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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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sollte. Sie gelangte zu dem Schluss, dass das Gießkannenprinzip am besten funktionieren müsste. Mit dem großen Netz fischen und davon ausgehen, dass etwas hängen blieb. Als Nächstes musste sie sich überlegen, welche Worte sie benutzen wollte, um ihre Botschaft zu transportieren. Tja, wonach hielten die Reporter
stets Ausschau? Nach einer Story. Nachrichten. Wichtige Nachrichten, genauer gesagt.
    Wichtige Nachrichten, dachte sie und starrte auf die Namen in der Zeitung. Wichtige Nachrichten, wichtige Nachrichten, wichtige Nachrichten.
    Großer Gott, es hat funktioniert, dachte sie, als sie hörte, wie die Tür am Ende des Korridors geöffnet wurde und sich Schritte näherten. Doch es war nur einer der Polizeibeamten. Sie nahm ihren Lippenstift heraus und legte eine frische Schicht auf. Sie weigerten sich, ihr einen Spiegel zu geben. Lächerlich. Was sollte sie schon damit anfangen? Mit den Scherben die Gitterstäbe durchsägen?
    Wahrscheinlich war es sowieso besser, wenn sie nicht in den Spiegel sah. Sie hatte letzte Nacht nicht gut geschlafen und bot wahrscheinlich keinen allzu reizvollen Anblick. Ohne Walton an ihrer Seite schlief sie nie gut. Sie waren kaum eine Nacht getrennt voneinander, und wenn doch, dann suchte sie meist Zuflucht im Sessel vor dem Fernseher, wo sie ständig einnickte. Walton gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, so als wäre alles in bester Ordnung. Umgekehrt war sie sich da nicht so sicher.
    Hör sofort auf damit, ermahnte sie sich. Reg dich bloß nicht auf. Ein kleines Nickerchen, das war es, was sie jetzt brauchte. Danach würde sie sich garantiert besser fühlen. Sie schloss die Augen und lehnte sich mit dem Kopf an die Wand.
    »Vergiss nicht, weshalb du hier bist.« War das ihre Stimme? Es war schwer, es über das Rauschen der Wellen hinweg zu sagen. Obwohl es dunkel war, konnte May erkennen, dass sie auf dem Rücken einer großen Schildkröte, eines Muttertiers, saß. Es war die Stimme dieser Schildkröte, die sie gehört hatte. Sie sah hinter sich und erkannte, dass sie Eier legte, eines nach dem anderen. Kleine Tischtennisbälle, die in ein Loch im Sand flutschten. Es war ein Wunder, wie sie all das geschafft
hatte - wie sie sich über den Strand gewuchtet, dieses Loch gegraben und sich in die korrekte Position gebracht hatte -, und May durfte zusehen, ein echtes Wunder. Und über ihnen auf der Düne stand Evelyn Lundys dunkles Haus. »Danke«, sagte die Schildkröte. Doch es war nicht nur ihre Stimme, sondern Hunderte weitere, die Stimmen all ihrer winzigen Babys, die losliefen und freudig dem Wasser zustrebten.
    May riss die Augen auf. War es nur ein Traum?, fragte sie sich. Es hatte sich so real angefühlt. Wie eine Vision. Ja, eine Vision.
    Die Zeitung war ihr vom Schoß gerutscht. Sie hob sie auf und starrte sie eindringlich an. Vielleicht reichte es nicht, die Worte nur zu denken. Vielleicht musste sie sie laut aussprechen. »Wichtige Nachrichten«, sagte sie und kam sich ein wenig albern dabei vor. Vergiss nicht, weshalb du hier bist. »Wichtige Nachrichten«, wiederholte sie, diesmal lauter. »Wichtige Nachrichten, wichtige Nachrichten, wichtige Nachrichten.«
    Nach einer Weile ging die Tür wieder auf. Es näherten sich Schritte. May spähte zwischen den Gitterstäben durch und wartete. Bitte, dachte sie, lass es wahr werden. Es klang nach zwei Personen. Vielleicht hatte der Reporter einen Fotografen mitgebracht. Gott sei Dank, dass sie sich die Lippen nachgezogen hatte.
    Als sie sah, dass es sich um einen Polizisten handelte, spürte sie, wie sie in sich zusammensank, als hätte jemand Luft aus einem Reifen gelassen.
    »Besuch für Sie«, sagte der Polizist und schloss auf. Doris trat um ihn herum in die Zelle, ehe er die Tür hinter ihr schloss und davonging.
    »Meine Güte, du siehst vielleicht aus«, stellte Doris fest und musterte sie mit vor der Brust gekreuzten Armen von oben bis unten.
    »Ich habe Walton gesagt, ich gehe nirgendwo hin. Nicht
bevor ich nicht die Gelegenheit hatte, meine Geschichte zu erzählen.«
    »May«, erklärte Doris. »Das hier ist kein Hotel. Die Anzeige ist zurückgezogen worden, deshalb musst du gehen.«
    Sie hätte wissen müssen, dass diese Frau so etwas tat. Stünde Evelyn Lundy in diesem Moment vor ihr, hätte sie sie am Genick gepackt und gewürgt. Für wen hielt sie sich? Einfach die Anzeige zurückzuziehen. Das war nicht fair. Mit dieser Story würde May es in die Zeitung schaffen - die Verfolgung der Schildkröten durch eine reiche

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