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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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sein! Es bleibt bei meiner alten Bestellung! Ja. Ja... Gut! Danke!« Er legte den Hörer auf und sah mich ärgerlich an. »Das ist der tollste Blödsinn, den ich je gehört habe!«
    »Habe ich geträumt, oder hast du wirklich von fünfzehn Kisten Champagner zu hundertfünfzig Dollar die Kiste gesprochen?«
    »Rousseau sagt das. Er behauptet, ich hätte es bestellt, und er habe versucht, das Zeug aufzutreiben.« Er fing an, wie jeder Bankier, an den Fingern zu rechnen. »Fünfzehn Kisten zu hundertfünfzig Dollar jede — das macht tausendfünfhundert plus fünfmal hundertfünfzig — das macht — was zum Teufel kommt da raus?«
    »Zweitausendzweihundertundfünfzig«, sagte ich.
    »Ich bin auf dreitausendachthundertfünfundsiebzig gekommen.«
    »Nein, Liebster — du hast dich verrechnet.«
    »O. K., O. K.!« sagte er ärgerlich. »Aber kannst du dir das vorstellen?! Zwei und ein Viertel tausend für Champagner! Dollar! Wie zum Teufel kommt Rousseau auf solche verrückte Idee? Was glaubt er, wen wir eingeladen haben? Die Königin von England?«
    »Das klingt nach einer glänzenden Gesellschaft. Darf ich hereinkommen?« sagte mein Vater.
    Er hat einen Hausschlüssel und kann kommen und gehen, wie er Lust hat. Ich sprang auf, um ihn zu begrüßen.
    Er lächelte in seiner lieben, patriarchalischen Art und gab mir einen Kuß auf die Wange. »Hallo, Tochter!«
    Jim vergaß seine schlechte Laune und streckte die Hand aus. »Der Einsiedler von Monterey! Willkommen in der Stadt!«
    Mein Vater ist in den Siebzigern — ein jugendlicher Mann. Sein Haar ist weiß, seine Wangen sind rot, seine Augen sehr blau, und manchmal wird er noch von den Seltsamkeiten der menschlichen Natur belästigt. Er zieht sich nach eignem Geschmack an; meist trägt er einen weißen Leinenanzug mit einer dünnen Schleife. Den heutigen Stil verabscheut er, was ich ihm nicht verdenken kann. Leidenschaftlich liebt er seinen Hut, einen riesigen weißen Stetson, und damit geht er nach meiner Ansicht ein bißchen zu weit. Er hat die Würde eines Patriarchen und ein patriarchalisches Augenzwinkern für hübsche Frauen. Ich liebe ihn sehr, wenn das auch ein bißchen altmodisch ist.
    Ich sagte: »Wir hatten dich erst später erwartet.«
    »Ich bekam plötzlich Sehnsucht nach den Fleischtöpfen hier«, sagte er. »Ist meine Enkelin zufällig hier?«
    Ich rief: »Jessica! Jessica!« und fragte: »Wo sind deine Koffer, Vater?«
    »Im Klub.«
    »Aber willst du denn nicht bei uns wohnen?«
    »Nein.«
    »Wir haben so viele Gastzimmer...«
    Er schüttelte den Kopf. »Du könntest wissen, daß ich nichts mehr als ein Gastzimmer verabscheue. Ich bleibe lieber im Bohème-Klub.«
    Jessica kam hereingerannt. »Hast du mich gerufen, Mutter?« Dann sah sie ihn und flog auf ihn zu. »Oh!« rief sie. »Was für eine Überraschung!«
    Sie waren immer lächerlich zärtlich zueinander.
    »Hallo!« sagte mein Vater.
    »Hallo!« sagte sie. »Endlich bist du da! Ich bin sehr froh darüber! Ich habe auf dich gewartet!«
    »Und ich auf dich. Die Wellen schlagen wütend auf die Felsen von Monterey, und die Möwen klagen, weil du so lange nicht da warst.«
    Sie lachte und plauderte zärtlich mit ihm. Jim brachte Cocktails, und Jessica rief plötzlich: »Großvater!«
    »Ja, Kind?«
    »Es muß von dir sein!«
    »Was muß von mir sein?«
    »Das geheimnisvolle Geschenk.« Sie wies auf das Paket in der schmutzigen Leinwand.
    Er sah hinüber und sagte: »Nein. Was zum Kuckuck ist es denn?«
    Wir haben keine Ahnung. Ich dachte, es wäre ein exotischer Käse, aber Jim hält es für einen Gummibaum. Ist es wirklich nicht von dir?«
    »Wirklich nicht«, sagte mein Vater. »Aber es sieht sehr interessant aus. Warum machst du es nicht auf und siehst nach?«
    »Wollen wir, Jim?« fragte Jessica.
    »Sicher. Warum nicht?« Er grinste. »Ich sterbe fast vor Neugier.« Er knotete den Bindfaden auf, der das große Paket zusammenhielt.
    »Großvater — weißt du, was Jim mir zur Hochzeit geschenkt hat? Ein Nerz-Cape!«
    »Ha! Da werden sie in Paris staunen!«
    »Weißt du noch nicht...«, sagte Jessica, »wir fahren nicht nach Paris.« Sie sah nicht mehr so lustig wie bisher aus.
    »Weshalb denn nicht?«
    »Roger hat erfahren, daß es auf Hawaii eine große Viehversteigerung gibt und daß ein preisgekrönter Stier dabei ist, den er haben möchte. Darum...«, ziemlich lahm schloß sie, »darum haben wir uns entschlossen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.«
    Mein Vater musterte sie verstohlen.

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