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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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bei einem Stressjob wie meinem sei ein freier Tag genau das Richtige. Anscheinend ist sie nicht wütend.
    Meine Mutter kann warten. Ich versuche es bei Cal. Mailbox. Ich hinterlasse eine Nachricht. Sag ihm, ich würde mit Mary wegfahren. Wenn er will, dass ich rüberkomme oder wenn er etwas braucht, soll er innerhalb der nächsten Stunde anrufen. Ich weiß nicht, ob ich jetzt für ihn arbeite oder was. Gestern Abend kommt mir vor wie was aus einem anderen Leben. Nicht meinem. Ich zieh meine Laufsachen an.
    Mein iPhone lasse ich zurück. Trotz miesem Schlaf in der letzten Nacht ist eine neue Stille in meinem Kopf. Das Laufen wirkt schneller. Auf der ersten Meile finde ich meinen Rhythmus. Szenen, Gedanken, Gesichter kommen hoch, hier und da, hinter diesem Baum oder jener Kurve, aber heute lasse ich sie einfach vorüberziehen. Die Erinnerungen sind wie ein Riesenrad. Ich kann mitfahren, bis ganz nach oben, den Sog spüren, wenn alles im Fall zu sein scheint, aber dann, wenn ich die Augen aufhalte, sehe ich den Boden wieder. Patrick verblasst, und ich spüre diesen vernichtenden Druck in meiner Brust nicht mehr oder das Phantom des Gurtes, der mich kopfüber festhält … neben ihm.
    Als ich nach Haus komme und aus der Dusche raus bin, hab ich einen Anruf von Cal verpasst.
    Ich rufe zurück, denn das würde ein normales Mädchen tun.
    »Hi.« Mein Herz flattert in der Brust herum.
    »Selber hi.« Er ist fröhlich.
    »Ich wollte deine Stimme hören«, sage ich.
    Wie subtil.
    »Ich weiß, dass du nach Haus gegangen bist und im Internet rumgelesen hast, bis du dich völlig verrückt gemacht hast.« Er neckt mich. Dann räuspert er sich ein wenig.
    Erwischt.
    »Ja.« Hat keinen Zweck, das zu verheimlichen. »Tut mir leid. Musste sein.«
    »Musste sein.« Er ist sarkastisch.
    Ich zucke zusammen, will auflegen, sage nichts.
    »Sorry«, sagt er kurz darauf. Klingt aber eher sauer als sorry.
    »Ich wusste nichts darüber, ich musste nachschauen. Deins ist doch nicht so wie das, was deine Mom hatte …?« Der Satz läuft ins Leere.
    Schweigen.
    »Richtig?« Er soll was sagen. Irgendwas.
    »Bisher nicht.« Er ist kurz angebunden, wechselt das Thema. »Solltest du nicht eigentlich in der Bibliothek sein?«
    »Hab verschlafen. Nicht gerade die Musterangestellte. Und jetzt will Mary, dass ich mit ihr Besorgungen mache. Shoppen gehe.« Ein total normaler Tag.
    »Ist ja toll«, sagt er. »Du gehst doch, oder?«
    »Will gerade aus der Tür«, sage ich hölzern. Ich kann nicht locker werden. Ich wünschte, das hier würde besser laufen, aber ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Ich erinnere mich, wie es sich angefühlt hat, seine Hand am Hinterkopf zu spüren, in meinem Haar. Ich zittere ein wenig.
    »Ich bin froh, dass du rauskommst. Das tut dir gut. Zwischen der Arbeit und deinem ganzen Gelaufe wirst du noch wie Lola aus Lola rennt . Hast du den Film mal gesehen? Ein deutscher Thriller. Dieses Mädchen, schlank, rotwangig, irgendwie durch den Wind, rennt überallhin. Nein, Moment mal, du bist längst wie sie.«
    »Halt die Klappe.« Ich lache, schau mich im Zimmer um nach meinem Portemonnaie. Ich werde mir mehr Geld von meinem Dad nehmen müssen. Lucy hat mich noch nicht bezahlt.
    »Bist du heute schon gelaufen?«, neckt er. Das Lächeln ist jetzt wieder in seiner Stimme.
    »Selbstverständlich. Du solltest es mal versuchen. Es könnte dir guttun.«
    Das ist schon draußen, bevor ich es zurückhalten kann.
    Ihn bringt das nicht aus dem Takt. »Das wäre dann eher Cal fällt .«
    Ich sterbe tausend Tode. »Oh Gott, ich hab nicht nachgedacht …«
    Er lässt mich vom Haken, lacht. »Ich mach Fitnesstraining«, sagt er.
    Mary steckt den Kopf rein. »Letzte Chance, Wren. Wir müssen los.«
    Cal hört sie. »Du musst los, ich wünsch dir einen schönen Tag. Und tu mir einen Gefallen, Lola … hör nicht plötzlich wieder auf zu reden.«
    Ich lege auf. Versuche, meine Gedanken zusammenzukriegen. Mein Gesicht glüht. Ich hab gerade mit einem Typen gesprochen, der mich mag. Einem, den ich mag. Ich gehe mit Mary shoppen. Seht doch. Ich bin ein normaler Mensch.

Ein bisschen so wie wegfliegen
    Mary fährt noch einen Umweg über Mercy House, damit sie sich eine andere Tasche und noch ein paar Socken holen kann. Es ist ein altes Holzhaus an einem Feldweg gleich vor der Stadt. Auf der verwitterten Tafel über der Tür steht MERCY CONVENT und gleich darunter ist ein moderneres Schild mit der Aufschrift MERCY HOUSE angebracht. Sie zieht einen

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