In deiner Hand
ihn doch zu einer Antwort zu bewegen. „Oh … ooooh … das ist wirklich sehr erwachsen, Brian!“, rief ich ihm nach.
Zögernd stand ich vor der Tür zur Krankenstation. Ich hörte Annie drinnen mit Linda reden. Den ruhigen Klang der beiden Stimmen zu hören, ließ meinen Herzschlag schrecklich nach oben schnellen. Brian war kurze Zeit nach unserer eigenartigen Auseinandersetzung zu mir zurückgekehrt. Doch nicht, um mir Antworten zu geben, sondern um mich zurück zur Krankenstation zu begleiten. Leider verschwand er anschließend sofort. Ich konnte also nicht von Glück reden, dass ich nun mutterseelenallein hier draußen auf dem Flur stand. Ein nervtötender, sich über mich lustig machender Blutsauger wäre mir jeztz wirklich lieber gewesen, als mir selber Mut machen zu müssen, endlich diese Scheißtür zu öffnen.
Zum wiederholten Male hob ich die vor Aufregung schweißnasse Hand, legte sie auf die Türklinke, nur, um sie wieder sinken zu lassen. Ich empfand solche Angst vor Annies Reaktion, dass ich lieber von der Golden Gate Bridge springen wollte als diesen Raum zu betreten. Taylors schwere Schritte hallten hinter mir durch den Gang. Zum ersten Mal war ich unendlich erleichtert einen Vampir zu sehen. Drinnen verstummte das Gespräch. Ich sah Taylor erwartungsvoll an. Schon peinlich, wenn man darauf hoffte, jemand anderes würde einem die Entscheidung abnehmen, nur weil man selber nicht genug Arsch in der Hose hatte. Er trat neben mich. Seine linke Hand landete auf meiner Schulter, mit der anderen öffnete er die Tür, schob mich beiläufig in den Raum und schloss sie von innen. Mein Herz machte einen heftigen Satz als ich Annie mit geweiteten Augen und im Schneidersitz auf dem Krankenbett sitzen sah. Ihre wilden Locken hatte sie zu einem losen Knoten gebunden und einige Strähnen fielen ihr widerspenstig ins Gesicht. Linda strahlte schon immer etwas so Beruhigendes aus, dass man sich in ihrer Gegenwart entspannte. Bis eben schien Annie auch genau das gewesen zu sein. Jetzt nicht mehr.
Linda drehte sich auf dem Holzstuhl sitzend zu uns um und lächelte mich sanft an.
„Ich bin froh, dass es dir gut geht, Verry“, eröffnete sie, erhob sich und kam auf mich zu. Ich rechnete damit, dass sie sich lustvoll über die Lippen lecken oder mir direkt die Zunge in den Hals schieben würde. Stattdessen drückte sie mir ebenfalls nur kurz die Schulter. Erleichtert atmete ich aus und sah Annie unsicher an. Wie viel sie wohl wusste?
„Hey“, kam es schüchtern von mir, ich winkte. Meine Hand zitterte so heftig, dass ich den Arm rasch hinter meinem Rücken versteckte. Ich widerstand dem Drang, herumzuwirbeln und das Weite zu suchen. Stattdessen fragte ich sie wie sie sich fühle. Als sie antwortete, sah sie Linda an und nicht mich. Das versetzte mir einen Stich. Ihre Abneigung war deutlich zu spüren. Ob sie immer noch einfach nur sauer auf mich war oder steckte jetzt mehr dahinter?
„Brian wird gleich zurück sein“, bemerkte Linda immer noch sanft lächelnd, „und euch beide nach draußen begleiten. Dort wartet ein Wagen, der euch nach Hause fährt. Alles weitere besprechen wir, wenn sich die Wogen geglättet haben, Verry.“
Ich nickte nur, konnte kaum die Augen von Annie lassen. Ihre hingegen wichen mir ständig aus. Sie sah überall hin, nur nicht zu mir. Ich tat einen hilfesuchenden Schritt auf sie zu. Sie sollte spüren, dass ich ihr nichts tun wollte, dass sie keine Angst haben brauchte. Sie rutschte auf ihrem Bett sofort von mir weg. Die Anspannung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ich wünschte mir so sehr zu erfahren was in ihrem Kopf vor sich ging. Beschämt senkte ich die Lider. Die Tür wurde geöffnet. Ich beachtete Brian nicht, der sich seinerseits sehr zurückhaltend benahm. Mir fiel Annies überraschter Blick auf, als sie ihn genauer betrachtete. Ihre Augen begannen zu glitzern und ich sah sie erröten. Fast hätte ich besitzergreifend die Arme um ihn geschlungen, damit sie kapierte, dass dieser Kerl mir gehörte. Natürlich gehörte er mir nicht. Und der Kuss von letzter Nacht, der war auch nur wieder so ein blödes Versehen gewesen.
Donnas Worte schoben sich in meine Erinnerungen.
„Heute Nacht wird er sie vermutlich ziemlich frustriert ficken…“
Ich sah genau vor mir wie sich die Blondine im Club an ihn klammerte, ihn regelrecht nach draußen schleifte. Irgendetwas musste sich in meinem Gesicht wiederspiegeln, denn Annie sah mich nun noch überraschter an, Linda ebenso. Erst als ich die
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