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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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todunglücklich sein.«
    »Es ist schlimm! — Aber, Liebling, wir müssen jetzt gehen. Es ist ein Viertel vor zehn.«
    »Mutter — eigentlich müßte ich jetzt auf der Ranch sein, bei Roger. Am Nachmittag werde ich hinausfahren.«
    »Sei vernünftig, Liebling! Du kannst nichts helfen und würdest Roger wahrscheinlich im Wege sein.«
    »Das ist wahr!« Sie stand auf und seufzte tief. »Es ist trostlos! Armer Roger! Er muß ganz durcheinander sein! Es tut mir so leid.«
    Ich ging mit ihr nach unten. Pogo wartete auf uns; er trug einen Regenmantel, der ein Vermögen gekostet haben mußte, und schwenkte einen Tiroler Hut in der Hand.
    »Ah, Kate!« sagte er munter. »Guten Morgen!«
    »Guten Morgen, Pogo!«
    »Ich habe wie ein Gott gefrühstückt! Hast du gewußt, daß unsere Tochter himmlisch kochen kann? In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht so verwöhnt worden!«
    Mit tragischer Stimme sagte Jessica: »Vater — Governor ist immer noch schwer krank!«
    »Governor?«
    »Rogers preisgekrönter Stier.«
    »Oh, ja — jetzt weiß ich. Immer noch krank? Das ist schlimm!« Er wurde ernst. Dann erhellte sein Gesicht sich wieder. »Nimm es nicht zu schwer! Ich kenne den Herzog von Buccleuch sehr gut. Nachher werde ich ihm schreiben und anfragen, ob er einen guten Bullen abgeben kann.«
    »Es ist sehr ernst, Vater!«
    »Sicher, Liebling, sicher! Deshalb macht es mir Freude, zu helfen, so gut ich irgend kann.«
    »Du willst Roger helfen?«
    »Natürlich! Komische Frage! Schließlich ist er ja im Begriff, mein Schwiegersohn zu werden.«
    »Oh, das freut mich!« rief Jessica, »Ich bin sehr glücklich darüber.«
    »Wenn es dir recht ist, rufe ich den Herzog sofort an. — Du hast doch nichts dagegen, Kate, wenn ich dein Telefon benutze? — Oder wollen wir warten, bis Governors Schicksal entschieden ist?«
    »Wenn Jessica jetzt nicht zur Anprobe kommt«, sagte ich, »hat sie am Sonnabend kein Hochzeitskleid.«
    »Dann wollen wir lieber später telefonieren«, sagte Pogo und nahm Jessicas Arm. »Mir fällt sowieso ein, daß der Herzog jetzt wegen des Zeitunterschiedes gerade beim Mittagessen sitzt, Brathühner wahrscheinlich, während seine Dudelsackpfeifer ihm aufspielen. Er könnte verärgert sein, wenn man ihn dabei stört. Diese großen schottischen Barone sind sehr empfindlich.«
    Er war in glänzender Stimmung und schwatzte weiter darauflos, während wir in Jessicas Thunderbird zur Anprobe fuhren. Der Modesalon war eine Umgebung, die zu ihm paßte. Er kam nicht wie ein normaler Mann hinein, sondern überlegen, selbstsicher, mit Autorität. Das hatte ich gefürchtet — er war ein Kenner weiblicher Kleidung; er wußte zuviel und konnte dadurch vieles verderben.
    Er bezauberte Miß Whiteheade, die nette, mittelalterliche Direktrice, die uns bei Jessicas ganzer Ausstattung beraten hatte. Jessica stellte ihn mit ihrem neuerdings üblichen aufgeregten Geplapper vor: »Oh, Miß Whiteheade — das ist mein Vater; er ist zu meiner Hochzeit von Afrika hierhergeflogen. Ist das nicht herrlich?!«
    »Wie geht es Ihnen, Sir?« sagte Miß Whitehead und stotterte fast dabei.
    »Ah, wie geht es Ihnen, Miß Whitehead? Ich habe viel Anerkennung über Sie gehört — Sie beraten meine Tochter hervorragend!«
    In ihr Gesicht trat ein Ausdruck, den ich nur zu gut kannte — Überraschung und Schreck. Plötzlich wurde ihr klar, daß sie ihr Haar sorgfältiger hätte kämmen, ihre Nase pudern und die Lippen frisch nachziehen müssen, ehe sie diesem Mann entgegentrat. Mit schwacher Stimme sagte sie: »Ihre Tochter hat sich ein sehr hübsches Kleid ausgesucht. Peau de soie. Sehr, sehr hübsch!«
    »Ich bin überzeugt davon, daß Sie ihr eine große Hilfe gewesen sind!«
    »Oh, nein«, flüsterte Miß Whitehead. Sie schmolz vor ihm dahin.
    »Kann mein Vater das Kleid sehen?« fragte Jessica. »Können Sie es nicht einen Augenblick hereinbringen, Miß Whitehead, bevor ich es anziehe?«
    »Gewiß«, sagte Miß Whitehead. »Wenn Sie sich inzwischen setzen...«. Sie war ganz durcheinander.
    Wir setzten uns auf die zerbrechlichen goldbronzierten Stühle, und Pogo sah sich amüsiert um. Ich wußte, was er dachte. Es war ein hübsch eingerichteter kleiner Salon, weiß mit gold, aber er verglich ihn in Gedanken mit den eleganten Etablissements, die er in Paris und Rom kannte. Auch das hatte ich erwartet und gefürchtet.
    Miß Whitehead brachte das Kleid und hielt es vor ihm hoch. Es war ein Empire-Modell, einfach und schön, von einer der besten

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