Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
die Kombination mehrerer Wirksubstanzen in einer Impfdosis einzelne Antigenkomponenten in ihrer Wirksamkeit stark verändert werden. Die Wirkungen einzelner oder mehrerer Antigene können dabei abgeschwächt oder verstärkt sein. Die Veränderungen können sofort messbar sein, aber auch zum Teil erst mit zeitlicher Verzögerung auftreten … Indirekte Wechselwirkungen ergeben sich nach den Gesetzen der Kombinatorik und können eine unübersehbare Anzahl von Möglichkeiten annehmen …« (Zott 1997).
Aus der Verträglichkeit der Einzelkomponenten kann nicht auf die Verträglichkeit von Mehrfachimpfstoffen geschlossen werden, sondern jede Kombination muss jeweils an vielen Patienten neu untersucht werden. Überraschungen sind da nicht ungewöhnlich: Nach der DTP -Hib-Kombination etwa wurde zehnmal häufiger »schrilles Schreien« beobachtet als nach der DTP -Kombination (Mansoor 1997). Die Einführung der Fünffachimpfstoffe in den USA war gefolgt von einer »Epidemie« von ambulanten und stationären Behandlungen unklar fiebernder Kinder, teilweise mit aufwendiger Diagnostik und einer Häufung antibiotischer Behandlungen (Thompson 2006). Der Sechsfachimpfstoff Hexavac verursachte deutlich häufiger Lokalreaktionen, Fieber, Reizbarkeit und Schläfrigkeit als der Fünffachimpfstoff Pentavac (Aventis 2000).
Nach der Einführung von Sechsfachimpfstoffen häuften sich die Meldungen von möglicherweise impfbedingten Todesfällen. Bereits bei der Studie, die zur Zulassung von Hexavac führte, waren 12,5 Prozent der Impflinge durch Schläfrigkeit und 0,3 Prozent durch Schreien über mehr als drei Stunden aufgefallen (Aventis 2000).
Selbst gering erhöhte Risiken können hier von Bedeutung sein, da Kombinationsimpfstoffe gewissermaßen »Wellness«-Produkte sind, also nicht mehr oder besser wirken, sondern lediglich komfortabler und billiger sind. Steigt etwa nach Einführung eines Kombinationsimpfstoffs die Häufigkeit eines unerwünschten Ereignisses von 0,1 auf 0,2 Prozent, so würde das in Deutschland mehr als tausend zusätzliche Impfnebenwirkungen zur Folge haben. Um solch einen Unterschied vor der Zulassung aufzudecken, wären sehr umfangreiche Studien mit mehreren zehntausend Versuchspersonen notwendig.
Besonders problematisch ist die Kombination von Impfstoffen aus Lebendviren. Mögliche Wechselwirkungen der abgeschwächten, aber immer noch vermehrungsfähigen Viren sind kaum untersucht. Peter Fletcher, ehemaliger Leiter der wissenschaftlichen Abteilung des britischen Gesundheitsministeriums und medizinischer Sachverständiger des Impfkomitees, bezichtigte in der
Mail on Sunday
vom 5. Februar 2006 die britische Regierung in Sachen MMR der »absolut unerklärlichen Gleichgültigkeit«. Es gebe ein starkes epidemiologisches Signal, dass einige Kinder durch die MMR -Impfung einem immunologischen Risiko ausgesetzt werden. Im Falle der MMR investiere jedoch die Regierung nicht in weitere Forschung, sondern gebe Millionen aus für PR -Kampagnen zugunsten der Impfung:
»Es ist gut vorstellbar, dass das Immunsystem einer kleinen Minderheit durch drei Lebendviren im MMR -Impfstoff und die ständig wachsende Anzahl von Impfungen überfordert ist … Nur wenige Patienten waren über einen nur ungenügenden Zeitraum beobachtet worden. Drei oder vier Wochen sind einfach nicht genug. Man hätte sorgfältigerweise eine Beobachtungsstudie über zwölf Monate mit 10000–15000 Patienten verlangen und ein prospektives Überwachungssystem auf Basis der Daten aus der medizinischen Grundversorgung einrichten müssen. Die Vergabe der Produktlizenz war voreilig.«
Dies wird durch ein Cochrane-Review zu MMR -Impfstoffen bestätigt, bei dem weder zur Wirksamkeit noch zur Sicherheit Studien gefunden wurden, die den Ansprüchen der beweisgestützten Medizin
(evidence-based medicine)
genügen (Demicheli 2005).
Geradezu gefährlich ist die gleichzeitige Verabreichung der Masernimpfung mit Mehrfachimpfstoffen gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten. Hier fand sich in Westafrika eine deutlich erhöhte Sterblichkeit vor allem bei geimpften Mädchen (Aaby 2010).
Die Entscheidung, ob ein Mehrfachimpfstoff verabreicht wird oder nicht, muss entsprechend der Impfwünsche der Eltern bzw. der Impfempfehlungen von Arzt und Impfkommission jeweils individuell gefällt werden. In meiner Praxis ziehe ich bei Totimpfstoffen Kombinationsimpfstoffe vor. Bei Lebendimpfstoffen dürften Einzelimpfstoffe sicherer sein, doch ist leider der
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