In den Armen der Nacht
zur selben Zeit in identische Räumlichkeiten zurück. In einer Synchronität der Disziplin und Zielgerichtetheit aßen sie dieselben Nahrungsmittel und beteten dieselben Götter an.
Teilten dieselbe kalte, harte Liebe zueinander, die sie als Loylität bezeichnet hätten, hätte je ein Mensch danach gefragt.
Während der eine jetzt trainierte und trotz des verletzten Beins mit schweißnassem Gesicht schmerzhafte Kniebeugen und Liegestützen absolvierte, saß der andere reglos vor dem Schaltpult und sah mit seinen wässrig
blauen Augen auf die Bildschirmreihe vor sich an der Wand.
Der Raum, in dem sie sich befanden, hatte keine Fenster und nur eine Tür. Doch es gab einen unterirdischen Notausgang und einen Selbstzerstörungsmechanismus, falls jemals irgendwer die Schutzschilde durchbrach.
Sie hatten genügend Vorräte, um zu zweit ein Jahr in diesem Raum zu überstehen. Früher einmal hatten sie geplant, den Raum als Zufluchtsstätte und Kommandoposten zu benutzen. Doch die Vision der Organisation, der sie beide dienten – die Erlangung der Macht über die Stadt –, hatte sich bisher noch nicht erfüllt.
Deshalb diente dieses Zimmer jetzt als Zufluchtsstätte und Kommandoposten für einen persönlicheren Zweck.
Sie hatten beinahe zehn Jahre für das große Ziel gekämpft und fochten seit sechs Jahren ihre private Fehde aus. Das große Ziel hatten sie nicht erreichen sollen, doch den kleinen, den privaten Feldzug würden sie gewinnen. Egal, um welchen Preis.
Immer noch schwitzend hielt der eine kurz in seinem Fitnesstraining inne und griff nach dem Krug mit dem gefilterten Wasser und dem Elektrolytzusatz.
»Wie geht es deinem Bein?«, wollte sein Bruder von ihm wissen.
»Zu achtzig Prozent okay. Morgen bin ich wieder hundertprozentig auf dem Damm. Dieser verdammte Cop war wirklich schnell.«
»Trotzdem ist er tot. Wir werden auch noch andere töten, nehmen auch noch die anderen Ziele ins Visier, aber das kann warten, bis Zielperson Nummer eins erledigt ist.«
Von einem der Monitore blickte die kleine Nixie Swisher lächelnd auf die spartanische Umgebung und auf die beiden Männer, die es auf sie abgesehen hatten.
»Vielleicht haben sie sie ja inzwischen aus der Stadt geschafft.«
Sein Bruder schüttelte den Kopf. »Dallas wird sie in der Nähe haben wollen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Kleine deshalb noch immer in New York. Bei Dallas zu Hause gehen ständig irgendwelche Bullen ein und aus, und auch wenn sie das Mädchen kaum bei sich zu Hause aufgenommen hat, hat sie sie auf alle Fälle in nicht allzu weiter Ferne von sich untergebracht.«
»Wenn wir uns Dallas schnappen, wird sie uns verraten, wo die Kleine ist.«
»Sie wird nicht nur damit rechnen, dass wir sie uns schnappen wollen, sondern wartet sicher schon auf uns. Wir dürfen nichts überstürzen. Roarkes Sicherheitssystem ist vielleicht so gut oder sogar noch besser als das System, das wir hier haben. Denn wir haben zwar unseren Notfallfonds, er aber schwimmt im Geld.«
»Bisher haben sie nichts, was uns mit dieser Sache in Verbindung bringt. Dadurch gewinnen wir ein wenig Zeit. Natürlich wäre es ein Riesencoup und würde vielleicht die gesamte Organisation wieder auf die Beine bringen, wenn es uns gelänge, bei Roarke zu Hause einzubrechen, ihn in seinem eigenen Bett zu eliminieren und den Cop zu kidnappen. Das wäre eine Botschaft, die die Mitglieder der Gruppe wieder zusammenführen würde, damit sie ihre Mission doch noch zu Ende bringt.«
Der Mann an der Konsole wandte sich wieder den Monitoren zu. »Wir müssen überlegen, wie dabei am besten vorzugehen ist.«
Das Kampfsportstudio in Queens wirkte nicht wie eine Schule, sondern eher wie ein Tempel oder ein Palast.
Das Foyer wirkte spartanisch, gleichzeitig aber elegant – die japanischen Sandgärten, die ihr schon immer
fremd gewesen waren, die großen Messinggongs, der leichte Geruch von Räucherstäbchen und die schimmernd rote Decke, die sich leuchtend von den weißen Wänden und dem weißen Boden abhob, gaben dem Besucher das Gefühl, dass er beim Betreten dieses Hauses urplötzlich in Asien gelandet war.
Die Tische waren niedrig, auf dem Boden waren rote, mit aus Goldfäden gestickten Symbolen verzierte Sitzkissen verteilt, und statt Türen gab es Schiebewände aus durchschimmerndem Papier.
Die Frau, die mit gekreuzten Beinen auf einem flachen Kissen vor einem Computer saß, legte ihre Handflächen zusammen und verbeugte sich.
»Wie kann ich Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher