In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)

Sie sah den Raum vor sich, in dem Magellan stand, mit seinen blutverschmierten Fingern, schien den scharfen Geruch von Blut wahrzunehmen. Diese Kreatur, die dort ihr Leben aushauchte, hatte ihr direkt in die Augen geblickt, ihre Wut und ihre Verzweiflung hatten sie bis ins Innerste berührt. Niemand sollte auf eine solche Weise sterben. Niemand.
    Nikodemus spreizte die Hände. » Mach dir darüber keine Gedanken– die Gestalt, die ich jetzt habe, ist die einzige, die für dich wichtig ist.« Er trat nicht zurück, absichtlich nicht. Seine Nähe irritierte sie.
    » Und jetzt?«
    » Das, Süße, ist die Frage des Tages.«
    Er machte sie immer nervöser. Am liebsten wäre sie zurückgewichen, doch das wäre eine Art Kapitulation gewesen.
    » Verdammt, das ist vielleicht sogar die Frage des Jahrhunderts«, fuhr er fort. » Was soll ich bloß mit Magellans Hexe anfangen, jetzt, da ich sie endlich erwischt habe?«
    » Mich in das Geschäft zurückbringen, wo du mich gekauft hast?«
    Er lachte nicht. Er lächelte nicht einmal.
    Würde er sie möglicherweise auf die Straße setzen, sodass Kynan sie fand? Diese Vorstellung weckte mehr als nur ein bisschen Entsetzen in ihr. Dann wäre sie ganz auf sich allein gestellt. Mit einem schwindenden Vorrat an Geld und Kynan, der sie jagte. Die Kehle wurde ihr eng. Nikodemus hatte recht: Ihr Leben war eine Katastrophe.
    Er setzte sich auf die Couch, und sie rückte unauffällig ein Stück von ihm weg. Er legte einen Arm auf die Sofalehne, die Beine hatte er so übereinandergeschlagen, dass der Knöchel auf dem Knie lag.
    » Selbst wenn es in meinem Interesse wäre, dich gehen zu lassen– was nicht der Fall ist–, gäbe es wohl kaum einen Ort, an dem Magellan dich nicht finden könnte.« Er lehnte sich zu ihr vor, wieder kam er ihr zu nah, durchbrach den Abstand, bei dem sie sich noch wohlgefühlt hätte. Er hatte so ein wunderbares Lächeln und konnte es in Sekundenschnelle verdüstern. » Vielleicht auch gar keinen.«
    » Aber jeden Tag tauchen Leute ab, ohne dass jemand sie aufspüren kann.« Sie rückte noch weiter weg, setzte sich genau wie er seitlich hin und zog die Knie an die Brust. Er sah kein bisschen anders aus als in dem Moment, in dem sie sich begegnet waren, und unwillkürlich fragte sie sich, ob sie sich nur eingebildet hatte, ihn mit schwarzem Haar und grünen Augen zu sehen.
    » Um dich zu finden, brauchen Magellans Dämonen nur ihrer natürlichen Verbundenheit zu Menschen mit magischen Fähigkeiten zu folgen. So, wie du gesendet hast, hätte dich ein Baby entdecken können. Sei froh, dass ich schneller als Kynan war.«
    » Was gesendet?« Und was meinte er mit » Magellans Dämonen«? Sie verstand das alles nicht. Verwirrt fuhr sie sich durchs Haar und wünschte sich, sie hätte etwas, um es zusammenzubinden.
    Er legte auch den anderen Arm auf die Lehne, berührte Carson fast. » Magie, Carson. Hexen und Magier besitzen sie, und auch wir Dämonen. Sie ist unser sechster Sinn. Mit ihrer Hilfe überleben wir. Wir können nicht existieren, ohne auf die eine oder andere Weise mit Magie verbunden zu sein.«
    Carson begann zu zittern, als wäre sie plötzlich eisiger Kälte ausgesetzt. » Das ist doch absurd.« Sie lehnte ihre Stirn gegen die Knie. » So etwas gibt es nicht.«
    Nikodemus sprang unvermittelt auf, begann auf und ab zu laufen. Carson hob den Kopf und folgte ihm mit dem Blick. Genauso unvermittelt blieb er wieder stehen und starrte sie an.
    » Magellan hat dich manipuliert, Carson. Magier wie er überlassen nichts dem Zufall. Alles, was du bist oder nicht bist, ist genau so beabsichtigt.« Er runzelte die Stirn. » Verdammt, wie heißt das Wort noch mal?« Er schnippte mit den Fingern. » Unschuldig? Naiv?«
    Sie sah ihn nur an.
    » Ahnungslos. Ehrlich gesagt, das hatte ich nicht erwartet. Dass du nicht das Geringste über Magellan weißt oder darüber, was er ist. Ein Magier, Carson, ein Hexenmeister.« Er sah sie an. » Dass du nicht einmal weißt, was du selbst bist.«
    » Ich hasse ihn.« Es tat gut, es laut auszusprechen. Sie hasste Álvaro Magellan abgrundtief.
    Nikodemus ließ sich in den Ledersessel fallen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. » Wenn ich du wäre, würde ich mich fragen, was, zum Teufel, Magellan mir angetan hat.«
    Er blickte zur Decke hinauf, und Carson hätte schwören können, dass die Sterne zu leuchten begannen. Sie saß vielleicht einen halben Meter von ihm entfernt, doch sie dachte gar nicht daran, wegzuschauen, obwohl