In alle Ewigkeit
Name Halders dunkel bekannt vorkam.
»Hat die erste Stunde nach der großen Pause nicht schon angefangen?« »Noch nicht.«
»Dann kann ich gehen.«
Halders fuhr die Kinder zur Schule. Als er zurück war, drehte er noch eine Runde durchs Haus. Er rief Winter an.
»Hast du sie getroffen?«, fragte er. »Ja.«
»Wie war es?«
»Wie geht es dir, Fredrik?«
»Du beantwortest eine Frage mit einer Frage.«
»Ich will wissen, wie es dir geht.«
»Sehr gut.«
»Mensch, hör doch auf!«
»Nicht besonders gut. Den Umständen entsprechend... « »Was machst du gerade?«
»Lauf im Haus rum, Runde um Runde. Ich muss wahrscheinlich hierher ziehen. Die Kinder wollen hier wohnen bleiben.«
»Dreh so viele Runden, wie du brauchst.« Winter hörte Halders atmen. »Jeanette Bielke lässt dich grüßen.«
»Ich komm später rein«, sagte Halders.
»Nimm dir ein paar Tage frei.«
»Nein.«
»Ich kann dich wohl nicht zurückhalten.«
»Wenn der Zusammenbruch kommt, dann auf jeden Fall an der vordersten Frontlinie.«
»So was hab ich noch nie gehört«, sagte Winter.
»Ich hab was anderes, das dich vielleicht interessieren wird«, sagte Halders. »Mir ist was zu dem Mord an Angelika eingefallen. Etwas, worüber wir noch nicht geredet haben.«
»Können wir nicht jetzt drüber reden? Am Telefon?« »Ich komm gleich rein. Das hat noch eine Stunde Zeit.« »Dann wird es wohl Nachmittag. In einer halben Stunde treffe ich mich mit den Eltern von Beatrice.« »Haben sie sich gemeldet?« »Ich hab mich bei ihnen gemeldet.«
Sie war mit dem Rad nach Hause gefahren und hatte die nassen Badesachen auf die Leine hinterm Haus gehängt, oder vorm Haus, wenn man den Kücheneingang benutzt. Was sie jetzt tat.
Im Haus war es still. Sie hatte den Abend für sich allein, wenn sie hier blieb. Sie konnte mit einem Glas Bier oder einem Glas Wein herumspazieren, alle Fenster aufmachen und die Nachtdüfte aus dem Garten hereinlassen.
Sie duschte. Der Anrufbeantworter blinkte, als sie wieder ins Schlafzimmer kam. Sie hörte ihn ab und rief direkt zurück.
»Ich war unter der Dusche.«
»Mhm.«
»Hast du schon mal angerufen? Da war jemand, der hat sich am Handy nicht gemeldet.« »Nein.«
»Also... was ist los?« »Kannst du heute Abend herkommen?« »Ich weiß nicht... ich bin müde.« »Das meinst du doch nicht im Ernst?« »Doch. Ich bin heute so faul.«
»Faul kannst du hier auch sein, ziemlich faul jedenfalls.« »Es ist am anderen Ende der Stadt.« »Nimm ein Taxi.«
»Zu teuer.« »Ich zahl's dir.« »Nein.«
»Wirklich, versprochen!«
»So hab ich das nicht gemeint. Ich möchte einfach gern hier bleiben. Sei mir bitte nicht böse.« »Okay.«
»Du bist nicht sauer?« »Nein... «
»Wir können uns ja morgen treffen?«
»Das geht nicht.«
»Ach so.«
»Ich ruf dich an.«
10
Es regnete, als Winter aus dem Präsidium kam. Immer noch war es warm, eine drückende Wärme, und er spürte sofort den Schweiß auf der Stirn und den Regen, der eher wie feuchte Luft in den Haarwurzeln war. Vom Rasen neben dem Parkplatz roch es nach Gras. Es schien innerhalb weniger Minuten grüner geworden zu sein. Der Niederschlag war der erste seit über einem Monat.
Plötzlich klangen die Verkehrsgeräusche rundherum anders. Das Surren der Reifen auf dem nassen Asphalt. Ein weicheres Geräusch.
Die Farben waren klarer als vorhin, als er durchs Zentrum gefahren war. Nur wenige Menschen hatten Regenkleidung dabei. Drei Jungen mit nackten Oberkörpern tanzten über die Allen, als er bei Rot hielt. Einer von ihnen hielt den Daumen hoch und nickte Winter durch die Autoscheibe zu.
Er nahm den Tunnel, bog ab und fuhr durch kleinere Straßen zu dem Haus und parkte davor. Als er ausstieg, hatte es aufgehört zu regnen. Es ging kein Windhauch. Sein Rücken war schweißnass trotz der Klimaanlage im Auto.
Das Haus sah genauso traurig aus wie immer. Zuletzt war er vor zwei Jahren hier gewesen. Oder war es nur ein Jahr her? Sie hatten den Kontakt aufrechterhalten. Birgersson auch, aber Winter hatte ein stärkeres Bedürfnis danach gehabt. Vielleicht aus persönlichem Pflichtgefühl, neben dem rein professionellen. Der Mörder ihrer Tochter lief noch frei herum da draußen.
Die Eltern waren für immer Gefangene des Verbrechens, gebunden an die Erinnerung und Trauer. Für immer gefesselt an dieses Backsteinhaus, das schwer und dunkel im Dunst lag, die Fenster waren schwarz, die Tür war geschlossen, aber sie wurde geöffnet, als Winter die wenigen
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