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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Häuter deine Rasse durch das Labyrinth hetzten, wie wir Babys in Fesseln aus ihren Krippen stahlen.«
    Ich machte einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen, und die Welt verschwamm vor meinen Augen, bis ich gegen Mr. Koenig prallte und ihn mit zu Boden riss. Im Fallen fing er zu lachen an, hörte jedoch damit auf, als ich meine linke Handfläche gegen seine Stirn presste und die Worte des Exorzismus murmelte. Zee und die anderen sprangen aus den Schatten und landeten auf seinen Armen und Beinen.
    Er verzog die Lippen. »Du willst mich austreiben? Du willst mich aus diesem Körper vertreiben? Jägerin . Er wird nur eine bloße Hülle sein. Von dem Herz, das ich gestohlen habe, ist nichts übrig.«
    Ich packte sein Gesicht und spürte hinter meinen Rippen ein Kitzeln, ein Flattern - die Dunkelheit erhob sich. Nadelstiche glühten in meinem Herzen. Ich hatte einen Avatar so gierig getötet, hatte Franco und seine Leute vernichtet. Wenn ich mich jetzt gehen ließ, würde ich dasselbe mit Mr. Koenig machen. Ich musste es tun, es ging gar nicht anders.
    Und wenn du Grant verletzt?
    Grant. Er stand zu nahe bei mir. Wenn ich die Hand ausgestreckt hätte, hätte ich ihn berührt. Er hätte die Berührung zugelassen, ganz gleich, welche Macht in mir tobte. Selbst wenn ich mit einer Atombombe herumgespielt hätte, hätte er sie mir weggenommen. Ich wollte den Kopf drehen, ihn ansehen, ihm befehlen wegzulaufen, aber meine Kehle war rau, und meine rechte Hand brannte. Elektrizität zuckte an meinem Arm hoch. Meine Sehkraft wechselte von Auge zu Verstand, bis der Raum um mich herum verblasste und ich nur noch den Geist in dem
Körper unter mir fühlen konnte. Aber etwas stimmte nicht. Ich hatte Dämonen ausgetrieben, die Mistkerle von den menschlichen Seelen geschält … Aber dies hier war etwas anderes. Es war keine andere Seele in diesen Körper, er war nichts weiter als eine hohle Hülle. Wem auch immer der Körper vor Mr. Koenig gehört hatte, er war schon lange verschwunden. Die Haut unter mir hatte ebenso viel Wert wie ein guter Wintermantel.
    »Du willst meinen Tod«, brachte ich schließlich flüsternd heraus.
    »Ich will dich aus dem Weg haben, ja«, fauchte er mit glitzernden Augen. »Du warst einmal groß, Jägerin. Ein Schatz. Aber der Lichtbringer ist eine lohnendere Beute. Genauso wie der Schlüssel, den du an dir trägst.«
    »Dies hier?« Ich hob meine rechte Hand, in der ich immer noch mein kleines Messer hielt. Das Quecksilber schimmerte sowohl an meinem Ringfinger als auch an meinem Handgelenk. »Du willst das hier haben? Hol es dir doch, du Dreckskerl.«
    Dann rammte ich ihm das Messer in die Stirn.
    Knochen krachten. Mr. Koenig zuckte zusammen, riss die Augen auf, und im nächsten Moment riss ich das Messer wieder heraus. Gehirnmasse und Blut quollen durch das Loch. Aber der Mann atmete noch immer, mit geweiteten Nasenflügeln nun, als witterte er die Luft um mich herum. Dann überzog ein wilder, erschreckter Ausdruck sein Gesicht.
    »Dein Blut …«, flüsterte er schwach. »Jack! Was hast du …?«
    Zee streckte die Hand aus und brach ihm das Genick, bevor er den Satz beenden konnte. Mr. Koenig erschlaffte. Ich hatte keine Ahnung, aus welchem Grund diese Art zu töten effektiver war als ein Messerstich ins Hirn, aber es kümmerte mich auch nicht. Ich fühlte, wie der Avatar den Körper verließ. Ich fühlte
es in meinen Eingeweiden. Ich konnte das verdammte Ding schmecken: Es schmeckte bitter, widerlich, wie Seewasser mit Abwasser gemischt.
    Ich lehnte mich zurück. Mein Herz hämmerte. Meine rechte Hand klebte von Blut - und Zees warme, raue Zunge leckte meine Finger und meine Handfläche. Rohw und Aaz vibrierten, so sehr schnurrten sie. Mir war kalt, eiskalt. Das Messer glitt aus meiner Hand, und Zee fing es auf.
    Kräftige Hände packten meine Schultern und zogen mich von Mr. Koenig fort. Grant kniete neben mir, und sein Atem rasselte, als hätte er eine Rasierklinge im Hals.
    »Maxine«, stieß er heiser hervor, während er seine Lippen auf meine Stirn drückte. »Maxine, geht es dir gut?«
    »Dandy«, hauchte ich, beugte mich vor und erbrach.

12
    A ls ich sechzehn Jahre alt war, drohte ein Mann in Mexiko, mich zu töten. Er hielt mir seinen kalten Stahl an den Hals und verlangte Geld von meiner Mutter. Ich konnte mich auch später immer wieder an den beißenden Geruch seines Schweißes erinnern, an das nervöse Zittern in seiner Stimme. Er war kein schlechter Mensch, sondern nur ein Feigling, der es

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