In den Armen der Nacht
irgendetwas Heißes bei Ihnen auf dem Tisch?«
»Wir kommen mit den Fällen, die wir augenblicklich haben, ziemlich gut zurecht.«
»Ist irgendwas dabei, was Sie unbedingt selber machen wollen?«
»Ich soll also meine Fälle jemand anderem aufhalsen. Kein Problem.«
»Ich hätte Sie und Trueheart zum Zeugenschutz gerne bei mir daheim.«
»Wann?«
»Wenn’s geht, sofort.«
»Ich sage dem Jungen Bescheid. Sie haben zwei Kinder umgebracht?« Während er mit ihr in Richtung seines Arbeitsplatzes ging, wurde seine Miene ernst. »Und dann auch noch im Schlaf?«
»Es wäre noch schlimmer gewesen, wenn sie wach gewesen wären. Sie und Trueheart sollen sich um die Augenzeugin
kümmern. Ein neunjähriges Mädchen. Möglichst inoffiziell. Selbst Whitney weiß noch nichts davon. «
Sie marschierte an den Schreibtischen der anderen vorbei in Richtung der geliebten Besenkammer, die ihr als Büro zugewiesen worden war.
Wie sie vorhergesehen hatte, saß Nadine Furst, die Starreporterin von Channel 75, auf ihrem wackeligen Schreibtischstuhl. Sie war wie immer tadellos frisiert und hatte sich die blond gesträhnten Haare aus dem Katzengesicht gekämmt. Ihre Jacke und die Hose hatten die Farbe reifer Kürbisse, und aus irgendeinem Grund verlieh die leuchtend weiße Bluse, die sie darunter trug, dem Outfit einen femininen Touch.
Sie hielt in der Lektüre ihres Notizbuchs inne, als Eve den Raum betrat. »Tun Sie mir nicht weh. Ich habe Ihnen extra ein Plätzchen aufgehoben.«
Wortlos verwies Eve Nadine auf den Besucherstuhl und nahm selber hinter ihrem Schreibtisch Platz. Als sie danach immer noch nichts sagte, sah Nadine sie fragend an. »Wollen Sie mir keine Predigt halten oder mich ein bisschen anschreien? Wollen Sie etwa keinen Keks?«
»Ich komme gerade aus dem Leichenschauhaus, wo ein kleines Mädchen mit von hier bis hier –«, sie legte ihre Finger links und rechts an ihren eigenen Hals, »aufgeschnittener Kehle auf einem kalten Stahltisch liegt.«
»Ich weiß.« Auch Nadine setzte sich wieder hin. »Oder ich weiß zumindest einen Teil. Eine ganze Familie, Dallas. Egal, wie hartgesotten wir beide auch sind, geht einem so was an die Nieren. Und nachdem diese Familie in ihrem eigenen Haus überfallen und ermordet worden ist, brauchen die Menschen, um sich schützen zu können, natürlich ein paar Details.«
Schweigend zog Eve die Brauen hoch.
»Das ist einer der Gründe, weshalb ich hierher gekommen bin«, blieb Nadine bei ihrem Argument. »Obwohl ich natürlich nicht leugne, dass es mir auch um Einschaltquoten und um mein persönliches Interesse an heißen Storys geht. Aber die Heiligkeit der eigenen vier Wände sollte immer noch etwas bedeuten. Die Sicherheit von unseren Kindern sollte uns allen wichtig sein.«
»Reden Sie mit unserem Pressesprecher.«
»Der sagt keinen Ton.«
»Was wiederum Ihnen etwas sagen sollte, Nadine.« Ehe die Reporterin etwas erwidern konnte, hob Eve abwehrend die Hand. »Was ich bisher weiß, hilft der Öffentlichkeit nicht weiter, und ich bin nicht geneigt, Ihnen Dinge zu verraten, die bisher bloße Vermutungen sind. Es sei denn …«
Nadine lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schlug ihre phänomenalen Beine bequem übereinander. »Nennen Sie mir Ihre Bedingungen.«
Eve beugte sich zur Seite, warf ihre Bürotür zu und drehte sich mit ihrem Stuhl, bis sie Nadine direkt gegenüber saß. »Sie wissen, wie man Berichte färbt, wie man Storys so verkauft, dass sie die Menschen, von denen Sie so gern behaupten, dass sie einen Anspruch darauf haben, immer über alles auf dem Laufenden zu sein, beeinflussen.«
»Ich bitte um Entschuldigung, aber als Journalistin bin ich stets um Objektivität bemüht.«
»So ein Schwachsinn. Die Objektivität der Medien hängt ja wohl vor allem von den Einschaltquoten ab. Sie wollen Einzelheiten wissen, wollen hören, was wir Insider vermuten, wollen exklusive Interviews und alles, was sonst noch auf Ihrer Liste steht? All das werden Sie bekommen. Und wenn die Sache unter Dach und Fach ist und ich diese Typen hinter Gitter bringe – und
das werde ich ganz sicher tun –, verlange ich im Gegenzug, dass die Journaille kein gutes Haar an ihnen lässt. Ich verlange, dass Sie diese Schweine in Ihren Berichten als die Ungeheuer darstellen, gegen die die Dorfbewohner früher mit Äxten und mit Fackeln vorgegangen sind.«
»Sie wollen, dass die Presse sie verurteilt.«
»Nein.« Eve zog eine boshafte Grimasse, die ganz sicher nicht als Lächeln zu
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