In den Armen der Nacht
Kissen, eine Mahlzeit und eine Flasche Wein besorgt.«
»Eine Flasche Wein?«
»Sie haben gesagt, ich soll für ihr Wohlergehen sorgen, solange es im Rahmen bleibt«, wurde Eve von Peabody erinnert.
»Nicht, solange es den Vorschriften entspricht. Sie ist durchaus zufrieden, obwohl sie ein bisschen gejammert hat, weil sie ihr Handy abgeben musste und deshalb nicht telefonieren kann. Aber davon abgesehen findet sie es echt gemütlich und hat auch nichts dagegen, dass sie Ivansky als Gesellschaft hat.«
»Ich frage mich – ist nur so ein beiläufiger Gedanke –, weshalb unsere Zeugin Wein trinkt und gemütlich fernsieht statt uns ein Bild von den Mördern zu verschaffen.«
»Das ist meine Schuld, Lieutenant.« Yancy hob eine Hand. »Sie war einfach fertig. Sie hat ihre Sache für den Anfang wirklich gut gemacht, aber dann fing sie an zu fantasieren. Wenn sie eine Pause macht und mit neuen Kräften weitermacht, fallen ihr bestimmt noch irgendwelche Einzelheiten ein.«
»Okay, okay.« Eve raufte sich die Haare und rang
mühsam um Geduld. »Zeigen Sie mir, was Sie bisher haben.«
»Neue Bilder hochfahren«, wies er den Computer an.
Eve blickte auf ein paar grobe Skizzen – sie waren deutlich gröber als das, was sie normalerweise von dem Zeichner bekam. Beide Männer hatten kantige Gesichter, breite Kiefer und schienen zwischen Anfang vierzig und Anfang fünfzig zu sein. Die Brauen waren bleich und grade, die Münder grimmig, aber sinnlich voll. Beide hatten dunkle Kappen tief in die Stirn gezogen und dunkle Sonnenbrillen auf, so dass von der oberen Hälfte ihrer Gesichter nicht viel zu sehen war.
»Sie müssen mir die Kerle ohne Sonnenbrillen zeigen. Zeigen Sie mir, welches die wahrscheinlichste Augenform und -farbe ist.«
»Dazu komme ich noch. Ich muss die Bilder noch etwas bearbeiten, und wenn ich nachher noch mal mit Ophelia spreche, kriege ich bestimmt noch ein paar Einzelheiten hin.«
»Diese Bilder helfen mir nicht weiter, Yancy.«
»Lassen Sie mir bis morgen Zeit. Wie gesagt, sie hat gute Augen, aber bisher hat sie mir eher ihren Gesamteindruck von den Kerlen beschrieben als irgendwelche Details. Ich muss noch etwas mit ihr arbeiten, damit sie mir Einzelheiten nennt.«
»Wie viele dieser Einzelheiten wird sie wohl vergessen, wenn sie literweise Wein schlürft und dabei irgendwelche schwachsinnigen Filme guckt? Verdammt, ich habe zwei tote Cops.«
»Ich weiß schon, was ich tue.« Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, trat Yancy beinahe drohend auf sie zu. »Dass ich nie mit Knight und Preston gearbeitet habe, heißt schließlich noch lange nicht, dass mich der Fall
nicht interessiert. Wenn Sie Ergebnisse haben wollen, hauen Sie endlich ab und gehen mir nicht länger auf den Keks.«
Dafür hätte sie ihm eine verpassen können, was sie beinahe auch getan hätte. Wie gerne hätte sie an jemand anderem ausgelassen, dass sie frustriert und zornig war. Wenn man gerade keinen Gegner hatte, ging man womöglich auf die Freunde los.
»Halten Sie sich zurück, Detective.«
Seine Kiefermuskeln mahlten, und er zitterte vor Zorn, doch er trat einen Schritt zurück.
»Sie haben Recht«, erklärte Eve. »Sie wissen, was Sie tun, und ich enge Sie bei Ihrer Arbeit ein. Wir gehen augenblicklich eben alle auf dem Zahnfleisch. Ich habe darum gebeten, dass Sie die Bilder machen, weil Sie der Beste sind. Ich weiß auch, dass Sie schon Feierabend hatten und dass Sie freiwillig noch mal zurückgekommen sind.«
»Im Augenblick hat keiner von uns frei.« Seine Schultern entspannten sich. »Tut mir leid, dass ich Sie so angefahren habe, Dallas. Dass ich die Bilder nicht schneller hinbekomme, frustriert mich nicht weniger als Sie. Aber ich habe die Zeugin bei der ersten Sitzung bereits überstrapaziert. Jetzt braucht sie einfach eine Pause, bevor sie mir weiterhelfen kann.«
»Wie sicher sind Sie sich bezüglich der Gesichtsstruktur der beiden Kerle?«
»Ziemlich sicher. Wie gesagt, sie hat mir ihren Gesamteindruck geschildert, und ich würde sagen, dass die Gesichtsform zumindest in einem von den beiden Fällen stimmt. Wenn sie in beiden Fällen stimmt, könnten die beiden Brüder oder Vettern sein. Vielleicht auch Vater und Sohn.«
»Schicken Sie mir bitte eine Kopie. Ich fange einfach
schon mal mit den groben Skizzen an und versuche, Sie nicht noch mal zu nerven, bis Sie fertig sind.«
Er verzog den Mund zu einem schmalen Lächeln. »Das wäre wirklich nett.«
Im Haus herrschte vollkommene Stille, als sie
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