In den Armen der Nacht
hübsches Einfamilienhaus in einer guten Gegend, einen Anteil an einem Strandhaus in den Hamptons und Privatschulen für beide Kinder leisten zu können. Nahm man noch das Einkommen der Ehefrau hinzu, hatte es sogar für eine im Haus wohnende Angestellte, Ferien mit der Familie, Restaurantbesuche und andere Freizeitaktivitäten, wie die Mitgliedschaft in einem teuren Golfclub, sowie für eine kleine Reserve für den Notfall auf dem Sparkonto gereicht.
Sie hatten, wie es aussah, im Rahmen ihrer Verhältnisse gelebt.
Keelie Swisher, zwei Jahre jünger als ihr Mann, keine Vorstrafen, keine ungewöhnlichen Erkrankungen, hatte Ernährungswissenschaft studiert und vor der Geburt der Kinder eine gut bezahlte Stelle in einem exklusiven Wellnessclub
im Stadtzentrum gehabt. Nach der Geburt des ersten Kindes hatte sie ein Jahr pausiert und war dann auf ihre alte Position zurückgekehrt. Auch nach der Geburt des zweiten Kindes hatte sie ein Jahr Erziehungsurlaub genommen, sich dann aber selbstständig gemacht.
Gut leben, hatte sie ihre Praxis genannt. Klang nicht wie der Laden einer Ernährungsberaterin, hatte aber offenkundig funktioniert. Nach einem schwachen ersten Jahr war es bereits im zweiten Jahr merklich bergauf gegangen, und seither hatte Keelie Swisher einen soliden Kundenstamm gehabt, ihr Geschäft hatte floriert.
Sie sah sich die Akte des Jungen an. Er war anscheinend nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, denn nichts wies auf die Existenz einer versiegelten Strafakte hin. Auch die Krankenakte zeigte nichts, was auf Missbrauch oder Gewaltanwendung schließen ließ. Zwar waren jede Menge Prellungen und Brüche in dem Dossier verzeichnet, aber sie hatten nach Aussage der Ärzte immer etwas mit Sport zu tun gehabt.
Er hatte mit Erlaubnis seiner Eltern ein eigenes Bankkonto gehabt. Eve spitzte nachdenklich die Lippen, als sie die regelmäßigen monatlichen Einzahlungen entdeckte, doch sie waren viel zu bescheiden, als dass sich daraus auf irgendwelche kriminellen Machenschaften schließen ließ.
Auch auf Nixies Konto wurde jeden Monat ein etwas geringerer Betrag gezahlt.
Während sie darüber grübelte, woher zwei Kinder regelmäßig Geld bekamen, kam Peabody mit einer fettig glänzenden, duftenden, weißen Tüte durch die Tür. »Ich habe auf dem Weg hierher noch zwei Gyros für uns gekauft. Meins habe ich bereits gegessen, falls Sie also keinen Hunger haben, schiebe ich mir gern auch noch das zweite rein.«
»Ich habe aber Hunger, und vor allem sollte niemand zwei Gyros nacheinander essen.«
»He, ich habe im Krankenhaus fast drei Kilo abgenommen. Okay, zwei sind inzwischen wieder drauf, aber wenn ich richtig rechne, bleibt noch ein Kilo übrig, das ich mir wieder anfuttern darf.« Trotzdem stellte sie die Tüte auf Eves Schreibtisch ab. »Wo ist Nixie?«
»Summerset.« Eve warf den Energieriegel in eine Schublade des Schreibtischs, zog das Gyros aus der Tüte, nahm einen großen Bissen und murmelte dabei etwas, das wie »Schu-a-en« klang.
»Ich habe die Schulakten der beiden eingesehen«, übersetzte ihre Partnerin und hielt ihr zwei Disketten hin. »Die Leiterinnen ihrer Schulen waren völlig fertig, als sie von mir hörten, was geschehen ist. Es scheinen wirklich nette Schulen zu sein. Coyle war ein guter Schüler. Seine Leistungen sind in der letzten Zeit nicht abgefallen, und er hat auch nicht öfter als sonst gefehlt. Nixie ist eine echte Überfliegerin. Beide Kinder haben bei den Intelligenztests überdurchschnittlich abgeschnitten, aber sie ist noch viel besser als ihr Bruder und macht wirklich das Beste aus dem, was die Natur ihr mitgegeben hat. Keiner von beiden hatte Probleme mit der Disziplin. Sie wurden ab und zu verwarnt, weil sie während des Unterrichts geschwatzt oder heimlich irgendwelche Videospiele mit in die Schule gebracht haben, aber so etwas ist vollkommen normal. Coyle hat Softball und Basketball gespielt, und Nixie war in der Theatergruppe ihrer Schule, hat für die Schulzeitung geschrieben und im Schulorchester die Piccoloflöte gespielt.«
»Was zum Teufel ist denn das?«
»Wie der Name bereits sagt, eine kleine Flöte. Beide Kinder waren also neben dem Unterricht noch in verschiedenen AGs und haben, wie die guten Noten zeigen,
anscheinend auch gewissenhaft ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hatten also sicher keine Zeit, um auf dumme Gedanken zu kommen.«
»Sie haben beide eigene Konten, auf denen regelmäßig etwas eingegangen ist. Woher haben Kinder bis zu hundert Dollar
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