Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
(Schmitt 1999).
Verabreichung von Impfstoffen, Impfabstände und Wirkungsdauer
Bis auf die Rotavirus-Impfung werden derzeit alle Impfstoffe mit einer Spritze verabreicht. Lebendimpfstoffe wie Masern, Mumps oder Röteln können unter die Haut (subkutan) oder intramuskulär gespritzt werden. Totimpfstoffe wie Tetanus oder Diphtherie bzw. Kombinationsimpfstoffe mit ihnen müssen in einen Muskel injiziert werden, da die Impfzusatzstoffe, vor allem das Aluminiumsalz, im Fettgewebe zu entzündlichen Knoten führen können.
Die Zeitabstände zwischen den Impfungen, wie sie in den offiziellen Impfplänen genannt werden, sind in der Regel Mindestabstände, die nicht unterschritten werden sollten. Es ist jedoch ohne weiteres möglich, die Abstände zu verlängern: »Jede Impfung gilt«, egal, wie lange sie her ist.
Messbare Antikörperspiegel nach einer Impfung sind kein hundertprozentiger Beweis für den Schutz vor Erkrankung, da daran auch das zelluläre Abwehrsystem einen wesentlichen Anteil hat.
Unbekannt ist, warum ein Teil der Impflinge weder Antikörper noch einen Impfschutz entwickelt. Man bezeichnet sie als sogenannte Impfversager. Sie sind eine Art Achillesferse der Impfprogramme, da sie die Bemühungen zur Ausrottung von Krankheiten vereiteln können. Im Einzelfall kann ein Impfversager auch zu Schaden kommen, wenn er sich in falscher Sicherheit wiegt und meint, einen Impfschutz zu haben.
Totimpfstoffe schützen zunächst nur vorübergehend und müssen in gewissen Zeitabständen aufgefrischt werden. Dauer und Qualität der Immunität sind durchgehend geringer als nach einer überstandenen Krankheit. Ausnahmen sind Diphtherie und Tetanus: Beide Krankheiten hinterlassen eine nur unsichere Immunität, daher ist nach ihrem Abklingen eine Impfung empfohlen. Auch nach einer Hib-Infektion empfiehlt die STIKO eine Hib-Impfung, weil durch die hochdosierte Behandlung der Erkrankung mit Antibiotika eine ausreichende Antikörperbildung verhindert wird.
Nach Erkrankungen wie Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken ist der Schutz vor einer Wiedererkrankung nahezu perfekt, und die messbaren Antikörper liegen deutlich höher als nach der entsprechenden Impfung. Das erklärt sich dadurch, dass der Kontakt mit dem Antigen bei einer Erkrankung komplexer und intensiver ist als bei einer Impfung, denn er findet zunächst auf der Schleimhaut und erst nach massiver Keimvermehrung im Körperinneren statt.
Eine Impfung hingegen erlaubt wegen der Umgehung der Schleimhautbarriere nur eine relativ geringe Antigenzufuhr, um für den Impfling keine allzu große Gefahr darzustellen. Die dadurch geringere Produktion von Antikörpern hat unter anderem zur Folge, dass gegen Masern oder Mumps geimpfte Mütter ihren Kindern kaum einen Schutz vor diesen Krankheiten in die ersten Lebensmonate mitgeben. Bei Lebendimpfstoffen wie Masern- oder Mumpsimpfstoff ist zudem nicht sicher, ob Auffrischungsimpfungen im späteren Leben überhaupt wirksam sind.
Mehrfachimpfstoffe
Mit der Zunahme der empfohlenen Impfungen ist es aus Gründen der Akzeptanz notwendig, Mehrfachimpfstoffe anzubieten. Spitzenreiter sind die Ende 2000 zugelassenen Sechsfachimpfstoffe, von denen nach der Marktrücknahme von Hexavac lediglich noch der Impfstoff Infanrix Hexa eine Zulassung hat ( DTP a, Polio, Hib und Hepatitis B). Vorteilhaft ist bei diesen Präparaten, dass die Kinder mit weniger Zusatzstoffen und weniger schmerzhaften Injektionen belastet werden.
Es gibt jedoch auch Nachteile: Bei eventuellen Impfkomplikationen durch Mehrfachimpfstoffe ist nicht festzumachen, welche Komponente verantwortlich ist. Dies erschwert die Entscheidung, wie in solchen Fällen der Impfplan fortgesetzt werden soll.
Ein weiteres Problem bei Kombinationsimpfstoffen ist die unvorhersehbare oder schlechtere Schutzwirkung durch die verschiedenen Komponenten. Bei Wirksamkeitsuntersuchungen eines Meningokokkenimpfstoffs fand man in der Kombination mit einem Pneumokokkenimpfstoff signifikant geringere Antikörperspiegel. Auch die im selben Zeitraum verabreichten Routineimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Influenza führten zu einer schlechteren Antikörperbildung. Fazit der Autoren: »Unsere Ergebnisse beleuchten die Unberechenbarkeit der Immunantwort auf einzelne Impfantigene, wenn mehrere Antigene zu Kombinationsimpfstoffen zusammengefügt werden« (Buttery 2005).
In einer Veröffentlichung des Paul-Ehrlich-Instituts heißt es:
»… konnten wir feststellen, dass durch
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