In angenehmer Gesellschaft
Hartnäckigkeit schien ihn zu irritieren. Aber er war ein erfahrener Stratege und versuchte es von einer anderen Seite. Als ob ihm eben erst die Idee gekommen sei, fragte er: »Roger ähnelt mir nicht sehr, nicht wahr?«
»Ich finde, er ist genau das Gegenteil von dir.«
Glücklich erfaßte Pogo das Stichwort. »Ich habe noch nie mein Gegenteil getroffen. So ist es also: beständig, treu, bewährt, tüchtig.«
»Du unterschätzt ihn, Pogo. Er ist ein zäher, energischer junger Mann, der weiß, was er will. Und er hat sie bekommen — so einfach ist das.«
Pogo schüttelte lächelnd den Kopf. »So einfach ist es nicht!«
Jessica kam mit einem großen Glas zurück. »Das ist für dich, Vater. Ich hab es mir überlegt und trinke lieber ein Glas warme Milch. Willst du auch eins haben, Mutter?«
Ich schüttelte den Kopf.
Sie sagte zu Pogo: »Würdest du es schrecklich finden, wenn ich jetzt noch ein Stück Kuchen esse?«
Er strahlte sie an. »Ich werde ein Stück mitessen.«
»Gut.« Sie wollte in die Küche gehen, als das Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab. »Hallo?« Mit großen, hellen Augen sah sie mich an. »Oh, Roger!... Du Dummkopf!... Nein! Ich allein bin schuld!... Ja... Ja... Natürlich!... Ich will gerade mit einem Glas Milch und einem Stück Kuchen zu Bett gehen... Roger!«
Sie lachte laut auf, und Pogo hob eine Augenbraue.
Sie sprach weiter: »Was?... Oh, französisch?... Comment, chéri?... Oui, faute de mieux... ah, oui, chéri, je t’aime... beau coup ... Ja. Beaucoup. Gute Nacht, Liebling! Gute Nacht!«
Sie legte den Hörer auf, ging hinaus und sagte dabei: »Es ist alles in Ordnung.«
Ich hatte plötzlich keine Ruhe mehr. Ich wollte allein sein. Ich ging durch das Zimmer und fing an, die Lampen auszuschalten.
»Was machst du, Kate?«
»Ich will zu Bett gehen. Du nimmst deinen Schlaftrunk doch mit nach oben, nicht wahr?«
»Ich würde ihn lieber hier trinken, wenn du noch bleibst.«
Nein, dachte ich und sagte: »Ich glaube nicht, daß ich jetzt noch viel als Gesellschaft tauge.«
»Ich habe dich nie langweilig gefunden.«
»Das war früher mal.«
»Und die Mimosen?« Er öffnete die Arme, als ob er alle Mimosen umfassen wolle. »Versetzen sie dich nicht in die alten Zeiten zurück?«
»Nein.«
Er war enttäuscht. »Du gehst mir überhaupt aus dem Wege, Kate«, sagte er.
»Ja? Ich habe es nicht bemerkt. Du weißt, daß ich eine Hochzeit vorbereite.«
Er überhörte meine Schroffheit und sagte nachdenklich: »Ich habe dich vermißt, Kate. Die ganzen Jahre.«
»Es ist überflüssig, so etwas zu sagen!«
»Aber es ist wahr!«
Ich wollte ohne ein weiteres Wort gehen, aber er sagte seufzend: »Ist es nicht traurig, daß unsere Ehe auseinandergegangen ist?«
»Tragisch!«
»Nachher wußte ich, weshalb. Weißt du es auch?«
»Ja. Du hast dich gelangweilt.«
»Nein. Es lag daran, daß wir uns zu sehr geliebt haben! Daß einer den anderen zu ausschließlich besitzen wollte.«
»Diese Worte mußt du mal in Musik setzen, Pogo!«
»Habe ich unrecht?«
Ich fuhr zu ihm herum. »Du hast es nicht ertragen, daß ein anderer dich besaß. Du hast immer nur selbst besitzen wollen, ohne einem anderen zu gehören!«
»Sehr richtig!«
Ich fing an zu zittern. »Darf ich jetzt gehen?«
Er sah, wie aufgeregt ich war, hielt mich jedoch trotzdem zurück. »Nein, noch nicht. Was tust du, Kate?«
Es war eine Herausforderung, und ich konnte keiner Herausforderung widerstehen. »Was ich tue? Wann?«
»Wenn du nicht gerade eine Hochzeit vorbereitest. Wie ist dein Leben sonst?«
»Geschäftig, lustig, voller Abwechslung. — Weshalb willst du das wissen?«
»Weshalb?«
»Ich möchte alles wissen — was du tust, wohin du gehst...«
Er setzte sich gemütlich auf eine Sessellehne. Es war meine Schuld. Ich hätte nach oben gehen müssen, bevor er anfing. Jetzt würden wir die halbe Nacht hier sitzen.
»Weshalb?« sagte er. »Einfach, weil ich es wissen möchte. Ich habe oft an dich denken müssen und mir den Kopf über dich zerbrochen. Nie habe ich dich vergessen.«
»Ich bin glücklich und zufrieden — wolltest du das hören?«
Er beobachtete mich lächelnd. »Nein«, sagte ich. »Ich führe ein langweiliges Leben — das hast du hören wollen, nicht wahr?«
»Nur, wenn es wahr ist.«
Ich fuhr ihn zornig an — es war albern, weil ich ihm nur einen Gefallen damit tat. »Natürlich langweilig! Wie kann es anders sein, wenn man in einer Kleinstadt an der Westküste begraben
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