Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

mehrere hundert Millionen Menschen weltweit mit dem Simianvirus 40 infiziert (Shah 1976). Dieses Virus findet sich in Hirntumoren und wird auch mit anderen Krebsformen in Zusammenhang gebracht, etwa mit dem Non-Hodgkin-Lymphom (Geissler 1980, Carbone 2003, Samaniego 2004).
    Die inaktivierten Polioimpfstoffe
    Im Jahr 1998 wurde in den meisten westlichen Ländern die Schluckimpfung zugunsten eines neuen, »verstärkten« Totimpfstoffs ( IPV ) aufgegeben. Er hat den Vorteil, dass er keine Impfpolio verursacht und auch nicht übertragen werden kann. Über 95 Prozent der Impflinge entwickeln nach diesem Impfstoff schützende Antikörper. Ein schwerwiegender Nachteil sind die hohen Kosten, die eine breite Anwendung in Entwicklungsländern erschweren.
    Inaktivierte Einzelimpfstoffe sind in Deutschland IPV -Mérieux (Sanofi), in Österreich Polio Salk Mérieux (Sanofi) und in der Schweiz Poliorix ( GSK ). Alle drei Impfstoffe sind frei von Aluminium, enthalten aber das Konservierungsmittel 2-Phenoxyethanol sowie Spuren von Formaldehyd.
    Die Grundimmunisierung besteht aus drei Spritzen im Abstand von mindestens einem Monat, bei Erwachsenen genügen – wenigstens in Österreich (laut Beipackzettel Polio Salk Mérieux) – zwei Impfungen. Diese sparsamere Variante dürfte auch für Kinder gelten: Zumindest erforderte der nicht mehr erhältliche Impfstoff IPV Virelon (Novartis), der die gleiche Zusammensetzung hatte, nur zwei Injektionen im Abstand von sechs Monaten.
    Weitere verfügbare Kombinationsimpfstoffe mit Poliokomponente sind der Vierfachimpfstoff Tetravac ( TD -Keuchhusten-Polio), die Fünffachimpfstoffe Pentavac und Infanrix- IPV +Hib ( DT -Hib-Keuchhusten-Polio) und der Sechsfachimpfstoff Infanrix Hexa ( DT -Hib-Polio-Keuchhusten-Hepatitis B). Ab dem vierten Lebensjahr sind die Kombinationsimpfstoffe Repevax und Boostrix-Polio zur Auffrischungsimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Polio zugelassen.
    Der Kombinationsimpfstoff Revaxis gegen Tetanus, Diphtherie und Polio ist wegen des reduzierten Diphtherieanteils erst ab dem fünften Geburtstag zugelassen – das heißt, erst ab diesem Alter werden vom Staat eventuelle Impfschäden entschädigt. Die Poliokomponente dieses Impfstoffs ist ebenso hoch dosiert wie im Einzelimpfstoff.
    Wünschen Eltern für ihr Kind ab dem ersten Geburtstag einen Impfschutz gegen Tetanus, Diphtherie und Polio, so empfehle ich trotz fehlender Zulassung die dreimalige Impfung mit Revaxis: zweimal im Abstand von vier bis acht Wochen und ein drittes Mal nach sechs bis zwölf Monaten. Bei Impfbeginn vor dem ersten Geburtstag ist zur Sicherung des Diphtherieschutzes eine abschließende Antikörperbestimmung oder eine zusätzliche Impfung mit Td-rix zu empfehlen (siehe Anhang).
    Die Polioimpfung ist ebenso wie die Diphtherieimpfung eindeutig eine soziale Impfung, das heißt, ein Volk schützt seine Kinder, damit es auch künftig keine Krankheitsausbrüche gibt. Solange sich über 90 Prozent einer Bevölkerung impfen lassen, funktioniert dieses System, und auch für die wenigen Ungeimpften besteht kein Krankheitsrisiko.
    Die Impfung muss also nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt, etwa wie empfohlen im Alter von acht Wochen, durchgeführt werden, sondern kann ohne Risiko auch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
    Nebenwirkungen der Polioimpfung
    Die Verträglichkeit des Polio-Totimpfstoffs dürfte akzeptabel sein, doch ist die Dokumentation von Nebenwirkungen dadurch erschwert, dass er fast ausschließlich in Mehrfachimpfstoffen verwendet wird.
    Durch den Gehalt an geringen Spuren von Antibiotika (Streptomycin, Neomycin, Polymyxin B) sind allergische Reaktionen möglich. Ein allergischer Schock nach einer Polioimpfung gilt in den USA als anerkannter Impfschaden ( HRSA 2011).
    Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden bis 2011 über 120 Nebenwirkungen durch den Polio-Einzelimpfstoff gemeldet, darunter einige Lähmungserkrankungen, Gelenkentzündungen, Schmerzsyndrome, Autoimmunerkrankungen (Diabetes, Schilddrüsenentzündung, ADEM ) sowie mehrere Krampfanfälle und allergische Reaktionen.
     
    Zusammenfassung
    Polio ist eine schwere und häufig zur körperlichen Behinderung führende Erkrankung.
Seit Einführung der Impfung ist Polio weltweit selten geworden. In Europa, Australien und Amerika besteht auch für Ungeimpfte keine Poliogefahr mehr. Es gibt jedoch immer wieder Ausbrüche in Asien und Afrika.
Die Impfung eilt nicht. Sie hat bei uns ausschließlich sozialen Charakter: