Implantiert
…
»Brady«, sagte Colding, »ich will, dass Tim gefunden wird. Er sabotiert uns.«
»Ja, Sir.«
»Und halte die Augen offen. Er hat mindestens eine Axt. Wenn nicht auch noch andere Waffen.«
»Ja, Sir«, sagte Brady. »Soll ich ihn erledigen?«
»Nein, verdammt nochmal. Du sollst niemanden umbringen«, sagte Colding. Er war schockiert, wie schnell Brady bereit war, tödliche Gewalt gegenüber einem Freund einzusetzen. Doch Brady dachte wie ein Soldat. Und es war wichtig, dass auch Colding so dachte. Wenn sich Tim wirklich von einer anderen Biotechnologiefirma bestechen ließ oder,
was noch viel schlimmer war, mit Longworths Task Force zusammenarbeitete, die bei besonderen biotechnischen Bedrohungen eingesetzt wurde, konnte man unmöglich vorhersehen, wozu der junge Mann noch in der Lage wäre.
»Schütze dich«, sagte Colding. »Aber du solltest alles tun, dass du ihn nicht erschießen musst, okay?«
»Ja, Sir«, sagte Brady, seine Stimme wurde vor Aufregung noch höher.
»Gunther«, fuhr Colding fort, »weck Andy und sag ihm, dass er die hintere Luftschleuse sichern soll. Wenn Tim im Freien ist, will ich nicht, dass er wieder reinkommt. Und sorg dafür, dass die Kameras in den Fluren wieder funktionieren.«
»Scheiße, Mann, ich weiß nicht, wie das geht.«
»Du hast mir gesagt, dass du das System gründlich studiert hast, verdammt nochmal!«
»Ich weiß, ich weiß! Mein Fehler, aber ich kann es im Augenblick nicht korrigieren. Willst du, dass ich rauskomme und ebenfalls suche?«
Colding schlug sich frustriert mit der Faust aufs Bein. Gunther war viel zu beschäftigt damit, seine sentimentalen Vampirromane zu schreiben, anstatt seine Hausaufgaben zu erledigen, wie das von ihm erwartet wurde. Genau genommen war das Coldings Schuld, denn er hatte sich auf Gunthers Wort verlassen, anstatt sich wirklich mit Druck um die Sache zu kümmern. »Bleib im Kontrollraum und bring das Ding zum Laufen.«
»Ja, Sir.« Gunthers Gesicht verschwand von dem kleinen Bildschirm.
Colding zwängte die Füße in seine Stiefel, griff in sein Nachttischchen und nahm die Beretta heraus. Er ließ das Magazin herausgleiten – voll. Er überzeugte sich davon, dass
die Waffe gesichert war, bevor er in seinen Parka schlüpfte. Leise öffnete er seine Tür und überprüfte vorsichtig den Flur. Als er nirgendwo eine Bewegung entdecken konnte, ging er zur Hauptluftschleuse.
Der Administrationsbildschirm listete fünf Probleme auf.
AUSFALL SPEICHER AUSFALL SATELLITENHARDWARE AUSFALL AUFZEICHNUNG ZU- UND ABGANGSCODES AUSFALL KAMERASYSTEM HANGAR-TEMPERATUR GEFÄHRLICH GESUNKEN
Jians Finger tanzten über die Tastatur und riefen ein Menü nach dem anderen auf – jedenfalls versuchten sie es. Die meisten waren gesperrt. Ihr Zugangscode war gelöscht worden. Sie musste sich beeilen. Wer auch immer dafür verantwortlich war, wollte, dass die Forschungsergebnisse vollständig vernichtet wurden. Irgendetwas hatte die Satellitenverbindung unterbrochen, weshalb sie nicht einmal einen Notfall-Datentransfer an Genadas Hauptquartier in Manitoba machen konnte. Zu allem Überfluss hatte der Hacker bereits den ausgelagerten Sicherungsspeicher gelöscht. Gelöscht. Die einzigen greifbaren Daten befanden sich auf der Festplatte direkt unter ihrem Tisch im Bioinformatik-Labor. Jian arbeitete gerade mit dieser Festplatte, als der Angriff begann. Sie hatte ihn abgefangen und sofort Gegenmaßnahmen ergriffen. Hätte sie geschlafen, wäre alles verloren gewesen, was die Gottesmaschine seit Eintreffen von Bobby Valentines neuen Proben geschaffen hatte.
Und das wäre wirklich eine Katastrophe gewesen … denn endlich funktionierte es.
Sie teilte ihre Aufmerksamkeit, konzentrierte sich darauf, die letzten Reste der angreifenden Programme zu beseitigen, und gleichzeitig beobachtete sie die Ergebnisse, die die Gottesmaschine ihr lieferte. Um alle anderen Probleme würde sie sich kümmern, sobald sie Zeit dazu hatte. Die Kameras wieder zum Laufen zu bringen, wäre kein Problem, aber sie wusste nicht, was Ursache für die gesunkene Temperatur im Hangar war. Jemand hatte die Heizgeräte manuell ausgeschaltet. Aber warum?
Die Gottesmaschine unterbrach ihre Überlegungen mit einem fröhlichen Klingelgeräusch, das angesichts der augenblicklichen Situation auf erschreckende Weise unpassend wirkte. Jian sah auf den links von der Mitte in der oberen Reihe platzierten Bildschirm. Er zeigte neue Ergebnisse.
GENOM A17 SEQUENZIERUNG: VOLLSTÄNDIG
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