In den Armen der Nacht
zugrunde zu gehen. Aber das hier hat sie für den Beginn des Heilungsprozesses gebraucht.«
»Sie wird noch viel mehr brauchen, weil die Dysons sie nämlich nicht nehmen.«
»Ich hatte gehofft … nun, vielleicht ist es so für alle das Beste. Sie würde die Dysons an deren Verlust erinnern und von ihnen an ihren eigenen Verlust erinnert werden, das täte keinem von ihnen gut.«
»Es ist für sie sicher nicht das Beste, wenn irgendein Richter, der sie gar nicht kennt, über sie bestimmt. Aber vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit. Ich kenne Leute, die qualifiziert wären, um sie zu sich zu nehmen. Ich habe überlegt, ob ich vielleicht Richard DeBlass und Elizabeth Barrister kontaktieren soll.«
»Das ist ein guter Gedanke.«
»Sie haben auch den Jungen zu sich genommen, den wir letztes Jahr an einem Tatort aufgefunden haben.« Eve wippte unbehaglich auf den Fersen, da ihr die Rolle der Familienplanerin eindeutig nicht lag. »Ich nehme an, sie haben ihn bei sich aufgenommen, weil ihre eigene Tochter ermordet worden ist. Obwohl sie schon erwachsen war und –«
»Eigene Kinder bleiben für einen immer Kinder. Egal, wie alt sie sind.«
»Wenn Sie es sagen. Wie dem auch sei, ich nehme an, sie wollten noch einmal eine Chance zu … was auch immer. Ich weiß, dass Roarke sie wegen dieses Jungen, äh, wegen Kevin, ein bisschen überfahren hat. Aber soweit ich weiß, haben sie sich inzwischen prima miteinander arrangiert. Wie ich bereits sagte, wären sie für die Aufnahme eines Kindes qualifiziert, vielleicht nehmen sie ja tatsächlich auch noch Nixie bei sich auf.«
»Das ist eine ausgezeichnete Idee. Am besten rufen Sie sie auf der Stelle an.«
Eve hegte ernste Zweifel, dass sie für ein derartiges Gespräch geeignet war. »Äh … ich rede besser vorher
noch mit Roarke, weil er die beiden besser kennt. Ich bin für sie die Polizistin, die den Mord an ihrer Tochter aufgeklärt und dabei ein paar wirklich schmutzige Familiengeheimnisse gelüftet hat. Er hingegen ist ihr Freund. Aber falls es klappt, brauche ich Ihre Unterstürzung bei den Gesprächen mit dem Jugendamt.«
»Sie haben bereits gründlich über alles nachgedacht. «
»Nein, aber es war die beste Idee, die ich hatte, seit Mrs Dyson heute Morgen die Bombe platzen lassen hat. Nixie musste schon genug durchmachen, ohne dass sie auch noch in die Mühlen des Systems gerät.«
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie mit Roarke gesprochen haben. Wir überlegen dann gemeinsam, was das Beste für Nixie ist. Aber jetzt sollte ich langsam wieder zu ihr gehen.«
»Ja, nur eins noch.« Eve zog das Foto aus der Tasche, das Dave Rangle ihr gegeben hatte, und hielt es Mira hin. »Der Partner ihres Vater hat mir das für sie gegeben. Swisher hatte es auf seinem Schreibtisch stehen, und sein Partner dachte, dass Nixie es vielleicht gerne hätte.«
»Was für eine reizende Familie.« Mira betrachtete das Bild. »Ja, das will sie sicher haben. Und es hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Wenn sie dieses Foto sieht, wird sie sich so an ihre Familie erinnern und nicht so, wie sie im Leichenschauhaus war.«
Dann blickte sie noch einmal auf Eve. »Möchten Sie ihr das Bild nicht lieber selber geben?« Auf Eves Kopfschütteln nickte die Psychologin mit dem Kopf. »Also gut, dann nehme ich es mit.«
Mira wandte sich der Treppe zu, blieb dort aber noch einmal stehen. »Sie weiß nicht, wie schwer es für Sie war, neben ihr zu stehen, als sie Abschied von ihrer Familie genommen hat. Aber mir ist es bewusst.«
Oben saß Summerset in einem breiten Sessel und hatte Nixie auf dem Schoß. »Sie haben gar nicht ausgesehen, als ob sie schlafen würden«, erklärte sie, legte den Kopf an seine Brust und spürte seinem Herzschlag nach. »Ich dachte, dass sie vielleicht so aussehen würden, aber das haben sie nicht getan.«
Seine langen, dünnen Finger streichelten ihr Haar. »Manche Menschen, darunter auch ich, glauben, dass unser Wesen – das heißt unser Geist oder unsere Seele –, wenn wir sterben, mehrere Möglichkeiten hat.«
»Was für Möglichkeiten?«
»Ein paar der Möglichkeiten hängen davon ab, wie wir unser Leben gelebt haben. Wenn wir immer unser Bestes gegeben haben, können wir nach unserem Tod beschließen, an einen Ort zu gehen, an dem es völlig friedlich ist.«
»Wie die Engel, die auf den Wolken sitzen.«
»Vielleicht.« Er strich ihr weiter sanft über das Haar, während der Kater in den Raum getrottet kam und zu ihnen auf die
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