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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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Haus ist nervtötend hell, so als wäre es auf seiner Seite.
    »Was machst du hier?« Manieren. Meine Mutter wär ja so stolz.
    »Heizung im Atelier geht nicht.« Katzengrüne Augen werden auf mich gerichtet, mit einem leichten Grinsen, als ob er mich bei was ertappt hätte. Seit seinem ersten Abend hier richtet er diesen Blick auf mich. Als ob er glauben würde, wir könnten Freunde werden, wenn er ein paar Fragen zum Kennenlernen stellt.
    »Und wo ist mein Dad?«, frage ich. Weit kann er ja nicht sein.
    »Er hat mir gesagt, ich soll hier warten, bis er zurückkommt.«
    »Zurück …?«, sage ich in meinem besten verärgerten Ton. Mein Kopf dröhnt von der Schlaftablette.
    »Er musste in die Stadt fahren und jemanden holen, der ihm hilft, die Heizungsanlage wieder flottzumachen oder so.«
    Das erklärt nicht, warum er an meinem Tisch sitzt. Ich starre ihn an.
    Er schaut auf, sieht mir an, was ich davon halte, und zuckt die Achseln mit einer vagen Handbewegung Richtung Tür.
    »Er hat mein Auto genommen. Der Truck wollte nicht anspringen.« Und er guckt wieder in die Zeitung.
    Der Truck. Scheiße. Ich klatsche mir die Hand an die Stirn. Das war mein Fehler. Ich hab gesehen, dass das Licht in der Fahrerkabine brannte, als ich gestern zum Laufen aufgebrochen bin. Hatte fest vor, es auszumachen, sobald ich zurück war. Das Resultat meiner Lethargie ist eine leere Batterie und Frühstück mit Nick. Perfekt.
    »Neuigkeiten aus der weiten Welt gefällig?«, fragt er und schiebt ein paar Teile der Zeitung in meine Richtung. Als wenn ich da neben ihm sitzen und die Morgenzeitung lesen wollte!
    »Wo hast du die New York Times her?« Ich drehe mich um, hole einen mehlig wirkenden Pfirsich aus der Obstschale und gieße mir eine Tasse Kaffee ein.
    Trauriges Frühstück, so ohne Mary.
    »Wird geliefert? Die lag auf der Stufe vor der Tür«, sagt er, als ob das doch wohl klar und ich irgendein Dorftrottel wäre. Ist es, bin ich.
    Ich bin nicht in Bestform. Wenn ich nicht bald zurück in die Stadt komme, werde ich mich in eine der Landpomeranzen verwandeln, die nicht viel sagen.
    Ich nehme meinen Kaffee und den Pfirsich und will wieder in mein Zimmer gehen.
    »Lass dich von mir nicht vertreiben.«
    Er rüttelt an dem Stuhl neben ihm. So was wie eine Herausforderung. Breites Grinsen.
    Wenn ich den Raum jetzt verlasse, hat er gewonnen. Schlimmer noch, ich hab mitgespielt. Ich bleib stehen und beiße von dem mehligen Pfirsich ab. Schaue ihn eine Weile an. Vernichtend. Er zuckt nicht mit der Wimper, hält meinem Blick stand.
    Ich zucke die Achseln. »Tust du nicht«, sag ich und geh raus.
    Schon jetzt ein Scheißtag. Nick, sowie ich die Augen aufhabe. Darüber werde ich mit meinem Dad reden müssen. Er kann ihn mir nicht einfach so an die Backe kleben. Den welken Pfirsich lasse ich auf dem Regal liegen, neben meinem Kaffee, und zieh mir die Laufklamotten von gestern an. Müffeln ein wenig. Pech für Nick, an dem ich vorbeigehe auf dem Weg nach draußen. So was hatte ich früher drauf. Die einfache Kunst, Kleidung sauber zu halten und wie ein Mädchen zu riechen. Muss die Abteilung Schmutzwäsche unbedingt wieder in den Griff kriegen.
    Ich rufe die Playlist für beinhartes Lauftraining auf und binde mir die Schuhe zu. Die Wälder warten. Ich puste das alles weg. Dieses Arschloch an meinem Tisch, die schlaflose Nacht, den zu hellen Tag. Ich kann dieses Gefühl verändern. Das will ich nämlich. Ich will es aus mir raushämmern, auf den Waldwegen.
    »Hey«, ruft er, als ich vorbeihusche und er mein Lauf-Outfit wahrnimmt. »Macht’s dir was aus, wenn ich mitkomme? Anscheinend ist dein Dad nicht so bald zurück. Ich hab nichts Besseres vor. Ein Winterlauf wär mir ganz recht.«
    »Ich …« Ich bleib stehen, um ihn anzustarren. Meint er das ernst? Nichts Besseres vor? Mir fehlen die Worte.
    »Meine Schuhe sind im Atelier«, sagt er. »Ich hol sie schnell, dann bin ich bereit.«
    Bereit. Typisch. Wie ein Handelsvertreter des Landes Bereit. Ich stoße einen genervten Seufzer aus.
    »Gut«, sage ich, so kalt wie möglich. Was soll ich denn sonst sagen? Nein, würde Meredith mir raten. Du könntest Nein sagen. Aber er arbeitet mit meinem Dad zusammen. Kann ich also nicht. Oder ich tu’s nicht. So ein Blödmann, denke ich. Ein Mantra. Er ist ein Blödmann. Er ist ein Blödmann. Gibt mir Kraft. Mary würde wahrscheinlich grinsen und mir sagen, dass ich es in eine Chance verwandeln soll. Eine Herausforderung für ein besseres Training. Ein

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