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Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Titel: Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hirte
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Anwendung sind von Land zu Land sehr unterschiedlich, weil Synagis extrem teuer ist (zwischen 3600 und 6200 Euro pro Saison) und keine signifikante Wirkung auf die Verhinderung von Komplikationen hat. Es stellt sich die ethische Frage, wie viel Geld ein Staat in überteuerte Maßnahmen von begrenzter Wirksamkeit investieren will.
    Überraschenderweise übt die Schweiz hier mehr Zurückhaltung als andere Länder. Am weitesten gehen die Empfehlungen in den USA , wo sich auch der Stammsitz des Synagis-Herstellers Medimmune befindet.
    In Deutschland wird von zwei Risikogruppen ausgegangen ( AWMF 2008):
     
    Hohes Risiko: Kinder, die wegen bronchopulmonaler Dysplasie oder einer anderen schweren Beeinträchtigung der Lungenfunktion wenigstens sechs Monate vor Beginn der RSV -Saison mit Sauerstoff behandelt wurden oder die einen schweren Herzfehler haben. Für diese Gruppe ist Synagis in den ersten zwei Lebensjahren (Winterhalbjahr) empfohlen.
Mittleres Risiko: Kinder, die
    vor der 29. Schwangerschaftswoche geboren sind,
nach der 29. Schwangerschaftswoche geboren sind
und
im Winterhalbjahr nach Hause entlassen werden,
eine schwere neurologische Erkrankung haben,
im ersten Lebensjahr außerhalb der Familie betreut werden (Kinderkrippe, Tagesmutter).
    Diese Kinder
können
die Prophylaxe erhalten.
    In Österreich ist die Prophylaxe empfohlen
    in den ersten zwei Lebensjahren (Winterhalbjahr) für alle Frühgeborenen mit therapiepflichtiger bronchopulmonaler Dysplasie,
im ersten Lebensjahr (Winterhalbjahr) für alle Frühgeborenen vor der 29. Schwangerschaftswoche,
im ersten Halbjahr (Wintermonate) für alle Frühgeborenen nach der 29. Schwangerschaftswoche ( ÖGKJ 2008).
     
    In der Schweiz ist Synagis im ersten Lebensjahr (Winterhalbjahr) nur für solche Kinder empfohlen, die zu Hause mit Sauerstoff behandelt werden müssen oder an einer schweren bronchopulmonalen Dysplasie (chronische Lungenerkrankung durch Beatmung) leiden (Aebi 2004).
    Ebenso wie bei den Impfempfehlungen haben im Falle der RSV -Prophylaxe die Eltern das letzte Wort: »Nach Aufklärung der Eltern muss eine individuelle Entscheidung gefällt werden, die den Wert der Vermeidung einer stationären Behandlung den Nachteilen der Prophylaxe (Aufwendungen, Injektionen für das Kind) gegenüberstellt« ( AWMF 2008).
    Die Wirksamkeit der RSV -Prophylaxe
    Bei Frühgeborenen senkt Synagis die Wahrscheinlichkeit, wegen einer RSV -Infektion ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, auf etwa die Hälfte (von 10,6 auf 4,8 Prozent [ IMP act 1998]). Israelische Forscher vermuten jedoch, dass sich dies statistisch kaum auswirken wird, weil die allermeisten Kinder, die wegen RSV stationär aufgenommen werden, keine Frühgeborenen sind (Prais 2003).
    Bei Frühgeborenen mit Lungenerkrankung (bronchopulmonale Hyperplasie) macht sich die Wirkung von Synagis nicht signifikant bemerkbar. Auch Kinder mit Herzfehler profitieren kaum von Synagis: In der Schweiz wurde berechnet, dass zur Verhinderung einer Krankenhauseinweisung wegen RSV zwischen 80 und 259 Säuglinge mit Herzfehler behandelt werden müssten (Aebi 2002).
    Komplikationen von RSV -Infektionen werden mit der Prophylaxe nicht beeinflusst: Synagis verringert weder die Wahrscheinlichkeit intensivmedizinischer Maßnahmen noch die tödlicher Krankheitsverläufe (Prescrire 2004).
    Amerikanische Wissenschaftler errechneten 67 Synagis-Behandlungen zum Preis von insgesamt 302000 Dollar (etwa 398000 Euro) für eine einzige vermiedene stationäre Behandlung und zogen den Schluss: »Die Kosten der Immunprophylaxe mit Palivizumab übersteigt weit den ökonomischen Nutzen der Verhinderung von Krankenhausbehandlungen, auch bei Kindern mit dem höchsten Risiko für eine RSV -Infektion« (Hampp 2011). Eine große gesundheitsökonomische Studie in Großbritannien kam zu demselben Ergebnis (Wang 2008).
    Sind die Zahlen des Robert-Koch-Instituts korrekt, dass nur einer von 20 Säuglingen überhaupt eine RSV -Infektion durchmacht ( RKI 2012), dann müssten sogar mehrere hundert Frühgeborene mit Synagis behandelt werden, um einem von ihnen eine Krankenhausaufnahme zu ersparen. Damit ist klar, dass die Gruppe von Kindern, für die Synagis von vertretbarem Nutzen ist, stark eingegrenzt werden muss.
    Die medizinischen Fachzeitschriften sind voll von optimistischen Studien zum gesundheitlichen und wirtschaftlichen Nutzen von Synagis. Viele Studien leiden jedoch unter Interessenkonflikten ihrer Autoren, und fast alle stützen sich auf die Angaben

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