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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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das denn nicht gesagt?« So langsam komme ich mir albern vor, ich finde sogar selber, dass meine Worte abscheulich naiv klingen, blind, ahnungslos.
    »Du hattest ziemlich viel … mit dir selbst zu tun, nehme ich an. Vielleicht dachte er, er müsse das nicht verkünden, weil es einfach offensichtlich ist.« Sie zuckt die Achseln.
    Bevor sie an ihrem Kaffee nippt, pustet sie drauf. Michael beobachtet sie fasziniert, als würde ihn diese Geste völlig fertigmachen. Das Licht fällt auf ihre silbrigen Fingernägel.
    »Ich glaube aber, dein Dad mag es lieber locker«, sagt sie mit einem Lächeln.
    »Zu viel Info.« Ich greife nach meinem Kaffee, verbrenne mir die Zunge.
    »Zara hat mir erzählt, er kommt zu ihr, aber sie übernachtet nicht hier.«
    »Bäh«, stöhne ich. »Danke für das Bild, das du mir in den Kopf gesetzt hast.«
    Cal lacht. Greift an mir vorbei nach einem Topflappen.
    »Schöne Doppelmoral«, sagt er. »Du willst, dass er das mit uns okay findet, aber selber darf er nichts laufen haben?«
    Er lässt den Pfannenheber unter das perfekte Rund aus Ei gleiten und faltet es in der Mitte. Käsestückchen spritzen und zischen.
    »Perfekt«, sagt Michael und beäugt das Meisterstück. »Ladys, die Teller bitte? Wir essen gleich.«
    »Weiß nicht«, sage ich und ziehe mich ein wenig zurück aus der heißen Zone. »Ich glaub, ich hab das nur nie mit meinen Eltern in Verbindung gebracht.«
    Mir kommt der Gedanke, dass ich vielleicht recht damit hatte, warum meine Mutter Weihnachten nicht gekommen ist. Sie hat jemanden kennengelernt. Das muss es sein. Warum auch nicht. Vielleicht war ich ja länger, als ich dachte, blind für das Leben aller anderen. Ganz kurz schließe ich die Augen und stelle mir einen Mann für sie vor. Nein. Sie hat niemanden. Kann nicht sein. Wenn da jemand wäre, hätte sie nicht so viel Zeit, sich über mein Leben Sorgen zu machen.
    »Ich wüsste zu gern, was du denkst«, sagt Mary.
    »Nicht viel.«
    Ich hole den Bacon vom Grill und versuche, das Fett mit Papierhandtüchern aufzusaugen, riskiere einen Seitenblick auf Cal. Blass. Er lehnt sich an die Arbeitsfläche, während er sich um die Eier kümmert. Dunkle Ringe unter den Augen. Ich halte die Klappe. Ich hab letzte Nacht meine Lektion gelernt. Trotzdem möchte ich ihn am liebsten wieder zurück ins Bett zerren. Ein fauler Tag, an dem wir zusammen rumliegen, wäre ganz in meinem Sinne.
    »Zara? Welche ist das?«, fragt Michael, der mich dabei beobachtet, wie ich Cal beobachte. Er klaut sich ein Stück Bacon. Mary gibt ihm einen Klaps auf die Hand.
    »Die in dem skulptural anmutenden Kleid mit den vielen kleinen Monden aus Metall«, sage ich. »So Mitte vierzig vielleicht, ich weiß das nicht genau. Die mit Theo und Marta rumgegangen ist.«
    Jetzt, wo ich drüber nachdenke, hab ich sie gestern Abend häufig zusammen gesehen. Meinen Dad und Zara. Nachdem Dad Mary überall vorgestellt hatte, hat er mit Zara die Runde gemacht. Und er hatte glücklich ausgesehen, so glücklich wie nie, seit ich hier bin. Schon wieder ist mir zum Kotzen. Ich hab das alles hier nicht verdient, all diese Aufmerksamkeit, von jedem. Sie machen sich Sorgen. Meine blöden Probleme ziehen meinen Dad von diesem … seinem Leben hier ab.
    »Ach ja, was war los mit diesem Kleid?« Michael lacht. »So viele Metallzacken. Sah scharf aus.«
    »Mir hat es gefallen«, sage ich. Es erstaunt mich ein bisschen, dass ich das Gefühl habe, für Zara in die Bresche springen zu müssen. »Es hat so ein leises Klingeln von sich gegeben, wenn sie sich bewegt hat.«
    »Ich mochte es auch.« Mary unterstützt mich energisch. »Sie hat das Kleid selbst gemacht, und nur die Mondsicheln waren scharf, von denen hat sie aber nur ein paar dran genäht. Ich verehre Zara. Und John natürlich. Sie sind sich so ähnlich«, sagt sie mit einem romantischen Gesichtsausdruck. »Sie könnten füreinander geschaffen sein.« Sie wirft Michael einen Blick zu, ein herausforderndes Lächeln, dann schaut sie mich wieder an. »Verstehst du?«
    Michael schüttelt den Kopf. »Wie kannst du ihn verehren, nachdem er so was zu dir gesagt hat.«
    Mary sieht ihn eine Zeit lang an, ihr Gesicht wird etwas länger.
    »Ja, das war hart. Aber er wollte nicht gemein sein. So redet er, er spricht aus, was er denkt. Und wahrscheinlich hat er recht.«
    »Und was sagst du dazu, Wren?« Michael richtet den Blick auf mich. »Hast du deinem Dad diesen Spruch abgekauft? Hältst du es auch für einen Fehler, sich um andere Leute

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