Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In alle Ewigkeit

In alle Ewigkeit

Titel: In alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Weil jemand hier draußen war, und das hängt mit dem zusammen, was dort drinnen passiert. Was passiert ist.
    Die Möwen lachten ihn aus. Es war niemand da. Jetzt bedeckten die Schatten den Boden ganz, wie ein schwarzes Leichentuch. Er ging zur Hecke, die das Grundstück begrenzte. Darin gab es Löcher, groß genug, dass sich ein Mensch hindurchzwängen könnte.
    Und jetzt?
    Er drehte sich zum Haus um. Keine Bewegung, keine Stimmen, kein Rufen, kein Gesicht, kein Körper.
    Die müssten doch reagieren.
    Winter ging zurück. Er hörte keine Geräusche im Haus, nur die Vögel draußen und entfernte Verkehrsgeräusche; kein Radio, keine Geschirrspülmaschine, keine Dunstabzugshaube, kein Geklapper von Besteck und Geschirr, keinen Mixer, keinen Fernseher, keine Stimmen, kein Lachen, kein Weinen, keine Schreie, keine Schläge.
    »Hallo? HALLO?«
    Er stand still, aber es kam keine Antwort.
    »HALLO?«
    Er stieg die Treppe hinauf. Oben war es dunkler. Eine halboffene Tür. Jeanettes Zimmer.
    Jetzt hörte er einen schwachen, surrenden Ton, ein leises Brausen, das über das Dach zu fließen schien, langsam.
    »HALLO? JEANETTE?«
    Winter betrat rasch das Zimmer des Mädchens. Das Fenster stand immer noch offen. Er ging hin und schaute über den Garten, die Hecke und das Stück Wald und entdeckte eine Bewegung hinter einem Baum und einen blassen... Gegenstand, der erst aufleuchtete und dann weg war, wie eine Kugel im Dämmerlicht. Winter blieb stehen und sah Bewegungen in Gebüsch und Gestrüpp, aber er konnte nicht wieder hinunterstürmen, bevor er wirklich etwas sah. Er wartete, aber das Gesicht tauchte nicht wieder auf, es war ein Gesicht gewesen, aber er hatte es nicht erkannt, nicht aus dieser Entfernung.
    Er bewegte sich und hörte wieder das Brausen, immer noch leise, aber immer lauter, es klang wie... klang wie... Er schaute zum Alkoven rechts, wo die Tür zum Badezimmer... Himmel, er sah ein kleines Rinnsal Wasser, das gerade unter der Tür auf den Parkettboden, der in dem wunderbaren Abendlicht glänzte, hervorzusickern begann, und jetzt hörte er das Geräusch, Wasser, das rauschte wie ein Wasserfall, und er warf sich gegen die Tür, riss an der Klinke, aber es war abgeschlossen, er riss, zerrte, schrie, schrie ihren Namen, ging zwei Schritte rückwärts und trat zu, dort, wo der Widerstand der Tür am geringsten war, drei Tritte, vier und das Holz krachte, eine Öffnung, und er trat sich ins Bad hinein, das von Wasser und Blut überschwemmt war, und er stolperte und fiel auf die Fliesen, er spürte, dass in seinem Ellenbogen etwas brach, und richtete sich mit einem Schmerz auf, der nicht sein eigener zu sein schien, seine Khakisachen waren jetzt rosa vom Blut, und das Wasser strömte weiter aus der Badewanne, in der Jeanette saß mit Augen, die mochten geschlossen oder offen sein, er konnte es nicht erkennen, er sah nur ihr Gesicht und ihren Hals aus dem roten Meer ragen oder darin versinken, und er glitt wie auf Schlittschuhen übers Eis zu ihr, bückte sich und hob, HOB einen Körper hoch, der schwerer war als alles, was er je angehoben hatte, und der Schmerz im Ellenbogen war wie brennende Steine in einer Wunde.
    Es war nach Mitternacht, bevor er nach Hause kam, den Arm in der Schlinge und mit Schmerzen, die jetzt wie ein Streicheln waren verglichen mit denen, die er vorher gehabt hatte. Angela hielt ihn in den Armen, fast blasser, als er selber war. Sie war mit ihm ins Krankenhaus gefahren.
    Der Babysitter wartete im Flur ihrer Wohnung, bekam sein Geld, sah ängstlich aus. »Gib mir einen Whisky«, sagte Winter vom Küchenstuhl. »Es ist nicht gut, wenn du jetzt Alkohol trinkst.« »Einen doppelten.«
    Sie goss ihm aus einer der Flaschen auf der Anrichte etwas ein und reichte ihm das Glas. »Uuuh«, sagte er nach dem ersten Schluck.
    Er spürte, wie sich der Alkohol in seinem Körper verbreitete, in seinem Kopf, in seinem Ellenbogen. Er trank wieder.
    »Du hättest dort bleiben sollen«, sagte sie. »Sie müssen den Arm in Gips legen, wenn die Schwellung zurückgegangen ist.«
    »Sie lebt«, sagte Winter und reichte Angela das Glas, und sie füllte es noch einmal mit einem Zentimeter. »Mehr.« Sie goss etwas dazu, und er trank. »Sie war noch nicht tot. Sie lebt.«
    »Gerade so.«
    »Aber sie wird es schaffen.«
    »Es scheint so«, sagte Angela. »Sie hat viel Blut verloren. Eigentlich zu viel, um zu überleben.«
    Winter sah den Fußboden vor sich, das Wasser in der Badewanne. Der Schmerz, das Gewicht. Der

Weitere Kostenlose Bücher