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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Tochter, doch er war zu spät gekommen: ihre Zukunft gehörte schon einem anderen Mann. Ich brauchte sie nicht länger zu quälen. »Du mußt sehr müde sein, Liebling«, sagte ich. »Laß uns zu Bett gehen.«
    Langsam stand sie auf, als ihr ein neuer Gedanke gekommen war: »Du hast mir aber immer noch nicht erklärt, weshalb ich so scheußlich zu Roger war und mich mit ihm gezankt habe. Ich liebe ihn doch wie immer. Ich bete ihn an!«
    »Jede Sommersprosse?«
    »Ja«, lachte sie. »Jede einzelne Sommersprosse.«
    »Du bist in diesen letzten drei Tagen überempfindlich geworden,
    Liebes«, sagte ich. »Du siehst Roger mit den Augen deines Vaters und vergleichst ihn mit deinem Vater.«
    »Vielleicht.«
    »Und das führt zu nichts! Roger und dein Vater sind zwei vollkommen verschiedene Menschen. In tausend Jahren würde Roger nicht lernen, französisch mit der Flüssigkeit und Eleganz deines Vaters zu sprechen. Ebensowenig, wie er je lernen wird, einer degenerierten europäischen Gräfin liebenswürdige Nichtigkeiten ins Ohr zu flüstern. Und umgekehrt kannst du nicht erwarten, daß dein Vater zwei Tage und zwei Nächte bei einem kranken Bullen sitzt und ihn pflegt.«
    »Was kann ich aber dabei tun?« rief sie. »Sie sind beide wundervolle Menschen, mein Vater und Roger!«
    »Bring sie zusammen!« sagte ich.
    »Das habe ich doch heute abend versucht, Mutter. Dazu haben wir das gemeinsame Essen arrangiert.« Sie lachte ärgerlich auf. »Das Resultat hast du gesehen. Es war ein Reinfall!«
    »Weil das die Atmosphäre war, in der dein Vater zu Hause ist. Ein nettes kleines französisches Restaurant, in dem er seine besonderen Talente entfalten konnte — sich freundschaftlich mit dem Küchenchef stellen, in einer Fremdsprache darauflos plaudern, das Essen mit Kennerschaft aussuchen, über Weine sprechen. Natürlich war es ein Reinfall. Roger war bitter eifersüchtig. Jeder wäre es an seiner Stelle gewesen. Er muß sich wie ein Eindringling vorgekommen sein.«
    »Armer Roger!« Sie seufzte. »Er war unglücklich; und ich habe mich über ihn geärgert. Aber was kann ich jetzt daran ändern?«
    »Versuch es andersherum. Bringe sie dort zusammen, wo Roger zu Hause ist.«
    »Wie?«
    »Nimm deinen Vater morgen mit auf die Ranch hinaus.«
    »Ich habe ihm versprochen, morgen mit ihm zu Gump zu gehen und die Jade anzusehen.«
    »Dein Vater hat genug Jade gesehen, um sein ganzes Leben damit auszukommen. Das andere ist wichtiger. Fahr mit ihm hinaus; zeige ihm, wie Roger die Ranch leitet, was er leistet, welchen Respekt er genießt. Ich glaube, dein Vater wird — nein, nicht eifersüchtig — aber tief beeindruckt sein.«
    Jessica umarmte mich stürmisch. »Oh, Mutter! Eine tolle Idee! Ob ich jemals so klug wie du sein werde?«
    Noch während sie sprach, überfielen mich Zweifel. War es wirklich eine so tolle Idee? Sollte ich meinen Vorschlag nicht einschränken, Vorsichtsmaßnahmen einbauen? Doch als ich noch darüber nachdachte, sah ich Pogo oben auf dem Treppenabsatz stehen und ironisch zu mir herunterlächeln, und es war zu spät.
    Munter rief er: »Hallo! Seid ihr beide noch auf?!«
    »Ja«, sagte ich.
    »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich euch Gesellschaft leiste?«
    »Oh, Vater!« rief Jessica. »Natürlich nicht!«
    In Schlafanzug und seidenem Hausmantel kam er nach unten und sagte: »Eigentlich bin ich nur unterwegs, um mich nach einem Schlaftrunk umzusehen.«
    »Ich hole ihn dir«, sagte Jessica sofort. »Was soll es sein?«
    »Ein Spritzer Kognak in einem großen Glas Soda.«
    »Das wird also zum Ritual!« rief sie. »Vaters abendlicher Schlaftrunk. Ich werde auch einen trinken. Machst du mit, Mutter?«
    »Nein, Liebes, danke!«
    Sie tanzte hinaus, und Pogo klagte: »Ich habe zuviel gegessen.«
    Wollte er bemitleidet werden? Sachlich sagte ich: »Dann solltest du lieber etwas Natron nehmen!«
    »Danke, Kate. Kognak und Soda werden genügen. — Das war ein Essen!«
    »Es scheint so.«
    Ziemlich kurz angebunden sagte er: »Der schweigsame Bräutigam schien schlecht gelaunt zu sein.«
    »Er kann auch anders sein«, sagte ich. »Man muß ihm bloß Gelegenheit geben.«
    Pogo grinste und sagte dann wie nebenbei: »Kate, bist du glücklich über diese Heirat?«
    »Sehr!«
    »Hältst du Jessica nicht für ein bißchen zu jung und unerfahren?«
    »Nicht mehr als ich, als ich heiratete.«
    »Ah — aber sieh, was daraus geworden ist! Wir wollen doch nicht, daß es wieder so kommt?!«
    »Das wird es auch nicht.«
    Meine

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