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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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nicht in ihrem Sinne, dass ich meine Zeit so verbringe.
    Ich lümmele mich in den Sessel und presse die Finger gegen die Augäpfel.
    »Gestern hab ich zufällig Ms Gaffin getroffen«, sagt sie forsch, auf zum nächsten Thema.
    Ms Gaffin. Blys Rektorin und meine frühere Tutorin. Das Herz hängt in meiner Brust, erstarrt.
    »Sie hat nach dir gefragt. Ich hab ihr gesagt, dass es dir gut geht, dass du jetzt da oben wohnst, bei all diesen Künstlern.« Ihr leichtes Lachen kommt eher wie ein gequältes kleines Keuchen rüber. »Sie sagt, Emma macht Fortschritte, sie spielt Basketball und blüht auf in der Zehnten. Ich dachte, das würdest du gern hören. Ich weiß, dass du sie auch sehr gerngehabt hast.«
    Nun will ich auflegen.
    Ich gehe wieder rüber zur Couch. Kauere mich ans Ende, gebe alle murmelnden Geräusche der Zustimmung von mir, die meine Mutter von mir zu hören erwartet, flüstere, dass ich jetzt Essen machen werde, und lasse das Telefon auf den Boden fallen.
    Ich halte fest an der Erinnerung der absoluten Ruhe, die ich in mir geschaffen hatte, ehe Cal des Weges kam. Schaue ihn wieder an, so lang ausgestreckt und wunderbar neben mir, schließe die Augen. Zwischen mir und der Welt ist so wenig.
    Als er aufwacht, sieht Cal mich eine Weile an, dann fragt er mich, wo ich bin. Wo ich hingegangen bin. Ich bin doch hier , lüge ich. Er zieht mich an sich.
    Später, zu Hause, kann ich nicht schlafen, mich nicht im Schlaf halten. Mitten in der Nacht reiße ich die Augen auf, immer wegen desselben Traumes, der eigentlich fast kein Traum ist, eher ein Gedanke, so klar und real, dass er mich weckt. Das Auto rollt nicht mehr weiter. Obwohl ich den Kopf nicht drehen kann, weiß ich, dass Patrick tot ist. Ein Gefühl des Alleinseins. Er ist nicht, wo er sein sollte. Irgendwie kann ich sein Gesicht sehen, aber er ist nicht mehr darin anwesend. Es ist nur sein Gesicht. Weniger als das. Weniger sogar als das Bild von einem Gesicht. Ohne Leben, das ist das Seltsamste, das ich je gesehen habe. Ich kann den Blick nicht von ihm losreißen. Alle Wut ist verschwunden. Alles. Er sieht leer aus. Ich kann nicht fassen, wie schnell es gegangen ist. Dann breitet sich Wärme zwischen meinen Beinen aus, Blut kriecht in meinen Shorts hoch, tränkt den Saum meines Tanktops. Ich glaube, da merke ich, dass wir auf dem Kopf stehen. Ich bin sehr ruhig. Es ist so still. Überall zwischen uns sind Airbags.
    Es ist die Stille, die mich weckt, nach all dem Krach, zerbeulendes Metall, splitterndes Glas, Mahlen, Knirschen – sie kommt so plötzlich, die Stille, wie das Zuschlagen einer Tür, der Luftzug, der zwischen Tür und Zarge hervorstößt.
    Das passiert jetzt jede Nacht. Ich setze mich auf, mit klopfendem Herzen, schwitzend. Mir ist schlecht davon. Wir werden immer zusammenbleiben, Patrick und ich. Nur schlimmer. Denn eigentlich sind es nur ich und ich. Patrick ist nichts. Nur Worte. Bilder. Darauf lässt es sich reduzieren. Ich bin mir selbst überlassen. Unsere wütenden Worte hängen in der Luft wie Spinnweben zwischen Geäst, unsichtbar, bis sie im Gesicht kleben bleiben.
    Ich denke an den Ozean, große, alles auslöschende Wellen.
    Dann nehme ich eine Schlaftablette.

Guten Morgen, Sonnenschein
    Nach einer weiteren solchen Nacht stolpere ich aus meinem Zimmer und stoße auf Nick, der an unserem Tisch sitzt und die Sonntagsausgabe der New York Times liest, mit Beilagen und allem. Wo hat er die her? Er trinkt was, das riecht wie der absolute Hammer-Kaffee.
    »Morgen, Sonnenschein«, sagt er zu mir, ohne aufzuschauen. Als ob das Routine wär bei uns. Als ob er da an meinem Tisch sitzen, Zeitung lesen und meinen Kaffee trinken sollte.
    Er sieht aus, als würde er gerade vom Yoga kommen oder aus dem Fitnesscenter. Gesunde Gesichtsfarbe. Aus irgendeinem Grund versaut mir das die Laune. Seit der Swap Night bin ich ihm aus dem Weg gegangen, hab kaum mehr als zwei Worte gesagt. Mein Dad scheint froh zu sein, ihn hierzuhaben, aber heute, an diesem Morgen, hasse ich ihn. Einfach so. Er ist nicht Mary. Er ist in meinem Haus, stiehlt meine Stille. Wahrscheinlich steht er leidenschaftlich gern früh auf.
    Ich wehre mich dagegen, mir ins Haar zu fassen, und mache eine schnelle mentale Bestandsaufnahme. Flannellschlafanzughosen. Okay. Sweatshirt. Okay. Nicht das übliche T-Shirt mit Unterhose, Gott sei Dank. Ich geh zum Kaffee. Lässig. Der soll nicht denken, er sei eine Überraschung … oder interessant. Die Genugtuung werde ich ihm nicht bereiten. Das

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