ( WHO 2009).
Alle Jugendlichen müssen über Hepatitis B und HIV informiert und darüber aufgeklärt werden, dass man beide Krankheiten mit Barrieremethoden verhindern kann. Sollen in einer Partnerschaft erstmals andere Methoden der Verhütung angewandt werden, ist der sicherste Weg die vorherige Blutuntersuchung beider Partner auf Hepatitis B, C und HIV .
Nebenwirkungen der Hepatitis-B-Impfung
Die Hepatitis-B-Impfung hat ein hohes Nebenwirkungsrisiko, vor allem hinsichtlich autoimmuner Störungen. Zwischen 1995 und 2000 wurden dem Paul-Ehrlich-Institut mehr als 1000 unerwünschte Reaktionen gemeldet. Schwerwiegende Verdachtsfälle traten bei einer von 60000 Impfungen auf, wobei eine Untererfassung von circa 90 Prozent berücksichtigt werden muss – das heißt, möglicherweise ist das Verhältnis 1:6000.
Zur Meldung kamen schwere allergische Reaktionen, Störungen der Blutbildung, Schmerzen und/oder Entzündungen an Muskeln und Gelenken, neurologische Reaktionen und Reaktionen an Augen und Sehnerv. Ein Fall von Erblindung wurde vom Versorgungsamt als Impfschaden anerkannt. Hinzu kamen 16 Todesfälle, vier davon in plausiblem zeitlichem Abstand zur Impfung (Hartmann 2002). Seit Einführung der Meldepflicht in Deutschland im Jahr 2001 tragen Impfstoffe, die die Hepatitis-B-Komponente enthalten, zu jeder vierten Meldung von Impfnebenwirkungen bei.
In Frankreich führte die Impfkampagne gegen Hepatitis B zur bis dahin größten Serie an unerwünschten Arzneiwirkungen. Marc Girard, renommierter französischer Infektiologe und Impfexperte, beschuldigte die Regierung einer voreiligen Impfkampagne ohne Überwachung von Nebenwirkungen. Mehr als 900 Personen hätten sich infolge der Massenimpfungen neurologische Komplikationen zugezogen, darunter chronische Erkrankungen wie multiple Sklerose (Girard 2004).
Die Impfung der Gesamtbevölkerung in einem Land mit niedrigem Hepatitis-B-Risiko mutet abenteuerlich an. Die Gefahr, dass Kinder durch die Impfung bedrohliche Nebenwirkungen erleiden, ist wesentlich größer als ihr Risiko, ohne Impfung an Hepatitis B zu erkranken (Orient 1999).
Die Weltgesundheitsorganisation, durchsetzt von industriefreundlichen Experten, sieht das anders und spricht von einem »exzellenten Sicherheitsprofil« der Hepatitis-B-Impfung: »Auch in zahlreichen Langzeitstudien fand sich kein Beweis für ernsthafte Nebenwirkungen, die ursächlich mit der Hepatitis-B-Impfung in Verbindung gebracht werden konnten« ( WHO 2009).
Akutnebenwirkungen
10 bis 15 Prozent der Impflinge entwickeln innerhalb der ersten vier bis fünf Tage Beschwerden an der Impfstelle, aber auch Fieber, Gelenkbeschwerden, Kopfweh oder Müdigkeit
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