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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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Augen nicht offen halten.
    »Ich hab ihm gesagt, dass ich sicher bin, dass da nichts ist«, fährt sie fort. Sie will alles wiedergutmachen. »Aber Michael sorgt sich um Cal. Ist allerdings nicht deine Aufgabe …«
    Ich falle ihr ins Wort. »Genau deshalb wollte ich mich nicht auf jemanden einlassen.«
    Ich lasse den Hinterkopf dumpf auf den Boden schlagen. Bong, bong, bong. Fühlt sich gut an. Irgendwie beruhigend.
    »Was ist vorgefallen? Zwischen dir und Nick?«, fragt sie.
    »Nichts!« Ich bin entnervt. »Der Typ ist ein Blödmann. Tut mir leid, ich weiß ja, dass du ihn nett findest und ihn und seine Freunde kennst, aber er nervt, mich jedenfalls.«
    »Du hast also nichts für ihn übrig?«
    »Nein. Die Heizung im Atelier war ausgefallen, und er ist in unsrem Haus aufgetaucht und hat gewartet, während mein Dad unterwegs war und ein Ersatzteil geholt hat. Ich wollte gerade laufen und er ist mir gefolgt. Unaufgefordert.«
    Bong, bong, bong.
    »Wusste ich doch, dass es was Blödes in der Art sein musste«, sagt sie glücklich, sie klingt erleichtert. Alles ist in Ordnung in ihrer Welt.
    »So eine Frau aus der Stadt hat uns gesehen und es vor Cal erwähnt. Er ist ausgeflippt. Seitdem hab ich nichts mehr von ihm gehört. Ende der Geschichte.«
    »Ich hab Michael gesagt, dass er da was missverstanden haben muss – es lief doch so gut mit dir und Cal. Du bist wieder zum Leben erwacht mit ihm.« Sie schnappt nach Luft. »So hab ich das nicht gemeint, nur, dass du mit ihm zusammen allem Anschein nach glücklicher warst.«
    Sie hat recht. War ich. Und ich hab es kaputtgemacht.
    »Nun, das spielt keine Rolle, denn es ist vorbei. Cal hat mich praktisch aus dem Auto geschubst, als er mich an dem bewussten Abend nach Haus gebracht hat. Konnte gar nicht schnell genug weg.«
    »Wahrscheinlich war er nur verwirrt. So schlimm ist es bestimmt nicht, da bin ich mir sicher«, sagt sie.
    »Nein, ich hab’s vergeigt.« Ich drücke die Fußsohle gegen das große Fenster. Es ist eiskalt. Tut beinahe weh. Das gefällt mir. »Ich weiß nicht, warum ich es ihm nicht einfach erzählt hab. Ich hab nicht überlegt. Ich dachte, er würde sich nur schlecht fühlen.«
    »Ruf ihn einfach an«, sagt sie. Als ob das so einfach wäre.
    »Nein.« Bong, bong. »Kann ich nicht. Wahrscheinlich ist er ohnehin erleichtert, mich los zu sein. Ich werd nicht damit fertig, wenn ich ihn das sagen höre.«
    »Gott, bist du vernagelt. Siehst du denn nicht, wie er dich anguckt?« Sie stößt einen kleinen Seufzer aus.
    Die Stelle an meinem Hinterkopf fängt an wehzutun. Ich wälze mich auf die Seite. Presse die Wange auf den kühlen Boden.
    »Und … du und Michael?« Ich bin Meister im Ablenken.
    »Er ist zwei Tage geblieben, als wir zurückgefahren sind. Ich fahre nächstes Wochenende runter und besuche ihn an der Johns Hopkins!«
    Ihre Stimme ist wie ein Lied. Wenigstens eine, die glücklich ist. Ich presse die Fußsohle wieder an die Fensterscheibe. Fühlt sich gut an, gegen etwas Festes zu drücken.
    »Dein jüngerer Mann«, necke ich sie.
    »Ach, für mich ist der reif genug«, sagt sie.
    Zweifellos. Er ist so reif, dass er zu wissen glaubt, was das Beste für seinen großen Bruder ist, so viel ist sicher. Wahnsinnswachhund, dieser Michael. Ich seufze. Mich hat er goldrichtig eingeschätzt.
    »Er glaubt, dass ich schlecht für Cal bin«, sage ich.
    »Nein …«, doch ihr ist nicht wohl dabei. Wir wissen beide, dass ich recht habe. »Er macht sich nur Sorgen um ihn. Ich glaube, es war schlimm letztes Jahr, als Susanna gegangen ist. Er meint, Cal hat sich an … all das noch nicht gewöhnt.«
    »Zwei kaputte Leute.«
    »Du bist nicht kaputt«, sagt sie, nun wieder strahlend. »Das denkst du nur.«
    »Ich wünschte, du wärst noch hier. Ich würde mir von dir die Haare machen lassen.«
    Sie lacht. »Ich wünschte das auch. Es läuft gut in der Schule, ist auch toll, wieder zurück zu sein, aber ihr lebt da oben in einer faszinierenden Anderswelt. Manchmal hab ich das Gefühl, ich hab das geträumt.«
    »Es träumt mich.«
    Ich weiß nicht genau, was ich damit meine. Aber es fühlt sich richtig an. Als ob sich was rührt, auf mich wartet, mich zurückzieht.
    »Ruf ihn an, Wren«, sagt sie.
    Ich versinke in diesem Gefühl. Marys Stimme klingt, als würde sie über Drähte aus der Ferne kommen. Ein altmodisches Ferngespräch, krächzig, schwach, Knistern in der Leitung.
    »Ruf ihn an«, wiederholt sie. »Okay?«
    Sie klingt klein, blechern, kurz davor, zu

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