In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)
ruhig an, dass er es kaum ertrug. » Und was ist, wenn das Krankenhaus zu ihr kommt?«, wollte er dann wissen.
» Was soll das?« Nikodemus griff nach Harshs Gedanken, bereit, sie zu durchwühlen, ohne Erlaubnis und ohne Bedauern.
Doch Harsh wich zurück, nur aufgehalten durch Nikodemus’ festen Griff um sein Handgelenk. Er errichtete eine ungeschickte, aber dennoch wirksame Abwehr. Nikodemus hätte sie mit Leichtigkeit einreißen können, aber er wartete, aus Respekt vor dem anderen, gleichzeitig nicht allzu weit davon entfernt, verdammt unhöflich zu sein.
Es war nicht das erste Mal, dass er den Verdacht hegte, Harsh sei nicht das, was er zu sein vorgab. Kein Warlord. Auch nicht selbst ein irrer Blutzwilling. Wäre das der Fall, wüsste er es. Aber er war auch kein normaler Dämon. Ein Durchschnitts-Dämon lebte nicht mit Blutzwillingen zusammen.
Nikodemus drückte Carson fester an sich und überlegte, ob er Harsh wirklich vertrauen konnte. » Was bist du?«, fragte er.
Harsh seufzte. » Ich gehöre zum Stab der USCF . Zumindest gehörte ich dazu, bevor ich magiegebunden wurde.«
» Zum Stab…« Nikodemus musste einen Moment nachdenken, bevor ihm einfiel, was das bei den Menschen bedeutete. » An der Universität von Kalifornien in San Francisco? An der Medizinischen Fakultät?«
Harsh nickte.
» Du bist Arzt?«
» Onkologe. Spezialisiert auf Krebserkrankungen des Bluts.«
» Du behandelst Menschen, die Krebs haben?« Dämonen nahmen keine Jobs in der Menschenwelt an. Sich mit Menschen einzulassen hieß, entdeckt oder gebunden zu werden. Dämonen mischten sich nur dann unter Menschen, wenn es nötig war. Sie lebten am Rand der menschlichen Gesellschaft, unbemerkt wie die Wildtiere in der Stadt– bis irgendjemand sie zufällig bemerkte. Menschen waren lediglich eine Quelle der psychischen Energie, von alters her Dämonenbeute.
» Ich bin kein Notarzt, Warlord.«
» Aber du warst auf der Universität.« Sein Herz machte einen gewaltigen Satz, der Widerhall seiner Gefühle war so mächtig, dass Carson es spürte und sich regte. Nikodemus machte eine Handbewegung. » Wie auch immer du das geschafft hast, wenn man bedenkt, was du bist– du bist ein Menschenarzt!« Er drückte Harshs Handgelenk so fest, bis er den Schmerz in dessen Augen sah, und er tat es mit Absicht. » Geh ins Krankenhaus und hol dir, was du brauchst.«
Harsh schluckte. » Ich bin nicht besonders gut darin.«
» Worin? Bist du kein guter Arzt?«
» Nein. Kein besonders guter Dieb.« Harsh versuchte, seinen Arm an sich zu ziehen, doch Nikodemus ließ nicht los, machte ihm deutlich, dass er ihn erst dann freigeben würde, wenn er es wollte.
» Du bist ein Dämon. Erklär mir also, warum du es nicht kannst. Langsam, damit ich es verstehe.«
» Bis ich fünfundzwanzig war, wusste ich nicht, was ich bin. Niemand wusste es. Auch nicht meine Eltern.«
» Du bist unter Menschen aufgewachsen?«
Harsh nickte. » Erst als ich Fen begegnet bin, begriff ich, was mit mir los ist. Sie war die Erste unserer Art, die ich kennenlernte. Iskander war der zweite.«
Nikodemus starrte ihn an. Er konnte es nicht fassen. Ein Dämon, der von Menschen aufgezogen worden war. Als Mensch. » Klar, dass du alles vermasselt hast.«
» Es gibt viele Dinge, die für dich selbstverständlich sind, Warlord, die ich aber nie gelernt habe. Eine Menge Dinge, in denen ich nicht gut bin.«
» Kein Wunder, dass du gebunden wurdest.«
Harsh antwortete nicht. Hm. Es lag eine ganze Welt in diesem Schweigen. Würde er jetzt eine Entschuldigung für eine gewisse rothaarige Soziopathin vorbringen?
» Ich mache dir eine Liste von allem, was ich brauche«, sagte Harsh schließlich.
» Okay. Tu das.«
Gegen drei Uhr verließ Nikodemus das Hospital. Er hatte seine Verbindung mit Carson unterbrechen müssen, um sich ganz darauf konzentrieren zu können, dass niemand ihn sah oder sich an ihn erinnern würde, während er das gesamte Krankenhaus durchstöberte. Den Kofferraum vollgepackt mit medizinischen Hilfsmitteln, fuhr er dann zurück zum Zuhause der Blutzwillinge.
Er hatte Glück, dass die Beamten vom Sonoma County Sheriff’s Department an diesem Nachmittag nicht den Bereich kontrollierten, durch den er fuhr. Nachdem er die Stadt verlassen hatte, ließ er die Nadel am Tacho nicht unter sechzig Meilen fallen.
In dem Moment, als das Farmhaus in Sicht kam, versuchte er, die Verbindung zu Carson wieder aufzunehmen. Doch es kam nicht der kleinste Schimmer einer Antwort.
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