In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)
durchschnitt das Messer die Luft.
Magellan riss erneut an ihrem Handgelenk. Schmerz schoss in ihre Schulter und wieder zurück. Gleich würde er erneut zustechen, doch sie spürte nichts. Vielleicht tat das Sterben ja nicht weh. Vielleicht bewahrte der Schock einer tödlichen Verletzung sie davor, überhaupt etwas zu empfinden.
Da schlug etwas so heftig gegen die Wand, dass der gesamte Raum bebte. Nikodemus hatte Xia durch die Luft geschleudert, und der riesige Dämon versuchte gerade, sich wieder aufzurappeln.
» Eine Bewegung«, drohte Magellan, » nur der kleinste Versuch, deine Magie einzusetzen, und sie ist tot.«
Carson, die nun auf dem Rücken lag, sah, wie Nikodemus sich erneut gegen Xia wappnete. Doch in ihrem Geist nahm sie ihn nicht mehr wahr.
» Hör nicht auf ihn«, sagte sie und ignorierte sowohl Magellans brutalen Griff als auch das auf sie gerichtete Messer. Ärger, mächtiger Ärger wallte in ihr auf. Ihr gesamtes Leben war eine einzige Lüge gewesen. Nikodemus war es, der ihr die Wahrheit aufgezeigt hatte. Mochte er sie auch für seine eigenen Zwecke benutzen, es war ihr egal, solange Magellan nicht das bekam, was er haben wollte. » Ich werde es dir nie verzeihen, wenn du ihm gehorchst. Niemals.«
Der Hexer verrenkte ihr noch weiter den Arm, bis ihre Schulter fast ausgekugelt war, er senkte die Klinge in ihr Handgelenk. Und dennoch blieben ihre Finger fest um die kleine Figur geschlossen.
» Lass los!«, befahl er. » Oder ich schneide dir die Hand ab.– Und du…« Er zeigte auf einen seiner Dämonen. » Du wirst Nikodemus töten!«
Der Magiegebundene stieß einen durchdringenden Schrei aus und stürzte auf Nikodemus zu.
Adrenalin schoss durch Carsons Adern. » Nein!«, schrie sie auf. Sie versuchte, Magellan herunterzuziehen, während sie sich gleichzeitig nach hinten schwang.
Damit hatte der Magier nicht gerechnet. Er taumelte zurück, lockerte seinen Griff jedoch nicht. Ihr Schwung trug Carson über den Tisch. Sie krachte mit dem Rücken auf den Boden, wurde aber halb wieder hochgerissen, weil Magellan sie hielt.
Inzwischen war ihr gesamter Arm ohne Gefühl. Magellan musste ihr tief ins Fleisch geschnitten haben. Der winzige Teil ihres Verstandes, der noch nicht von Schmerz und Entsetzen gelähmt war, sagte ihr, dass sie in einen Schockzustand glitt.
Nikodemus sprang auf den Tisch, und wie mit einer Peitsche schlug er mit gleißender Hitze zu. Die Luft, die Carson einatmete, brannte in ihrer Kehle. Die Kälte in ihrem Inneren wurde von ihm aufgesogen.
Der Dämon, der ihn angriff, stürzte wie ein gefällter Baum und rührte sich nicht mehr. Rasmus flog quer durch den Raum und landete drei Meter entfernt auf dem Boden. Silberblitze schossen aus Nikodemus’ Augen, trafen Xia, der aus einer Wunde an seiner Wange zu bluten begann.
Magellan schrie, doch er ließ Carson nicht los. Immer noch versuchte er, ihr den Talisman zu entreißen. Und dann hörte sie ihn Worte murmeln, sah, wie Nikodemus sich nach hinten überschlug, als würde er von einer unsichtbaren Hand weggestoßen.
Wieder stieß das Messer herab. Ihr Handgelenk brannte heiß-kalt, ihr ganzer Körper zog sich vor Schmerz zusammen. Ein Schrei stieg in ihrer Kehle auf.
Und dann ließ Magellan plötzlich los. Carson fiel zurück.
Wieso?
Ihr Herz klopfte wie verrückt. Schwerfällig rollte sie sich zur Seite, immer noch von Furcht erfüllt.
Magie erhitzte den Raum, raste mit einer solchen Kraft hindurch, dass es Carson schüttelte.
Und dann spürte sie noch etwas, einen Kontrapunkt zu dieser Magie, etwas, was sie quälte und ihr den Atem nahm. Erinnerungen drangen auf sie ein, Bild auf Bild, ein Kaleidoskop aus Farben und Menschen und Szenen, die dem Leben eines anderen entsprangen. Unvorstellbarer Schmerz durchdrang sie, ein Ausbruch an Energie, der sie innerlich verbrannte.
Sie konnte nichts anderes tun, als auf dem Boden liegen zu bleiben und darum zu kämpfen, Luft in ihre Lungen zu bekommen.
Nikodemus schrie, rief ihr zu, dass sie sich auf sich selbst konzentrieren solle, doch sie wusste nicht, wie sie das bewerkstelligen sollte und warum.
Und dann, ganz ohne Vorwarnung, fiel die Hitze in ihr in sich zusammen. Die Luft um sie herum kühlte ab. Es war vorbei. Ihre eigenen Empfindungen kehrten zurück, und am schlimmsten war der Schmerz, der sie wie ein Raubtier überfiel.
Sie hätte sich übergeben, wenn sie die Kraft dazu besessen hätte. Als die Übelkeit ein wenig nachließ, rollte sie sich wieder auf den
Weitere Kostenlose Bücher