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Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Titel: Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hirte
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typischen Fall das Stadium convulsivum: Heftige krampfartige Hustenanfälle mit rotem Gesicht, Tränenfluss, Würgen oder Erbrechen. Beim Luftholen entsteht oft ein ziehendes Geräusch (»Keuchen«). Zwischen den Anfällen liegen längere Pausen mit völligem Wohlbefinden. Oft bleiben die charakteristischen Anfälle auch aus, und die Krankheit beschränkt sich auf einen hartnäckigen, wochenlang anhaltenden Husten, der durch einen Reiz oder ein Kitzeln unterhalb des Kehlkopfes ausgelöst wird.
    Vier bis sechs Wochen nach Beginn der Krankheit werden die Hustenanfälle allmählich seltener (Stadium decrementi) und hören nach weiteren zwei Wochen auf. In manchen Fällen bleibt allerdings über Monate ein Reizhusten bei körperlicher Anstrengung bestehen.
    Die Ansteckungsfähigkeit erlischt drei Wochen nach Beginn des Hustens ( CDC 2007). Bei Verzicht auf eine antibiotische Behandlung ist daher die Wiederzulassung in eine Gemeinschaftseinrichtung frühestens drei Wochen nach Auftreten der ersten Symptome möglich ( RKI 2010). Wird ein Antibiotikum gegeben, so kann die Wiederzulassung fünf Tage nach Beginn der Einnahme erfolgen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist dazu nicht erforderlich.
    Durch Einnahme eines Antibiotikums – etwa Clarithromycin über sieben Tage – kann der Ausbruch des Keuchhustens verhindert werden. Dies hat jedoch nur Erfolgsaussichten, solange der Patient noch nicht hustet, denn die Giftstoffe, die den Husten verursachen, werden durch das Antibiotikum nicht beseitigt. Ist der Husten erst einmal da, bringt das Antibiotikum außer der Verkürzung der Ansteckungszeit nicht mehr viel (Altunaiji 2005).
    Der Keuchhusten ist außerhalb des Säuglingsalters eine unangenehme und langwierige Krankheit, die aber ohne Folgen abheilt. Abgesehen von den Hustenanfällen wirken die meisten Betroffenen nicht krank.
    Neben dem klassischen Keuchhusten gibt es noch die Parapertussis (»Neben-Keuchhusten«). Sie wird durch einen verwandten Erreger hervorgerufen, die Bordetella parapertussis. Hier sind die Verläufe milder und in der Hälfte der Ansteckungsfälle nahezu symptomlos.
    In Deutschland und Österreich ist der Keuchhusten meldepflichtig. Auch Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen müssen das Gesundheitsamt über Erkrankungsfälle informieren.
    Keuchhusten gehört wie Masern, Mumps und Scharlach zu den Krankheiten, die in der Vorgeschichte von Patienten mit Lymphknotenkrebs auffallend selten sind. Man könnte also über eine Schutzfunktion spekulieren (Montella 2006).
    Wenn eine Schwangere Keuchhusten-Antikörper im Blut hat – durch eine frühere Erkrankung oder eine kurz zurückliegende Impfung –, genießt ihr Kind in den ersten Lebenswochen einen gewissen Nestschutz durch Antikörper im Blut (IgG), die über die Plazenta übertragen wurden, und durch Schleimhautantikörper (IgA) aus der Muttermilch. Völlig immun sind allerdings nur 5 Prozent aller Neugeborenen, und das auch nur für maximal zwei Monate ( WHO 2009).
    Die Dauer der Immunität nach einem überstandenen Keuchhusten ist unter anderem davon abhängig, wie oft man mit dem Keuchhustenerreger Kontakt hat. In früheren Zeiten war der Keuchhusten zu fast 100 Prozent eine Kinderkrankheit. Nach überstandener Krankheit blieb die Immunität bis ins Alter auf hohem Niveau, denn sie wurde ständig aufgefrischt: Der Kontakt mit Kindern war intensiv, und alle Kinder hatten irgendwann Keuchhusten. Daher erkrankte jeder im Grunde nur einmal im Leben richtig an Keuchhusten.
    Durch die Abnahme der Kinderzahl und die Einführung der Impfung ist diese natürliche Auffrischung unzuverlässig geworden. War die Keuchhustenimmunität in den fünfziger Jahren noch dauerhaft, so hielt sie in den neunziger Jahren 15 bis 20Jahre, seit der Jahrtausendwende oft weniger als zwölf Jahre ( WHO 2009). Viele Jugendliche und Erwachsene sind heute für Keuchhusten empfänglich, und so hat sich der Keuchhusten vom Kindesalter in höhere Altersgruppen verlagert (Galanis 2006,
EB
2009).
    Komplikationen des Keuchhustens
    Die häufigste Komplikation des Keuchhustens ist eine Lungenentzündung, die sich durch Fieber und Kurzatmigkeit bemerkbar macht (der Keuchhusten macht typischerweise kein Fieber). Gelegentlich kommt es zu einer Ohrenentzündung, in sehr seltenen Fällen – fast ausschließlich bei jungen Säuglingen – zu einer Gehirnerkrankung (Enzephalopathie) mit Krampfanfällen, Koma und möglichen bleibenden Hirnschäden.
    Über 85 Prozent der

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