In den Armen der Nacht
ich mir merken. Aber jetzt müssen Sie erst noch etwas bleiben, bis ich einen Zeichner organisieren kann.«
»Und Sie sperren mich nicht wieder ein?«
»Nein.« Während sie sich erhob, kam Eve zu dem Ergebnis, dass sich ihre Großzügigkeit vielleicht sogar noch toppen ließ. »Bisher wurde noch keine Belohung auf die Kerle ausgesetzt, aber das wird sicher noch passieren. Bei Polizistenmorden wird das immer so gemacht. Falls die Infos, die Sie uns gegeben haben, zu einer Verhaftung führen, werde ich dafür sorgen, dass man sie Ihnen ausbezahlt.«
Jetzt klappte Ophelia die Kinnlade herunter. »Sie wollen mich verarschen.«
»Es ist einfach so, dass wir es honorieren, wenn uns jemand freiwillig hilft.«
Sobald sie den Raum verlassen hatte, packte Peabody Eve am Arm. »Das ist der erste echte Durchbruch, Dallas. Sie hat die Kerle tatsächlich gesehen.«
»Allerdings. Ausgerechnet eine gottverdammte Nutte. Man weiß eben nie, wer einem vielleicht helfen kann.«
Als Jannson aus dem Observationsraum kam, nickte Eve ihr zu. »Gute Arbeit, Detective.«
»Sie haben Ihre Sache selbst hervorragend gemacht. Sie haben die Infos aus ihr herausgezogen wie ein Bonbon an einer Schnur. Wenn Sie wollen, besorge ich den Zeichner.«
»Rufen Sie Yancy an, der ist der Beste. Falls er zu Hause ist, bestellen Sie ihn ein. Ich will nicht, dass die Medien jetzt schon Wind davon bekommen, dass es eine Zeugin gibt. Der Name der Frau wird aus allen Dateien gelöscht.«
»Okay.«
Eve wandte sich wieder an ihre Partnerin. »Ich will, dass sie hier auf der Wache bleibt. Ich will nicht, dass sie freigelassen wird. Wenn sie erfahren, was sie uns erzählt hat, werden sie sie finden. Und wenn wir sie laufen lassen, wird sie die Geschichte sofort jedem erzählen, der sie hören will. Am besten bleibt sie deshalb erst mal hier. Besorgen Sie ihr alles, was sie haben will, solange es halbwegs im Rahmen bleibt. Sorgen wir dafür, dass sie ihre gute Laune nicht verliert.«
»Wird erledigt«, meinte ihre Partnerin und kehrte in den Vernehmungsraum zurück.
Auf dem Weg in ihr Büro zog Eve ihr Handy aus der Tasche und rief zu Hause an. Roarke hatte ihren Anruf offenbar bereits erwartet, denn sein Gesicht erschien sofort auf ihrem Monitor.
»Könnte noch eine ganze Weile dauern, bis ich nach Hause kommen kann. Wir haben eine neue Spur.«
»Was kannst du mir erzählen?«
»Wir haben eine Straßennutte aufgetan, die sie ein paar Blocks vom Tatort entfernt angesprochen hat. Genaueres erzähle ich dir später. Ich habe sie hier auf der Wache und lasse Yancy kommen, damit er Phantombilder
erstellt. Ich bleibe noch solange hier, denn vielleicht werden die Bilder ja so gut, dass man jemanden darauf erkennen kann.«
»Was kann ich tun?«
»Seltsam, dass du fragst.« Sie ignorierte die fragenden Blicke der Kollegen, marschierte schnurstracks an den Schreibtischen vorbei in ihr Büro und zog die Tür hinter sich zu.
»Hättest du vielleicht Lust auf ein bisschen Routinekram? «
»Es wäre mir lieber, wenn du es als Computerarbeit eines Experten bezeichnen würdest. Übrigens, Lieutenant, hast du gerade einen Blick, der mir ausnehmend gut gefällt.«
»Ich bin ihnen auf der Spur.« Ophelia hat das Blut gerochen, dachte sie. Und jetzt roch sie es auch. »Ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Swishers vielleicht nicht die ersten Opfer waren. Es ist eine Art Crescendo – nennst du es nicht so, wenn du mich in Symphoniekonzerte und andere blödsinnige Veranstaltungen schleppst?«
»Das ist es, meine geliebte, unkultivierte Eve.«
»Das Crescendo ist der große Knall. Vor allem aber das, was vorher kommt, wenn es immer lauter wird. Vielleicht waren sie also nicht die Einzigen. Und vor allem nicht die Ersten.«
»Du und Feeney, habt doch schon beim IRCCA nach ähnlichen Verbrechen angefragt.«
»Vielleicht war es ja kein ähnliches Verbrechen – ich meine, vielleicht sind sie nicht in das Zuhause irgendwelcher Leute eingedrungen, um sie in ihren Betten abzuschlachten. Aber vielleicht hatte irgendein vorangegangenes Verbrechen ja etwas damit zu tun. Hier ist meine Theorie: Falls jemand sauer genug auf ein oder mehrere
Mitglieder des Swisher-Haushalts war, um die Familie auszulöschen, hat es vorher vielleicht auch schon jemand anderen oder sogar mehrere andere gegeben, auf die er derart sauer war. Am besten suchen wir nach logischen oder notfalls auch unlogischen Verbindungen zu irgendwelchen Verbrechen, die früher begangen
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