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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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um. »Über Nacht wegzubleiben war ein Fehler, das gebe ich zu, aber diese Geschichte hat nicht hier oben angefangen. Unter meiner Aufsicht.«
    Sonne auf dem Gesicht. Ich will die Augen nicht aufmachen. Dann eine warme Hand auf meinem Arm … sie drückt mich. Eine Manschette zum Blutdruckmessen. Scheiße. Jetzt weiß ich, wo ich bin. Aus dieser Sache komm ich nie wieder raus. Nicht noch mal. Nicht so wie vorher.
    Ich versuche, mich wieder in den Schlaf sinken lassen. Was auch immer da draußen ist, kann warten. Aber der Schlaf will mich nicht. Irgendwann muss ich die Augen aufmachen. Ob man wohl elektiv blind werden kann? Vermutlich nicht.
    Es ist hell.
    Mein Dad sitzt am Bett. Mit dem Rücken zu mir schaut er aus einem kleinen Fenster. Blaugrüne Fensterläden, eine breite Blumenbordüre darüber. Die Sonne fällt hindurch. Ein Zimmer in einem Kleinstadtkrankenhaus.
    Die Schwester fängt meinen Blick auf und zwinkert. Sie guckt mich an, als ob sie wüsste, dass ich Zeit brauche, um zu mir zu kommen. Sagt nichts, bleibt aber in der Nähe, am Kopfende vom Bett. Ich liege unter hundert Wolldecken, jedenfalls fühlt sich das so an. Und mir ist immer noch kalt. Ein Schmerz. Ganz tief. Aber es ist Morgen. Und ich bin hier.
    Ich ziehe eine Hand raus und halte mir die Augen zu.
    »John.« Die Stimme der Schwester ist nett. »Sie ist wach.«
    Mein Dad wirbelt zu mir herum, sagt: »Sie ist wach. Ich ruf dich später an.« Mit zusammengekniffenen Augen mustert er sein Telefon, beendet das Gespräch und steckt es in die Tasche.
    »Mein Herz, du warst ganz schön kalt.«
    Er fängt an zu weinen. Das ist das Schlimmste. Seinen Vater weinen zu sehen.
    Ich bemerke den Zugang für den Tropf, der mit Tape auf meinem Handrücken befestigt ist. Gerate ein bisschen in Panik. Schau die Schwester an. Ich will ihn rausreißen. Was geben die mir? Meine andere Hand schwebt darüber, nervös. Die Schwester macht einen Schritt auf mich zu, legt eine ruhige Handfläche auf meine Stirn, sieht mir in die Augen.
    »Mach dir deswegen keine Sorgen, Süße. Das ist nur warme Kochsalzlösung. Du brauchtest letzte Nacht ein wenig Unterstützung. Wir nehmen das bald raus.«
    Sie tätschelt mir den Arm und guckt mich so lieb an, dass ich anfange zu weinen.
    »Ich lasse euch beide mal reden.«
    Dad fällt schwer auf den Stuhl an meinem Bett.
    »Wren, was ist passiert?«
    Er zieht Papiertücher für uns beide aus der Box über meinem Kopf, putzt sich die Nase, ein dröhnendes Trompeten.
    Als ich klein war, hab ich dabei immer einen Schreck gekriegt.
    »Was hast du da draußen eigentlich gemacht?«
    Ich höre auf zu weinen. Ich werde mich nie erklären k önnen. Er guckt mich an, als ob ich nicht diejenige wär e, für die er mich gehalten hat. Das ist das Schlimmste.
    »Cal sagt, du bist auf dem Highway gelaufen, als er dich gefunden hat. Mitten in der Nacht.«
    Die letzte Nacht scheint ein Leben zurückzuliegen. Alles ist verschwommen. Es ging mir echt schlecht. An so viel erinnere ich mich noch. Hab aus der eigenen Haut kriechen wollen.
    Er sinkt in sich zusammen. »Du bist wieder stumm.«
    »Nein.« Ich finde meine Stimme. »Dad, bin ich nicht. Es tut mir leid. Ich werde reden. Ich weiß nur nicht, was ich sagen soll.« Ich hole Luft. »Ich konnte nicht schlafen, konnte nicht aufhören nachzudenken. Das Päckchen von Patricks Schwester. Da waren Fotos drin …« Wieder fange ich an zu weinen. »Ich dachte, wenn ich laufe, geht es mir vielleicht besser.«
    »Ich hätte da sein sollen.« Er tätschelt mir die Hand, ein wenig zittrig, drückt sie, sieht so traurig aus.
    »Und das war auch so. Es hat geholfen.« Mir läuft die Nase.
    »Ich hab mich großartig gefühlt, ganz klar, so als würde ich schon wieder in Ordnung kommen, aber dann hatte ich mich so weit vom Haus entfernt. Keine Ahnung, ich hatte mich irgendwie verirrt. Ich hab den Highway gefunden und war auf dem Heimweg, als Cal und seine Freundin vorbeikamen.«
    Mein Magen dreht sich um. Susanna. Wie sie mich angeguckt hat, als wäre ich eine Wilde aus den Wäldern. Ein Kind. Ein verkorkstes, schmuddeliges Kind.
    »Tut mir leid, Wren«, sagt er und wischt mir mit dem Daumen die neuen Tränen aus dem Gesicht. »Das ist meine Schuld. Ich hab nicht gewusst, dass es dir so schlecht ging. Ich hab nicht nachgedacht, als ich mit zu Zara gegangen bin. Ich hätte wissen müssen, dass du in einem miesen Zustand von diesem Psychofritzen zurückkommen könntest.«
    Ich zerpflücke das aufgeweichte

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