In angenehmer Gesellschaft
Toy sah ihr stumm verwundert zu.
»Wie steht es hier?« fragte ich.
»Ich mache das Frühstück für meinen Vater fertig«, sagte Jessica. Dabei schnitt sie ein tüchtiges Stück Schinkenspeck ab.
»Das ist nicht sehr rücksichtsvoll. Damit hättest du warten können, bis Jim sein Frühstück hat.«
Mit einer Ruhe, die mich fast verrückt machte, antwortete sie: »Ihr habt euch so angeregt unterhalten, daß ich dachte, es würde noch eine Stunde weitergehen.«
»Du nimmst die ganze Küche so in Anspruch, daß für mich überhaupt kein Platz bleibt.«
»Es dauert nicht lange, Mutter.«
»Aber Jims Frühstück geht vor. Er muß ins Büro.«
»Nur noch ein paar Minuten, Mutter! — Oh, verdammt! Die Tomaten brennen an!«
»Bitte, Jessica, mach Platz. Jim wird wütend, wenn er zu spät kommt.«
Ärgerlich sagte sie: »Mutter — ich war zuerst hier. Siehst du nicht, daß ich beinahe fertig bin?! Warum mußt du mich stören?«
»Sprich nicht so mit mir!«
»Ich habe dir gesagt, daß Vater mich gebeten hat, ihn um halb acht zu wecken.«
»Das ist kein Grund für dich, jetzt sein Frühstück zu machen.«
»Ich will es ihm aber ans Bett bringen. Er muß erschöpft sein.«
Bitter sagte ich: »Jim hast du noch nie das Frühstück ans Bett gebracht.«
»Das ist etwas ganz anderes!«
»Wirklich?«
»Natürlich! Jim hat dich, die für ihn sorgt — mein Vater hat niemanden außer mir. — Toy, schalte bitte die Kaffeemaschine aus; der Kaffee ist fertig.«
»Nach meiner Erinnerung rührt dein Vater frühmorgens keinen Kaffee an. Er trinkt Tee — eine Angewohnheit, die er aus Oxford mitgebracht hat.«
»Mein Gott!« schrie sie entsetzt. »Daran habe ich nicht gedacht! Tee! Natürlich! Schnell, Toy, schnell! Setz einen Kessel mit Wasser auf!«
»Willst du mir jetzt freundlichst Platz machen, Jessica?« sagte ich. »Wenn ich nicht sofort mit Jims Frühstück anfange, gibt es großen Ärger.«
»Aber der Tee...«
»Dein Vater wird eben mit Kaffee zufrieden sein müssen. Daran stirbt er nicht. Er ist jetzt in Amerika. Sag ihm, es ist das, was die Eingeborenen trinken — das hilft sofort.«
»Aber, Mutter...«
»In Persien hat er mit Wonne Hammelaugen gegessen«, sagte ich. »Und in Afrika gekochten Krokodilsbauch. Dann kann er in San Franzisko auch Kaffee trinken! Und nun verschwinde!«
Jim fuhr mit düsterem Gesicht in seine Bank. Mein Vater zog sich zurück, um über einen Satz in seinem Buch nachzudenken. Jessica blieb oben, bis ich sie um neun herunterrief. Sie kam mit strahlenden Augen.
»Es tut mir leid, daß ich dich stören mußte«, sagte ich, »aber wir müssen uns zum Gehen fertigmachen. Hat dein Vater gefrühstückt?«
»Jeden Krümel hat er gegessen!« Sie wurde rot. »Er hat gesagt, ich wäre eine sehr gute Köchin.«
»Hat er den Kaffee getrunken?«
»Zwei Tassen. Er meint, es wäre der beste Kaffee, den er je getrunken hat.«
»Laß dir das nicht in den Kopf steigen! Dein Vater verteilt Komplimente wie ein Staatsoberhaupt Orden. Wovon habt ihr denn die ganze Zeit über gesprochen?«
»Oh!«
»Von Schubert. Und Shakespeare.«
»Wußtest du, daß er alle Sonette von Shakespeare auswendig kann?«
»Ja. Er hat immer ein erstaunliches Gedächtnis für Gedichte gehabt.«
»Ich habe ihn so lieb, Mutter! Er ist so amüsant, hat soviel geleistet, weiß soviel...«
»Du sollst ihn auch liebhaben«, sagte ich.
»Ich habe auch Jim lieb«, sagte sie, »aber auf andere Art. Jim ist so gut zu mir gewesen, so lieb, aber...« Sie wurde unsicher und schwieg.
»Mach dir jetzt keine Gedanken darum. Zieh dich lieber an — wir müssen in zwanzig Minuten aus dem Haus sein. Außerdem solltest du Roger anrufen und hören, wie es auf der Ranch steht.«
»Roger!« rief sie. »Meine Güte! Ich habe ihn ganz vergessen! Und Governor — der arme Governor!« Sie lief die Treppe hinauf. »Ich werde von meinem Zimmer aus anrufen; dann kann ich mich dabei gleich anziehen. Vielen Dank — weil du mich daran erinnert hast!«
Ich ging ihr nach, zog mich auch an und sah dann nach ihr. Sie saß auf ihrem Bett und blickte traurig vor sich hin.
»Was gibt es?« fragte ich.
»Mit Roger habe ich nicht sprechen können. Er war mit dem Tierarzt unterwegs. Aber Liz sagt, sie wüßten immer noch nicht, ob Governor gerettet werden kann. Es steht auf Messers Schneide. Roger ist die ganze Nacht hindurch bei ihm gewesen.«
»Das tut mir leid.«
»Vor morgen kann man nichts sagen. Wenn Governor stirbt, wird Roger
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