In angenehmer Gesellschaft
lächelte. »Ich werde lieber gleich wieder zu ihm gehen. Roger kann jeden Augenblick hier sein.«
In der Küche war Toy eifrig dabei, ein Dinner-Jackett zu bügeln. Er summte eins seiner seltsamen Prozessionslieder vor sich hin, hielt jedoch inne, als er mich sah, stellte schnell das Bügeleisen weg, und es kam mir vor, als ob ihm ein tiefer Schreck in die Glieder gefahren sei. Es war sehr sonderbar, und ich fragte: »Was ist los, Toy?«
Er schüttelte den Kopf.
»Das ist doch nicht Mr. Doughertys Dinner-Jackett?«
Er schüttelte wieder den Kopf.
»Mr. Pooles?«
Er zuckte zusammen und nickte.
»Toy, du hast dich von Mr. Poole überreden lassen, ihm eins der Zimmer oben zu geben?«
Toy griff in die Tasche, fischte etwas heraus und drückte es mir nervös in die Hand. Ich sah es mir an — es war ein Zwanzigdollarschein.
»Das hat Mr. Poole dir gegeben?«
Toy nickte verzweifelt.
»Dafür, daß du ihm die Fremdenzimmer gezeigt hast?«
Toy machte eine wilde Geste. Er war außer sich vor Angst.
Ich gab ihm den Schein zurück. »Armer Toy! Du hast keine Schuld. Niemand kann dir einen Vorwurf machen. Du bist von einem der besten Köpfe auf diesem Gebiet übers Ohr gehauen worden. Mr. Poole hat so was seit mehr als zwanzig Jahren in ganz Europa, dem Mittleren Osten und Asien gemacht. Du darfst es dir nicht zu Herzen nehmen!«
»Aber...«, begann Toy und duckte sich plötzlich vor Angst, weil Jim von oben herunter brüllte:
»Toy! Toy! — Kate! Kannst du mal für eine Minute herkommen!«
Wieder drückte Toy mir den Zwanzigdollarschein in die Hand. Dann lief er aus der Küche.
Großer Gott! dachte ich, was ist jetzt wieder los?
Pogo und Jessica saßen noch auf der Fensterbank. Als ich vorbeiging, sagte Pogo: »Hoffentlich nichts Ärgerliches!«
Ich antwortete nicht. Jessica sagte lustig: »Ich glaube nicht. In diesem Haus wird viel geschrien.«
Jim stand vor der Tür seines Arbeitszimmers. Er schrie mir entgegen: »Komm mal hier herein, ja?«
»Jim!«
Er packte meinen Arm, führte mich ins Zimmer und schlug die Tür zu. »Sieh dir das an!« schrie er.
Das Arbeitszimmer war Jims Stolz und Freude. Alle Möbel hatte er selbst mit unendlicher Sorgfalt ausgesucht, auch die Bilder — frühe amerikanische —, die Lampen und Teppiche. An der Wand hing ausgestopft der größte Fisch, den er im Leben gefangen hatte, ein zwanzigpfündiger Lachs. Das Fenster ging auf die Bucht hinaus. Hierher zog er sich zurück, wenn er Ruhe und Einsamkeit brauchte; in jenen seltenen Fällen etwa, in denen die Beziehungen zwischen uns gespannt waren; wenn er einen wichtigen Bericht für den Vorsitzenden seines Aufsichtsrates entwarf; oder wenn er einfach die Füße hochlegen, eine Pfeife rauchen und vor sich hinträumen wollte.
Ich sagte: »Ist denn das möglich?!«
Ich sagte es laut, aber nicht zu Jim. Das Zimmer war kaum wiederzuerkennen. Die Möbel waren anders gestellt, der alte Lachs abgenommen und unter ein Bücherregal geschoben worden. Ein halbes Dutzend Koffer standen auf dem Fußboden, mehrere ausgepackt. Nur Biddeford Poole, Esquire, reiste mit solch elegantem Schweinsleder-Gepäck.
»Wer ist dafür verantwortlich?« knurrte Jim.
»Jim...«
»Wie ist er hier hereingekommen? Wer hat ihn hereingelassen? Wer hat ihm die Erlaubnis dazu gegeben?«
»Jim...«
»Dies ist mein Arbeitszimmer, Kate! Verstehst du? MEIN ARBEITSZIMMER!«
»Jim, bitte, schrei nicht so...«
»Wozu, zum Teufel, sind die Fremdenzimmer da?«
»Jim, es tut mir leid...«
In gewisser Weise war es mir angenehm, ihn so schreien zu hören. Vor wenigen Minuten noch hatte er ehrfürchtig und respektvoll Pogos Geschichten von toll gewordenen Elefanten und menschenfressenden Tigern angehört. Nun benahm er sich selbst wie ein toll gewordener Elefant oder ein menschenfressender Tiger. Zum erstenmal in fünfzehn Ehejahren sah er aus, als ob er mich schlagen wolle, und ich zuckte nicht einmal zusammen. Ich hielt es für ein gesundes Zeichen; gutes Blut floß in seinen Adern, und ich empfand eine besondere weibliche Genugtuung darüber.
»Wir haben eine Menge Fremdenzimmer — oder etwa nicht?« bellte er. »Warum ist er nicht in das Blaue Zimmer gesteckt worden?«
»Jim, lieber...« Ich kam nicht dazu, etwas zu sagen, war aber ganz zufrieden damit, daß er mich jedesmal unterbrach, wenn ich den Mund auftat.
»Was kann einer am Blauen Zimmer aussetzen? Eh? Antworte!«
»Jim, denk an deinen Blutdruck...«
»Verdammte Schweinerei! Tom Dewey hat im
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