Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
Hirnrinde.
Säuglinge neigen nach Impfungen eher zu komplexen, schwer fassbaren Störungen wie Wesensveränderungen, Apathie, Unruhe, Schlafstörungen, schrillem Schreien oder »Wegbleiben«, während mit der zunehmenden Ausreifung des Nervensystems in höherem Lebensalter umschriebene, sozusagen »reifere« Impfkomplikationen wie Enzephalitis oder Nervenentzündungen auftreten.
Das unreife Nervensystem von Säuglingen und Kleinkindern ist sehr anpassungsfähig – daher können chronische Schädigungen zunächst unentdeckt bleiben. Impfungen können jedoch bei Säuglingen und Kleinkindern diffuse Symptome hervorrufen, die sich erst in einem späteren Lebensabschnitt als Störung manifestieren (Bradstreet 2004, Waly 2004, Kögel-Schauz 2009).
Wann impfen?
Die Frage, ab wann Impfungen für Immun- und Nervensystem der frühen Kindheit zumutbar oder weitgehend unschädlich sind, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Risikoforschung im Impfbereich ist weder für die Impfstoffhersteller noch für die staatlichen Behörden ein Thema.
Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma ist der Impfbeginn nach Abschluss des ersten Lebensjahres. Zu diesem Zeitpunkt sind Immun- und Nervensystem deutlich stabiler als im frühen Säuglingsalter: Blut-Hirn-Schranke und Nervenscheiden sind weitgehend ausgebildet, und das Gleichgewicht zwischen Abwehr-( TH 1-) und Gedächtnis-( TH 2-)Zellen ist weitgehend hergestellt.
Die Risiken durch das Verschieben des Impfbeginns sind gering, müssen im Aufklärungsgespräch aber angesprochen werden. Eine Tetanuserkrankung im ersten Lebensjahr ist äußerst unwahrscheinlich, zudem haben die Kinder tetanusgeimpfter Mütter bis weit ins erste Lebensjahr hinein einen belastbaren Nestschutz. Diphtherie und Kinderlähmung gibt es bei Kindern in Mitteleuropa seit Jahren nicht mehr. Beachtenswerte Restrisiken sind der Keuchhusten im Säuglingsalter und invasive Infektionen durch Hib und, falls sich die Impfung doch noch als nachhaltig wirksam erweist, durch Pneumokokken (siehe die entsprechenden Kapitel).
Besonders gefährdet durch schwere bakterielle Infektionen sind Frühgeborene und Kinder mit angeborenen Erkrankungen von Immunsystem oder lebenswichtigen Organen. Ein erhöhtes Risiko haben auch Raucherkinder und Kinder, die schon im ersten Lebensjahr in eine Kinderkrippe kommen. Eine signifikante Schutzwirkung bietet das Stillen im ersten Lebensjahr: Nichtraucherkinder, die in den ersten Lebensmonaten Muttermilch bekommen, haben einen Schutz vor Meningitis, der rechnerisch einem Impfschutz nahekommt (Vadheim 1992, Takala 1995, Silfverdal 1997, Levine 1999, Nuorti 2000).
Natürliche und künstliche Immunisierung
Zum Verständnis der Wirkung von Impfungen muss man sich zumindest ansatzweise durch das Wissen kämpfen, das wir durch die immunologische Forschung von diesen Vorgängen haben. Viele Zusammenhänge sind allerdings noch nicht geklärt, und insbesondere das Immunsystem von Säuglingen – die Altersgruppe, um die es bei Impfungen hauptsächlich geht – ist in bedeutenden Teilen unerforscht.
Die Abwehrreaktion des Körpers
Bei Infektionen versuchen die Erreger, über Haut oder Schleimhaut in den Organismus einzudringen. Hier treffen sie zunächst auf das
unspezifische Abwehrsystem
: Fresszellen, Killerzellen und bestimmte Eiweiße, die die Erreger angreifen oder ihre Vermehrung hemmen. Durch die Schäden im Gewebe, die dabei entstehen, und durch chemische Signale kommt es zur Entzündungsreaktion. Die Blutgefäße erweitern sich und werden durchlässiger, was zur Schwellung, Überwärmung und Rötung führt. Abwehrzellen und -eiweiße kommen dadurch leichter an den Ort des Geschehens. Bei einer stärkeren Entzündung lösen körpereigene Signalstoffe und Giftstoffe der Erreger Fieber aus. Dadurch werden die Abwehrvorgänge beschleunigt und die Erreger in ihrer Aktivität und Vermehrung gehemmt. Das unspezifische Abwehrsystem, das für diese Vorgänge verantwortlich ist und im Kindesalter auf Hochtouren läuft, entwickelt kaum ein Gedächtnis.
Inzwischen wird ein noch weit wirkungsvolleres Verteidigungssystem des Körpers in Stellung gebracht, das
spezifische Abwehrsystem
. Spezifisch bedeutet, dass es sich ausschließlich gegen einen bestimmten Erreger richtet und diesen besonders wirkungsvoll bekämpft und dass es ein Gedächtnis entwickelt. So schützt es vor einer erneuten Infektion mit dem gleichen Erreger, und es schützt den Säugling in den ersten Lebensmonaten
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