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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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falsch. Wenn du ihn dabei haben willst — meinetwegen.«
    Sie ging von mir weg, immer noch schmollend, immer noch dicht vor dem Losweinen.
    »Ich begreife nicht, weshalb du dagegen bist, daß er mitkommt.«
    »Ich bin nicht dagegen, Jessica. Es ist mir nur eingefallen, wie intim und klein das Atelier ist — nichts für Männer.«
    »Er ist mein Vater«, sagte sie. »Ich will ihn dabei haben. Ich brauche ihn dabei! Er hat einen exquisiten Geschmack.«
    Sie stolzierte davon, setzte sich ans Fenster und starrte in den Morgennebel hinaus. Ich glaube, sie zerdrückte ein oder zwei Tränen und fand mich entsetzlich herzlos. Ich fühlte mit ihr, aber ebensosehr fühlte ich mit mir selbst. Es wird ein völlig verdrehter Tag, dachte ich.
    Um sieben kam mein Vater herunter, lustig wie ein Vogel in der Luft. Morgens war er immer redselig, sang beim Rasieren Operettenmelodien, beim Baden Verdi und hörte dann nicht auf zu plaudern.
    »Guten Morgen, Tochter!« sagte er und rieb sich die Hände. »Ein schöner Morgen.«
    »Guten Morgen! Ja, es ist schön heute.«
    »Und wie war es auf der Party gestern abend? Ich hoffe, du hast dich mit den lustigen älteren Damen von Pacific Heights amüsiert!«
    »Es war nett.«
    »Erzähl mir alles. Ich bin ein alter Mann und muß mein bißchen Vergnügen meist aus zweiter Hand beziehen.«
    »Ein andermal, Vater. Hast du mit Jim Schach gespielt?«
    »Er war in einer seltsamen Stimmung und konnte mit seinen Gedanken nicht beim Spiel bleiben. Ich habe ihn haushoch geschlagen.«
    »So?«
    »Er ist zu empfindlich«, fuhr mein Vater gemütlich fort. »Er verteidigt sich nur widerwillig, wenn er angegriffen wird. Wie so viele unserer modernen Männer wirkt er aggressiv, aber wenn wirklich Angriffslust am Platze ist — zum Beispiel, wenn seine Königin in Gefahr gerät —, läßt er sich vom Gegner verwirren.«
    »Ich habe Kopfschmerzen, Vater.«
    »Das wundert mich nicht!« Er sah zu Jessica hinüber. »Hat sie auch Kopfschmerzen?«
    »Nein«, sagte ich. »Geh und unterhalte dich mit ihr, während ich das Frühstück hole.«
    Um sieben Uhr fünfzehn kam Jim mit rotem Gesicht herunter. Ich lief zu ihm und wollte ihn küssen, aber er ließ meine Lippen nur bis auf zehn Zoll an seine Wange herankommen. Dann schob er mich beiseite.
    »Guten Morgen, Liebling«, sagte ich.
    »Morgen. Wann bist du nach Hause gekommen?«
    »Nicht sehr spät. Um eins war es zu Ende.«
    »Was ist mit meinem Wagen?«
    »Alles in Ordnung. Pogo ist sehr, sehr vorsichtig gefahren.«
    »So?«
    »Ich werde dir dein Frühstück holen.«
    Er knurrte: »Du brauchst dich nicht um mein Frühstück zu kümmern. Dafür ist Toy da. Dafür wird er auch bezahlt, nicht wahr?«
    Mein Mann, mein Liebling, der bequemste Mann der Welt!
    Ich sagte: »Knurre mich nicht an, Jim! Ich habe Kopfschmerzen.«
    »Ich knurre dich nicht an, verflucht noch mal! Kate — wir müssen eine neue Matratze für das Blaue Zimmer besorgen. Ich habe diese Nacht kein Auge zugetan. Das verwünschte Ding fühlt sich an, als ob Ziegelsteine drin seien.«
    Irgendein Teufel gab mir ein zu sagen: »Ich erinnere mich nicht, daß Tom Dewey darüber geklagt hat, als er darauf schlief.«
    »Himmeldonnerwetter!« brüllte Jim. »Beleidige nicht noch Tom Dewey! Das ist wirklich das Letzte! Heutzutage fehlen uns gerade solche Männer wie er, anständige, schwer arbeitende, ehrliche Männer! Nicht solche wie dein verflossener Ehemann, der große Biddeford Pogo Poole, den du hier ins Haus gebracht hast. Und der Kerl schläft in meinem Bett!«
    Es war ein bißchen unzusammenhängend, aber ich verstand ihn trotzdem.
    »Jim!!« sagte ich.
    Er war so anständig, zerknirscht auszusehen.
    »Mach mir keine Vorwürfe Pogos wegen!« sagte ich. »Ich weiß, daß er eine Prüfung für dich ist, aber ich habe ihn nicht ins Haus gebracht!«
    »Nein? Wer denn?«
    »Jessica«, sagte ich.
    »Ach, zum Teufel mit der ganzen Geschichte! Ich werde unterwegs frühstücken.«
    »Das wirst du nicht tim! Du wirst dich in deinen Sessel setzen, und ich bringe dir dein Frühstück.«
    »Ich komme zu spät.«
    »Du kommst nicht zu spät. Vater, willst du Jim nicht so lange Gesellschaft leisten?«
    »Gern, wenn Jim nichts dagegen hat.«
    Jim lächelte ihm schmerzlich zu.
    Seufzend ging ich in die Küche. Jessica war eifrig an der Arbeit und tat ein halbes Dutzend Dinge zu gleicher Zeit. Toast knisterte, die Kaffeemaschine blubberte, Eier brieten, Speck bruzzelte, Tomaten und Pilze im Grill dufteten angenehm.

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