Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
Vom Netzwerk:
Merediths Strandhaus. Ein ganzer Haufen Leute. Patrick, mein Freund … ich hab mit ihm Schluss gemacht.«
    Aber da war noch was.
    Wieder ein tiefer Atemzug.
    »Wir hatten die Sache absichtlich klein gehalten und nur die Leute eingeladen, mit denen wir das Wochenende verbringen wollten, weißt du …« Ich lache verbittert, als mir wieder einfällt, wie blöde und berechnend ich war. »Ich hatte meine Kamera mitgenommen, meinen Badeanzug, Musik.« Ich kneife die Augen ganz fest zu und kann mich sehen, wie ich damals war, so dieses dumme Mädchen. Ich glaube, ich hatte vor, das Wochenende in Bildern festzuhalten, als allgemeinen Schwanengesang oder so was. Als ob alles genau nach meinen Wünschen ablaufen würde. Ich würde mit Patrick Schluss machen, und wir wären trotzdem alle noch so eng befreundet wie immer und würden Spaß haben, ein letztes Mal. Als ob das Leben tatsächlich das machen würde, was man wollte. Ich war fertig mit meinen Projekten für den Schulabschluss …«
    Ich schlucke und einen Moment lang kann ich nicht reden – ein großes, nach allem schnappendes Schweigen stürzt sich auf mich wie eine Eule auf Jagd.
    Da ist er, in meiner Tasche, so deutlich, als hätte ich ein Foto davon gemacht, dieser kleine weiße Test, den ich gut weggesteckt hatte.
    Cal macht den Mund auf, aber ich schüttele den Kopf. Ich muss das sagen.
    »Am Ende wurde es doch zu voll. Ziemlich wild. Schuljahrsabschlusszeugs eben. Ein paar Leute, die wir kannten, waren auch da unten am Strand in einem Haus. Mit denen machten wir ein riesiges Lagerfeuer. Ein Typ, den Meredith gut fand, brachte eine Gitarre mit. Wir haben alle getrunken.«
    Ich kann Cal nicht anschauen. Ich weiß, was ich sehen werde. Den selben Blick, den meine Mutter trug, als ich im Krankenhaus aufwachte.
    »Ich weiß, ich hab uns nicht …« Es bleibt mir im Hals stecken.
    Da bin ich, in neuen Shorts, die kühle Kante der riesigen Wanne im Bad von Merediths Eltern drückt sich hinten in meine Schenkel, während ich dasitze und den kleinen weißen Stab umklammere.
    Ich zwinge mich wieder dahin zurück, versuche, mit dem Weinen aufzuhören. Ich mach diesen ganzen Abend kaputt, aber ich muss es laut sagen.
    »Ich weiß, ich hab nicht … also, der vernünftige Teil von mir weiß es …«
    Aber da ist es wieder, die Sache, vor der ich immer wieder weglaufe. So, wie der zweite pinke Streifen auftaucht, zuerst langsam, dann schnell … stichhaltig. Komplexe mathematische Operation, eine Addition, eine Division. Eins, dann zwei. Meine Verdopplung, die mich von meinem Leben abspaltet.
    »Ich hab uns getötet …« Ich ersticke an den Worten.
    Er will mich unterbrechen, mich stoppen, mich zum Schweigen bringen, aber ich schüttele den Kopf, schüttele ihn ab. »Cal, ich war schwanger.«
    Jetzt muss ich ihn anschauen. Ich sehe, wie seine Augen groß werden vor Überraschung. Mich wahrnehmen, sehen, wer ich wirklich bin.
    »Es war so unwirklich, ich hab es niemandem erzählt. Meredith … es war so ein blöder Fehler«, sage ich. »Ich wusste doch Bescheid. Ich war drüber. Ich bin nie drüber.«
    Mehr kann ich nicht sagen, ich weine zu sehr. Genau das Richtige, um einen schönen Abend zu verderben. Wenigstens in dem Punkt kann man sich auf mich verlassen. Cal hält mich fest an sich gedrückt. Bis ich wieder normal atmen kann.
    »Ich hab Panik gekriegt. Patrick die Schuld gegeben. Denn ich wollte, dass Schluss war mit uns, ich hatte die Pille abgesetzt, aber dann … er … wir …« Mit dem Ärmel wische ich mir übers Gesicht. »Als ich diesen zweiten Streifen gesehen habe, hatte ich das Gefühl, alles, was ich wollte, würde den Bach runtergehen. Amherst, der Neuanfang, ich war so dicht dran, ich war fast raus da.« Meine Zähne klappern, als würde ich frieren oder so. »Weg von meiner Muter, von Patrick und dem Bild, das alle von uns hatten, sogar weg von Meredith, von all unseren Gewohnheiten. Plötzlich schien mir Schlussmachen das Wichtigste auf der Welt zu sein. Ich musste es tun.«
    Cal stützt sich auf den Ellenbogen. Ich verstecke das Gesicht in den Händen.
    »Cal, ich hab das alles weggewünscht …« Meine Nase läuft jetzt, Tränen rinnen über meinen Hals, in meine Ohren. »Und es ist geschehen! Ich hab alles verloren.«
    Er zieht meine Hände von den Augen weg und küsst die Handflächen. Hält mich, sagt nichts. Lässt mich weinen. Aber die Worte sind mein Untergang. Ich stell mir vor, dass ich zu einem Nichts schrumpfe. Das Reden wird

Weitere Kostenlose Bücher