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In alle Ewigkeit

In alle Ewigkeit

Titel: In alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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verstärkt hatte. Es kroch in ihm herum, hinter all diesem professionellen Denken. Angela würde sagen, dass das normal sei. Dass es so sein müsste, sonst wäre es nicht gut, überhaupt nicht gut.
    »Kommen Sie herein«, sagte sie, als er an den Türrahmen klopfte. Er konnte sie immer noch nicht sehen. »Kommen Sie nur.«
    Sie saß auf einem Sessel rechts von der Tür. Daneben standen ein Sofa und ein kleiner Tisch und weiter hinten ein Schreibtisch, nicht weit davon war eine Tür, durch die er ein Badezimmer sah. Das Zimmer war eine Suite. Altes Geld oder neues oder eine Mischung aus beidem.
    Sie bürstete ihre dunkelbraunen Haare. Ein ungeschminktes Gesicht, soweit er erkennen konnte. Jeans, T-Shirt, keine Strümpfe. Eine dünne Goldkette um den Hals. Sie bürstete ihre Haare weiter in langen Zügen, und ihr Gesicht straffte sich bei jedem Bürstenstrich, die Augen wurden zu Schlitzen und verliehen ihr ein orientalisches Aussehen.
    Sie machte eine Bewegung zum Sofa hin. Winter setzte sich und stellte sich vor.
    »Letztes Mal war ein anderer hier«, sagte Jeanette.
    Winter nickte.
    »Ist das eine Art Taktik?«, fragte sie. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie schicken verschiedene Leute zum Reden... oder Verhör oder wie Sie das nennen.«
    »Manchmal«, sagte Winter, »aber diesmal nicht.«
    »Was soll das heißen?«
    Winter antwortete nicht direkt.
    »Ich mochte den, der vor Ihnen da war«, sagte Jeanette und legte die Bürste weg. »Fredrik Halders.« Sie sah Winter an. »Warum ist er diesmal nicht gekommen?«
    Okay, dachte Winter. Ich sage ihr die Wahrheit, und dann erzählte er, was Halders' Familie passiert war.
    »Ich werde nicht mehr fragen«, sagte sie.
    »Ist es auch in Ordnung, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stelle?« Winter beugte sich vor. Sie nickte. Ein Vogel schlug gegen das Fenster, flatterte davon, ohne dass sie das trockene Geräusch an der Scheibe gehört zu haben schien. »Ist da irgendwas in Ihrer Erinnerung aufgetaucht, seit Sie zuletzt mit Fredrik Halders gesprochen haben? Irgendetwas?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Was sollte das sein?«
    »Egal was. Von dem Abend, der Nacht.«
    »Ich will doch nicht mehr daran denken. Das hab ich Herrn Halders auch gesagt.« Sie nahm die Bürste und fing wieder an zu bürsten, und ihr Gesicht veränderte sich. »Ich denke nur an eins, ob ich... ob ich Aids kriege.« Sie bürstete noch heftiger und sah Winter aus Augen an, die jetzt nur noch schmale Schlitze waren. »Oder HIV, oder wie die Krankheit im Vorstadium noch mal heißt.«
    Winter wusste nicht, was er sagen sollte. Er überlegte, ob er aufstehen und zum Fenster gehen sollte, um sich einen Corps anzuzünden.
    »Darf ich am Fenster rauchen?«
    »Klar«, sagte sie, und vielleicht lächelte sie ein wenig, als sie sagte: »Aber passen Sie auf, dass mein Vater Sie nicht erwischt. Er sieht alles. Er weiß alles.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Och, nichts. Aber passen Sie auf.«
    Winter öffnete das Fenster und zündete den Zigarillo an. Der Rasen wirkte groß wie ein Fußballplatz zwischen den Baumkronen. Er hörte Gläserklirren von da unten und eine leise Stimme, dann eine andere, die etwas antwortete, das er nicht verstand. Etwas wurde in ein Glas gegossen. Halb elf, noch keine Zeit für Alkohol, aber what the hell it's noon in Miami. Es war Urlaubszeit. Er zog noch einmal an dem Zigarillo und drehte sich zum Zimmer um.
    Ihre Tochter hatte vielleicht das verdammte Pech sich mit HIV angesteckt zu haben. Dem Vorstadium zu Aids.
    »Eigentlich wollte ich im Herbst anfangen, Medizin zu studieren«, sagte sie. »Aber jetzt scheiß ich drauf.«
    »Warum?«
    »Haha!«
    »Und wenn Sie sich doch nicht mit HIV angesteckt haben?«, fragte Winter. »Na, Sie sind aber direkt!« »Wann kommt denn das Test-Ergebnis?« »Nächste Woche.« »Okay.«
    »Aber ich will noch einen Test, und das dauert noch ein paar Wochen.«
    Winter nickte.
    »Trotzdem weiß man erst ein Jahr später, woran man ist.«
    Winter zog wieder an seinem Zigarillo und blies den Rauch in die Luft. Er hörte eine Frau erregt etwas sagen. Dann tauchte Kurt Bielke auf. Er ging quer über den Rasen und weiter zu einem schwarzen Auto, das in der Auffahrt stand. Er startete und fuhr weg in Richtung Stadt. Winter blieb stehen, dem Zimmer den Rücken zugewandt. Er hörte einen Rasenmäher, sah die Kaskaden eines Sprinklers. Die Kinder auf ihren Rollerblades kamen zurück und rasten an einer Frau mit Kinderwagen vorbei. Alles da draußen in der leuchtenden

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