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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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verschwinden. Oder ich bin es.
    »Das willst du doch, oder?« Ohne ein Versprechen wird sie mich nicht gehen lassen.
    Ich will gar nichts.
    Das kann ich nicht sagen, aber wahr ist es. Will wirklich nichts. Ich will nichts fühlen, verletzt werden oder jemanden verletzen. Ich will Cals Gesicht nicht sehen, wenn er mich enttäuscht anguckt.
    »Wren?«
    »Ich bin hier.« Ich versuche, meine Augen wieder scharf zu stellen. »Ich rufe an. Morgen früh. Okay?«
    Ich bin ein Geist. Das ist ein Geisterversprechen.

Wessen Wälder
    Wir legen auf. Mary ist glücklich, denkt, sie hat die Ordnung wiederhergestellt in der magischen Welt, in der ich ihrer Vorstellung nach lebe, mich zur Lichtung zwischen den Bäumen geschubst.
    Mein Telefon klingelt wieder. Dad.
    Er hat den Truck gesehen, ist froh, dass ich wieder da bin. Ob’s mir gut geht? Ja. Im Atelier ist er fertig, aber er möchte mit zu Zara gehen. Ist das okay für mich? Ja, sage ich. Geh. Und brauche ich noch was, bevor er losfährt? Nein. Will ich drüber reden? Nein. Heute ist eine Sendung gekommen, liegt auf dem Tisch.
    Ich hebe den Kopf vom Boden, schaue rüber. Ein großer weißer Umschlag. Was hat meine Mutter jetzt wieder gemacht? Wahrscheinlich hat sie mich irgendwo fürs zweite Semester eingeschrieben.
    Ich will auflegen. Ich bin so müde.
    Stattdessen sage ich, mir geht’s gut, Dad, ist prima gelaufen. Alles toll. Geh nur, geh. Ich verspreche, früh zu Bett zu gehen. Bald. Jetzt gleich sogar. Ich werde mich ordentlich ausschlafen. Dann bis morgen früh!
    Alle wissen, was ich tun sollte.
    Wenn es ich es doch auch wüsste.
    Ich schnappe mir den Umschlag vom Tisch. Die Galerie meines Dads in der Stadt hat ihn weitergeleitet. Kein Absender. Also nicht von meiner Mutter. Ich schiebe den Finger unter die Lasche, ziehe einen Stapel Papier raus. Nur ist es kein Papier. Es sind Fotos. Große. Ein körniges, schwarz-weißes von Patrick und mir am Strand vor Merediths Haus, nicht weit vom Lagerfeuer. Sein Gesicht, so offen, lächelnd. Patrick mit Emma auf den Schultern auf der Fähre nach Staten Island. Das hab ich gemacht. Emma und ich auf der Vortreppe von meinem Haus. Ich lasse die Bilder auf den Tisch fallen. Sinke in einen Sessel.
    Ein kleiner Zettel in Emmas runder Handschrift klebt oben auf dem letzten Foto.
    Ich wünschte, wir wären uns nie begegnet.
    Sie hat nicht unterschrieben.
    Das hat sie versucht, mir zu mailen.
    Ich weiche zurück vom Tisch, von den Fotos, nehme den Kopf zwischen die Hände.
    Ich steh auf. Geh zu Bett. Meine Glieder sind seltsam schwer, ich hab das Gefühl, ich könnte ohnmächtig werden, fehlt nicht viel. Aber sobald ich die Augen schließe, geht es los. Ein Summen in mir. Emma hat recht, mich zu hassen. Ich war dumm und gedankenlos. Immerzu sehe ich ihren Zettel vor mir, wiederhole den Satz. Die Fotos. Dann Patricks Gesicht, leer, neben mir im Auto.
    Ich setze mich auf. Knipse das Licht wieder an. Versuche zu lesen. Stromverschwendung. Die Worte auf der Seite sind bei Weitem nicht so gewaltig, dass sie das Schreien in meinem Kopf, übertönen können. Ich knipse das Licht aus und schaue die Sterne an. Wenn ich doch näher dran wäre. Ich stehe auf und schiebe mein Bett ans Fenster. Wegen der Aussicht.
    Am Ende nehme ich eine Tablette. Dann warte ich, zappele herum. Heiß. Kalt. Heiß. Kalt. Zum ersten Mal überhaupt wirkt es nicht. Ich steig aus dem Bett. Es ist zu hart. Oder zu weich. Ich bin mal hier mal da. Mein Magen knurrt, ich weiß nicht mehr, wann ich was gegessen habe. Ich hol mir einen Apfel. Ein Marmeladenbrot. Ganz Rotkäppchen. Bin eine Märchengestalt im grimmigen Wald. Fehlt nur der rote Umhang und ein Korb mit kariertem Tuch. Und der Wolf.
    Ich tigere durchs Haus.
    Irgendwas erhebt sich in mir. Etwas wie Aufregung, was in der Art, nur Furcht einflößend. Ich fürchte mich. Was immer das ist, es könnte mich in seine Gewalt bekommen und ich würde nie wieder zurückfinden. In meinem Kopf ist es laut. Ein Chor der Enttäuschung. Emma. Patrick. Meine Mutter. Dad. Meredith. Mary. Michael. Cal.
    Cal.
    Seine Augen neulich Nacht. Der verkniffene Mund, als er mich abgesetzt hat. Ich krieg’s nicht hin, mit niemandem.
    Ich versuche wieder zu schlafen. Nach einer endlosen Stunde halte ich es nicht länger aus. Das Wachsein. Ich wälze mich aus dem Bett, gehe ins Bad, schüttele mir noch eine Tablette in die Hand. Dann noch ein paar mehr, das ganze Glas. Ich schau auf mein Bild im Spiegel. Wellig sehe ich aus, wild. Was mache ich

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