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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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zu lieben, schwer zu ertragen«, flüsterte ich. »Wenn du weiter Blut spuckst, fang ich noch an, dasselbe von dir zu sagen.«
    Grant grub seine Finger fast schmerzhaft in die Rückseiten meiner Oberschenkel. Er schloss die Augen, küsste die zarte Haut meiner Handgelenke und legte den Kopf gegen meinen Bauch. Sein Atem wärmte meine Hüfte.
    »Genauso mag ich es«, sagte er ruhig.
    Tränen brannten in meinen Augen. »Selbst nachdem du gesehen hast, wie ich einem Mann ein Messer in die Stirn gejagt habe? Du hast noch nie zugesehen, wie ich getötet habe, Grant.«
    »Du vergisst, was ich sehe.« Er hob den Blick. In seinen Augen schimmerte ein Mitgefühl, von dem ich vergessen hatte, dass es so etwas überhaupt gab. Vergebung, bedingungslos und ernst. »Ich kenne dich, Maxine. Du wirst mich nicht dazu bringen wegzulaufen.«
    Ich setzte mich sacht auf seinen Schoß und küsste ihn auf den Mund. Ich schmeckte Salz, schmeckte ihn - dann zog er mich dichter an sich, grub seine Hände in mein Haar, strich über Dek und Mal, die leise schnurrten.
    »Ich liebe dich«, hauchte er dicht an meinem Ohr. »Vergiss das nicht.«
    Niemals, dachte ich, während mein Herz schmerzhaft pochte. Mein Körper kam mir für den Strom in mir zu klein vor, viel zu klein für das, was getan werden musste.

    Grant half mir, mich anzuziehen. Als ich die Hose zugeknöpft hatte, hörten meine Hände zu zittern auf. Aber ich wusste doch, dass ich nicht aufstehen würde, wenn ich mich erneut auf seinen Schoß setzte, jedenfalls nicht für lange Zeit.
    »Das ist doch nicht logisch«, murmelte ich. »Jack hatte mir gesagt, dass sich dieser Avatar vor uns hüten würde. Du und ich, wir könnten seine Spezies töten, und zwar für immer.«
    Grant ging nicht auf die Vorstellung ein, dass er töten konnte. »Also haben wir eine Gelegenheit verpasst. Jetzt ist er fort, in einem anderen Körper.«
    Ein Gefühl von Verbitterung überflutete mich. Es war die reine, die blanke Enttäuschung. Seufzend atmete ich ein, während mein Kopf hämmerte und das Adrenalin langsam abebbte. »Vielleicht ging es ja genau darum. Manchmal muss man sein Leben riskieren, wenn man eine Theorie prüfen will. Und er hat uns getestet.«
    »War das alles?«, fragte Grant grimmig und sah sich in der Bar um. »Maxine, was Jack betrifft…«
    »Ich bin so weit.« Killy tauchte aus dem Flur auf. Sie trug schwarze Leggins, ebenfalls schwarze Stiefel mit Fransen und einen langen, schwarzen Pullover. Über der Schulter hing eine riesige schwarze Tasche. Killy hatte nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit einer Nutten-Cowgirl-Barbie. Sie wirkte ziemlich bleich und warf einen Blick auf die Leichen und das Blut auf dem Boden. Dabei blickte sie starr geradeaus, auf die Tür und auf uns.
    Wir verschwanden. Draußen war es noch dunkler, nachdem die Neonlichter an den Reklameschildern der Bar ausgeschaltet worden waren. Die Mädchen, die uns begrüßt hatten, waren verschwunden. Ich hatte mir die Gesichter der Leichen nicht genauer angesehen, hoffte aber, dass wenigstens die beiden es
geschafft haben mochten. Killy verschloss die Tür und sah sich dann auf der Straße um. Sie wandte sich nach rechts. Grant und ich folgten ihr.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Aber ich bin mit all dem hier fertig. Sie sind jetzt auf sich allein gestellt.«
    »Wohin gehen Sie?«, fragte ich.
    »Zum Bahnhof. Ich fahre nach Norden, nach Peking, denn von dort aus kann ich über die Mongolei nach Russland verschwinden. Jemand wird diese Leichen hier finden, und ich will nicht mehr im Land sein, wenn es so weit ist.«
    »Ich habe einige Fragen«, sagte ich. »Es wird nicht lange dauern.«
    »Es hat schon genug Zeit gekostet.« Zitternd fuhr sich Killy durchs Haar. »Verdammt. Fragen Sie! Aber wir gehen dabei weiter. Wir dürfen auf keinen Fall stehen bleiben.«
    »Vater Lawrence«, begann ich. »Wissen Sie etwas über den Orden, zu dem er gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass er sehr alt ist, mehr nicht. Und er hat ein paar Ticks, zum Beispiel ist er von Labyrinthen fasziniert. Und von Ihnen. Und wie sehr, das habe ich neulich erst aufschnappen können, als ich bei ihm war. Sie sind der Grund, dass dieser Orden existiert.«
    Grant gab sich Mühe, mit uns Schritt zu halten. Sein Gehstock klickte laut auf dem Bürgersteig. »Zu welchem Zweck denn?«
    »Um die Jägerin zu beobachten.« Killy ging noch schneller und sah mich an. »Um Sie zu beobachten. Viel mehr weiß ich nicht, außer dass auch

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