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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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jauchzen, aber auch wieder nicht so unheilvoll, wie sie mir anfangs erschienen war. Bis Sonnabend dauerte es nicht mehr lange, und schließlich hat jeder Mann — selbst der nichtswürdigste — das Recht, seine Tochter zu besuchen. Auch Biddeford Poole. Wir hatten ihm geschrieben und ihn zur Hochzeit eingeladen; wir hatten ihm außerdem ein Telegramm mit der Einladung geschickt; und nun war er eben hier. Schuld daran war ich allein. Ich hatte den Brief geschrieben, ich hatte Jim gebeten zu telegraphieren, überzeugt, daß Pogo seine Jagd nach Abenteuern nicht unterbrechen und kommen würde. Es war ein Denkfehler gewesen — ich hatte mich verrechnet. Ich hätte daran denken sollen, daß man bei ihm immer nur das Unerwartete erwarten konnte.
    Vater und Tochter saßen auf der Fensterbank, jeder im Arm des anderen. Jessica war hingerissen — kein Wunder. Pogo war fasziniert von ihr; er sah sie an, als ob er nicht glauben könne, daß er ein so entzückendes Geschöpf in die Welt gesetzt hatte. Mein Vater war, vor sich hinlächelnd, hinausgegangen, um die Abendzeitung zu lesen. Ich hatte ihn seit Jahren nicht in so guter Laune erlebt. Jim dagegen fing an, ein bißchen mürrisch auszusehen. Er war überflüssig geworden, in seinem eignen Haus — eine Rolle, die er noch nie gespielt hatte.
    Ich saß und beobachtete und nippte an dem Martini, der mir nicht schmeckte. Es war unmöglich, sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Sie bestand ausschließlich in einem Duett zwischen Pogo und seinem lange vermißten Kind.
    »Erzähle mir von deinem Bräutigam«, sagte Pogo. »Ich habe den Brief deiner Mutter nicht bekommen und kann ihn mir nicht vorstellen.«
    »Er muß jeden Augenblick hier sein«, sagte Jessica. »Dann kannst du selbst urteilen.«
    »Nein. Ich will es von dir hören.«
    »Also — laß mich überlegen. Er heißt Roger Henderson und ist herrlich!«
    »Damit ist alles gesagt.«
    »Aber es ist wahr!« rief Jessica. »Stimmt es nicht, Jim?!«
    Jim rührte sich. »Oh, ja. Er ist ein prächtiger Junge. Prächtig!«
    »Wo habt ihr euch kennengelernt?«
    »Auf dem College«, sagte Jessica. »Er war mir zwei Klassen voraus. Eine dieser Schulromanzen. Er war der beste Fußball-Stürmer... alle Mädchen haben sich nach ihm umgedreht.«
    »Aber er hatte nur für dich Augen.«
    »War das nicht fein von ihm?!« lachte sie.
    »Höchst vernünftig. Und weiter?«
    »Verlangst du, daß ich dir jede Einzelheit erzähle?«
    »Natürlich!«
    »Er ist groß und kräftig und hübsch. Und nett und lieb und gutmütig. Und sehr, sehr feinfühlend, obwohl man es nicht gleich merkt. Und sehr, sehr männlich. — Soll ich fortfahren?«
    »Versuche, ein bißchen genauer zu sein!« Pogo lächelte. »Was, zum Beispiel, ist er von Beruf?«
    »Ein Rancher.«
    »Oh!«
    »Seine Familie besitzt eine große Ranch im Sonoma-County, im Mond-Tal. Sie züchten Schafe und Rinder; sein Vater will sich zur Ruhe setzen und wegziehen, so daß Roger dann die Leitung hat. — Und, Vater, er ist glänzend darin!« Sie wandte sich zu Jim um. »Nicht wahr, Jim?«
    »Vollkommen richtig«, sagte Jim und richtete sich im Sitzen auf. »Unbestreitbar!«
    Jessica fuhr fort: »Die Leute sagen, so, wie Roger es betreibt, wird er wahrscheinlich in zehn Jahren den besten Viehbestand des Landes haben. Er ist ungeheuer fortschrittlich und hat die wundervollsten Ideen über Zuchtwahl und künstliche Besamung und all so was.« Ihre Augen funkelten. »Er verschickt seinen Samen über die ganze Welt.«
    Pogo wurde auch damit fertig. »Du mußt sehr stolz sein!« sagte er.
    »Es besteht eine riesige Nachfrage.«
    »Sicher.«
    Sie lachte wie ein kleines Mädchen. »Oh, Vater, er wird dir gefallen. Das weiß ich. Er hat überhaupt keine Fehler, wirklich nicht! Und die Ranch ist so schön, die sanft gewellten grünen Hügel. Ist die Ranch nicht schön, Jim?«
    »Sehr schön«, sagte Jim. »Sie könnte nicht schöner sein.«
    »Das Leben dort wird dir Freude machen?« fragte Pogo.
    »Ich liebe die Ranch!«
    »Genug, um immer da zu leben?«
    Sie schlug die Hände zusammen und überlegte diese Frage. »Ich denke, wir werden später oft reisen. Wenn der Betrieb erst so läuft, wie Roger es sich vorgenommen hat. In acht oder zehn Jahren vielleicht.«
    »Das ist ziemlich lange hin.«
    »Ich bin dann erst ungefähr dreißig«, sagte sie, und ich sah, daß dieser Gedanke sie plötzlich beunruhigte. Sie fuhr fort, als ob sie sich verteidigen müsse: »Ich bin schon in Europa gewesen, sechs

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