In den Armen der Nacht
den Mund, und sie schluckte ihr Salz herunter. »Ich versuche nur zu helfen.«
Unglaubliche, unaussprechliche Schmerzen wogten in ihr auf. Während sie schreiend um Gnade flehte, versagte ihr Gehirn den Dienst.
»Du bist der Sand im Getriebe des Systems. Statt den Menschen zu helfen, stößt du sie in den Staub. Aber jetzt hat sich das Blatt gewendet. Jetzt bist du diejenige, die in den Staub getreten wird. Willst du entkommen, Meredith?«
Sie schmeckte Erbrochenes auf ihrer Zunge und in ihrem Hals. »Ja. Tun Sie mir nicht mehr weh, bitte, tun Sie mir nicht mehr weh.«
»Nixie Swisher. Lass mich dein Gedächtnis auffrischen. Ein Mädchen, ein kleines Mädchen, das nicht in seinem Bett lag, wo es hätte liegen sollen. Ein ungehorsames Kind. Ungehorsame Kinder sollten bestraft werden, nicht wahr?«
Sie öffnete unsicher den Mund. »Ja«, sagte sie und betete, dass das die richtige Antwort war.
»Kannst du dich jetzt an sie erinnern? Kannst du dich an das kleine Mädchen erinnern, das nicht in seinem Bett gelegen hat? An Grant und Keelie Swisher, beide tot. Beide hingerichtet. Ihnen wurden die Kehlen aufgeschlitzt. Kannst du dich jetzt erinnern, Meredith?«
Seine Stimme hatte sich ein klein wenig verändert. Jetzt enthielt sie eine Spur von Leidenschaft. Ein Teil von ihrem Hirn registrierte die Veränderung, der Rest zitterte vor Angst. »Ja, ja, jetzt kann ich mich erinnern.«
»Wo ist sie?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich schwöre, ich habe keine Ahnung.«
»Blau«, berichtete die andere Stimme.
»Gib Strom.«
Sie schrie und schrie und schrie, während der Schmerz ihr Innerstes zerriss.
»Du hast dich in der Nacht, in der sie exekutiert wurden, im Haus der Swishers eingefunden.«
Ihr Körper zuckte immer weiter, Speichel lief ihr über das Kinn.
»Hast du mit Nixie Swisher gesprochen?«
»Gesprochen, untersucht. Untersucht, gesprochen. Standard. Keine Verletzungen, kein sexueller Missbrauch. Aber Schock.«
»Was hat sie gesehen?«
»Ich kann nichts sehen.«
»Was hat Nixie Swisher gesehen?«
»Männer. Zwei Männer. Messer. Hälse. Blut. Wir werden uns jetzt verstecken. Verstecken und sicher sein.«
»Ich verliere sie.«
»Stimulans.«
Sie fing wieder an zu weinen, weil sie wieder da war, weil sie wieder wach und bei Bewusstsein war, während der Schmerz in ihrem Innern weiterlebte. »Nicht mehr, bitte. Nicht mehr.«
»Es gab eine Überlebende bei der Exekution der Swishers. Was hat sie dir erzählt?«
»Sie …« Meredith erzählte ihnen alles, was sie wusste.
»Sehr gut, Meredith. Sehr anschaulich. Wo ist Nixie Swisher jetzt?«
»Sie haben es mir nicht gesagt. Die Polizistin hat sie mitgenommen. Das war gegen die Vorschrift, aber sie hat sich einfach durchgesetzt.«
»Als die für sie zuständige Frau vom Jugendamt musst du wissen, wo sie ist. Du musst sie überwachen.«
»Sie haben über meinen Kopf hinweg entschieden. Ich habe keine Ahnung. Die Polizistin hat sie mitgenommen. Sie steht unter Polizeischutz.«
Sie konnte nicht sagen, wie oft die Schmerzen wie brennende Pfeile durch ihren Körper schossen. Konnte nicht sagen, wie oft sie aus der Ohnmacht herausgerissen wurde, wie oft sie immer dieselben Fragen gestellt bekam.
»Sehr gut, Meredith. Ich brauche die Adressen sämtlicher sicherer Unterkünfte, die du kennst. Sämtlicher Schlupflöcher für ungehorsame Frauen und Kinder, die das System geschaffen hat.«
»Ich kann nicht – ich versuche es«, schrie sie gegen die nächste Woge der Schmerzen an. »Ich versuche, mich daran zu erinnern.« Schluchzend und wimmernd stieß sie Adressen aus. »Ich kenne sie nicht alle, ich kenne sie nicht alle. Nur die, von denen sie mir erzählt haben. Ich bin nur eine kleine Nummer.«
»Du bist Sand im Getriebe, weiter nichts. Wer hat Nixie Swisher mitgenommen?«
»Die Polizistin. Von der Mordkommission. Dallas. Lieutenant Dallas.«
»Ja, natürlich. Lieutenant Dallas. Sehr gut, Meredith. «
»Ich habe Ihnen alles gesagt. Alles, was ich weiß. Lassen Sie mich jetzt gehen?«
»Ja. Und zwar schon bald.«
»Wasser, bitte. Könnte ich ein bisschen Wasser haben?«
»Hat Lieutenant Dallas angedeutet, wo sie Nixie Swisher unterbringen will?«
»Nein, nein. Ich schwöre es, ich schwöre es. Sie hat
die Verantwortung für sie übernommen. Das war gegen die Vorschriften, aber sie hat es trotzdem gemacht. Ich wollte nach Hause. Es war ein grauenhafter Ort. Ich wollte nur noch weg. Ich hätte das Mädchen irgendwo unterbringen sollen, aber Dallas
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