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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nichts. Nicht ein Bakterium und auch kein Virus, keine simple Kreatur mit ein paar Tausend Genen, sondern ein großes, hoch entwickeltes Säugetier.
    Leben zu schaffen war Gott vorbehalten.
    Gott – und jetzt auch Claus Rhumkorrf.
    Es war bequemer gewesen, sich selbst etwas vorzumachen – bis es zu spät war. Und als die Selbsttäuschung nicht mehr möglich war, als er mit ansehen musste, wie seine Schöpfung Cappy fast umbrachte, hatte er noch einmal eine Chance bekommen, um allem ein Ende zu machen. Bei der
Notlandung des Flugzeugs hätte er die Kühe sterben lassen sollen, doch grenzenlose Hybris hatte seine Taten bestimmt.
    Claus blieb die Luft im Hals stecken. Eine einzelne Kreatur trottete von der Hauptstraße auf den Weg zur Landebahn zurück. Sie stand an der Abzweigung der beiden Routen, einhundert Meter vom Hubschrauber entfernt.
    Sie schien ihn direkt anzusehen.
    »Nein«, flüsterte Claus. »Bitte nicht.«
    Das Rückensegel der Kreatur richtete sich plötzlich auf, und die fast durchsichtige gelbe Membran fing die Morgensonne ein. Die Kiefer voller Zähne öffneten sich weit. Im Cockpit konnte Claus die Kreatur nicht hören, doch er wusste, dass sie ein schreckliches Brüllen ausstieß, mit dem sie ihre Brüder zurückrief.
    Er reckte sich in seinem Sitz, griff über seinen Kopf und drückte den Startknopf des ersten Motors. Sein von Erfrierungen zerstörter Finger protestierte mit stechendem Schmerz, doch es fiel ihm leicht, den Schmerz zu ignorieren. Langsam begannen sich die Rotorblätter zu drehen.
    Sein Körper zitterte unkontrollierbar. Die einsame Kreatur sprintete mit den irrwitzigen Bewegungen eines halbaufgerichteten Pitbulls auf den Hubschrauber zu. Sie kam rasch näher.
    Rhumkorrf wandte sich den Instrumenten zu. Die Leistungsanzeige für den ersten Motor stieg noch immer an und stand jetzt bei 54 Prozent. Er drückte den Startknopf für den zweiten Motor.
    Er konnte nicht anders, er musste noch einmal hinsehen. Die Kreatur hatte bereits die Hälfte der Strecke zurückgelegt, und er konnte ihre schwarzen, vorstehenden Augen und die massiven Muskeln erkennen, die unter dem schwarz-weiß gefleckten Fell zuckten. Aber nicht das war
der Grund, warum Claus fast das Herz stehen blieb. Hinter dem Monster schienen die Wälder geradezu zu explodieren, als sich eine entsetzliche schwarz-weiße Woge aus ihnen ergoss. Die Kreaturen stürmten die schmale Straße entlang wie eine Barbarenarmee, die Jagd auf einen verhassten Feind macht.
    Er schob den Hebel von Motor eins in Flugposition und spürte, wie sich die Rotorblätter sofort schneller drehten. Nur noch ein paar Sekunden, dann würde der Sikorski abheben.
    Etwas traf ihn von rechts und schleuderte ihn auf die Instrumententafel zwischen den beiden Vordersitzen. Ein schweres Gewicht, das er nicht hochstemmen konnte, krachte auf ihn, und gleich darauf hatte er das Gefühl, als rutsche etwas von ihm herab. Er riss die Augen auf und sah einen Streifen Plexiglas, der sich halb aus dem Türrahmen gelöst hatte und – dick mit einer roten Flüssigkeit beschmiert – frei hin und her wackelte. Das Fenster der Pilotentür. Er wollte sich gerade aufsetzen und den Streifen beiseiteschieben, als das Gewicht ihn wieder traf und seinen Hinterkopf gegen die harten Instrumentenknöpfe presste. Das Plexiglas wurde gegen sein Gesicht gedrückt und seine Nase so sehr zusammengequetscht, dass er geistesabwesend registrierte, wie seine Wimpern bei jedem Blinzeln über den Kunststoff streiften. Durch das Plexiglas sah er, wie die Kreatur nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt ihr riesiges Maul aufriss. Das Maul drängte immer weiter nach vorn und schloss sich mit einem lauten Knacken, doch die nach innen gekrümmten Zähne kratzten nur über den Kunststoff. Das Maul öffnete sich wieder, schnappte wieder zu, doch auch diesmal bekamen die tödlichen Spitzen der Zähne nichts zu fassen. Bei jedem Sprung, mit dem die Kreatur nach vorn
drängte, schaukelte der ganze Hubschrauber. Claus hörte und spürte, wie die Krallen über das Plexiglas schabten und abrutschten wie die eines Hundes, der auf einem Linoleumboden Halt zu finden versucht. Die abscheuliche Kreatur glitt zum zweiten Mal nach hinten aus der Maschine.
    Das Plexiglasfenster rutschte mit ihr nach draußen.
    Claus drückte sich hoch. Seine Brille war verschwunden; er sah alles nur noch verschwommen. Die Kreatur war auf ihr Hinterteil gefallen. Hektisch um sich strampelnd richtete sich das mächtige

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