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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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hörte ich Biddeford Poole sagen: »Hallo, Katherine!«

3

    Ich drehte mich um. Es war unmöglich! Unvorstellbar! Sinnlos! Aber 1 er stand wirklich oben auf der Treppe, die ins Wohnzimmer führte, 1 und lächelte zärtlich zu mir herab wie ein ältlicher, kultivierter Romeo I — nur, daß die Rollen in diesem Fall vertauscht waren. Einen Augen-1 blick lang war mir zumute, als ob eine Bombe unter mir explodiert 1 wäre.
    »Hallo, Katherine!« sagte er noch einmal.
    »Pogo!« Meine Kehle war wie zugedrückt.
    Leise sagte er: »Du hast mich erwartet?«
    »Nein.«
    »Nein?« sagte er lauter.
    »Ich meine, ja — wo zum Teufel, bis du hergekommen?«
    »Kenia.«
    »Kenia?« Kenia, flüsterte ich mir selbst zu, ich hätte es wissen können.
    »Es liegt in Afrika«, sagte er.
    »Ich weiß, wo Kenia liegt.«
    »Die meisten Leute wissen es nicht. Darf ich hinunterkommen?«
    »Ja.«
    Mit leichten Schritten, immer noch lächelnd, kam er die Treppe herunter. Ich war hilflos. Ich wollte mein Haar in Ordnung bringen, mir die Nase pudern, mein Kleid glatt und meine Strümpfe gerade ziehen, so daß ich ihm wenigstens mit einer Spur weiblicher Sicherheit entgegentreten konnte, brachte es aber nicht fertig, mich zu rühren.
    Er trat zu mir, immer noch mit diesem verdammten zärtlichen Lächeln auf den Lippen. Ich wünschte, er wäre mir zehn Schritt vom Leibe geblieben, aber er kam dicht heran, viel zu dicht. »Wie geht es dir, Kate?« sagte er und beugte sich zu mir, um mich zu küssen.
    Nein! hätte ich schreien mögen. Ich packte seine Hand, schüttelte sie und sagte: »Gut, Pogo. Gut.«
    Seine Augen leuchteten amüsiert. Er hatte erkannt, daß ich völlig durcheinander war. Ich brauchte Zeit, mich zu sammeln, um ihm unter gleichen Bedingungen gegenüberstehen zu können.
    Irgendwie änderte er den Griff unserer Hände, so daß er jetzt mich hielt, und sagte: »Leider konnte ich dir nicht mitteilen, daß ich käme. Ich hatte deine Adresse verlegt — und mußte sie erst hier im Flughafen heraussuchen.«
    »Oh?«
    »Euer Telegramm habe ich erst vorgestern bekommen.«
    »Ich habe dir schon vor Monaten einen Brief geschrieben.«
    »Ich habe ihn nie erhalten«, sagte er mit unschuldigem Gesicht.
    »Nein?«
    »Nein«, sagte er gelassen.
    Ich wußte, daß er log. Und er wußte, daß ich es wußte, aber es machte ihm nichts aus.
    »Jedenfalls bist du jetzt hier«, sagte ich.
    »Ja.« Er beobachtete mich belustigt, wie die Schlange eine Maus beobachtet, und wartete.
    »Hast du deine Frau mitgebracht?«
    »Meine Frau?«
    »Ich schrieb in meinem Brief, daß wir uns freuen würden, wenn sie mitkäme.«
    Heiter sagte er: »Ich habe keine Frau, Kate.«
    »Oh — wieder nicht?«
    »Wieder nicht!«
    »Geschieden — nehme ich an —, nicht tot.«
    »Geschieden«, sagte er und schüttelte den Kopf.
    »Und jetzt sind es — wie viele?«
    »Drei — dich mitgerechnet.«
    »Ja«, sagte ich. »Ich glaube, du mußt mich mitrechnen.«
    »Ich bestehe darauf, dich mitzurechnen«, sagte er. Seine Stimme klang gefühlvoll, und ich trat hastig zurück, um Zeit zu gewinnen.
    »Du siehst gut aus, Kate. Das muß ich sagen.«
    »Danke!«
    »Du hast dich nicht verändert.«
    Ich lachte auf. »Wirklich nicht?«
    »Nicht ein bißchen!« Er trat einen Schritt zurück und musterte mich von oben bis unten, ging dann ruhig im Kreis um mich herum, wie ein Arzt, der prüfen wollte, was er mir zum Abnehmen Vorschlägen sollte.
    »Nun?« sagte ich.
    »Sehr gut!«
    »Willst du auch meine Zähne sehen?« Ich zeigte sie ihm.
    »Ich bin sehr beeindruckt.«
    »Was hast du erwartet? Vorgeschrittene Verfettung?«
    »Du gehörst zu den glücklichen Menschen, die mit dem Älterwerden immer besser aussehen. Du bist... gereift.«
    »Von morgen an werde ich diät leben«, sagte ich und fragte dann, um auf ein vernünftigeres Thema zu kommen: »Wo wohnst du? Im Mark-Hotel oder...«
    »Hier.«
    »Hier?«
    »Euer Diener war so nett, mich unterzubringen. Ich wußte, daß es dir nicht recht wäre, wenn ich anderswo wohnte.«
    Meine Sicherheit war wieder dahin. Pogo, der Unerwartete, Pogo, der Unbesiegbare. Ich sagte: »Nein, natürlich wollen wir nicht, daß du anderswo bleibst...«
    »Schließlich bin ich der Brautvater.«
    »Ja. Natürlich. Aber...«. Plötzlich stieg mir das Blut in den Kopf; mir war, als ob ich ein rotes Warnungssignal sähe, und ich sagte: »Weshalb, zum Teufel, soll ich höflich sein?! Pogo — es wäre mir viel lieber, wenn du in ein Hotel gingest!«
    »Kate!«

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